Buschmann noch skepktisch bei Maskenpflicht - Inzidenzen steigen

Der Justizminister hält den Sinn einer neuen Maskenpflicht noch nicht
für ausreichend wissenschaftlich erwiesen. Bleibt es bei der
Freiwilligkeit oder kommt eine «O-bis-O»-Regelung von Oktober bis
Ostern? Die Ampel-Koalition will sich im Sommer entscheiden.

Berlin (dpa) - Bundesjustizminister Marco Buschmann hat sich
skeptisch zur Wiedereinführung einer Maskenpflicht geäußert, wenn die

Corona-Infektionen weiter stark steigen. Ihren Nutzen hält er
offensichtlich wissenschaftlich noch nicht für erwiesen. «Will der
Staat Masken vorschreiben, etwa in Innenräumen, muss das
evidenzbasiert und verhältnismäßig sein. Ob das der Fall ist,
besprechen wir, wenn alle Gutachten vorliegen», sagte der
FDP-Politiker der «Rheinischen Post» (Samstag).

«Evidenzbasiert», wie Buschmann sich ausdrückte, bedeutet auf
Grundlage zusammengetragener und bewerteter wissenschaftlicher
Erkenntnisse. Buschmann sagte, er selbst trage im Supermarkt eine
Maske, aber freiwillig. Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank
Ulrich Montgomery, erklärte in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe
(Samstag), die «wissenschaftliche Evidenz zum Sinn von Maskenpflicht
und Impfen» sei «erdrückend». Die Corona-Neuinfektionen legten auch

zum Wochenende wieder zu.

Der Sachverständigenrat, dessen Gutachten Buschmann abwarten will,
soll am 30. Juni seine Stellungnahme zur Überprüfung der bisherigen
Corona-Schutzmaßnahmen vorlegen. Der Vorsitzende des Gremiums, Stefan
Huster, warnte jedoch im «Spiegel» vor zu hohen Erwartungen an den
Abschlussbericht der Kommission. Man werde keine Empfehlungen an die
Politik abgeben.

Im Sommer soll nach dem Willen der FDP über die künftigen Maßnahmen
beraten werden, nach dem Ende der Bundestagspause soll das
Infektionsschutzgesetz dann kurz vor seinem Auslaufen am 23.
September angepasst werden. Einer von mehreren möglichen Vorschlägen
innerhalb der Ampel-Koalition ist laut «Welt am Sonntag» eine
sogenannte «O-bis-O»-Regelung, laut der die Maskenpflicht in
Innenräumen von Oktober bis Ostern wieder eingeführt werden könnte.

Grünen-Chef Omid Nouripour rechnet damit, dass eine Verständigung in
der Ampel-Koalition möglich ist. «Ich setze darauf, dass wir
gemeinsam vorsorgen und weitere Lockdowns verhindern werden», sagte
er dem Nachrichtenportal t-online.

Angesichts der wieder steigenden Inzidenzen und der erwarteten neuen
Welle im Herbst forderte Ärztefunktionär Montgomery die Politik auf,
rasch einen Maßnahmenplan zu erarbeiten. Der «Passauer Neuen Presse»

(Samstag) sagte er: «Es darf nicht erst wieder eine lange zermürbende
parteipolitische Debatte darüber geben bis zu dem Zeitpunkt, an dem
das Kind in den Brunnen gefallen ist.»

Der Ärzteverband Marburger Bund gab hingegen zumindest für die
Sommermonate Entwarnung und hält «absehbar keine neuen
verpflichtenden Maßnahmen für notwendig». Zwar würden die Zahlen
wegen der ansteckenderen Omikron-Variante BA.5 vermutlich weiter
steigen. «Aber für die Geimpften ist das in den allermeisten Fällen
nicht schlimm», sagte Susanne Johna, Erste Vorsitzende des Marburger
Bundes, der «Neuen Osnabrücker Zeitung». Wichtig sei hingegen der
Schutz von vulnerablen Gruppen wie Alten und Vorerkrankten.

Kostenlose Corona-Bürgertests und Impfzentren hält Johna im Sommer
nicht mehr für erforderlich. Die Test-Verordnung läuft Ende Juni aus,
soll nach Angaben von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) aber
verlängert werden.

Das Robert Koch-Institut (RKI) gab die bundesweite
Sieben-Tage-Inzidenz am Samstagmorgen mit 445,1 an. Am Vortag war der
Wert der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner und Woche mit 427,8
(Vorwoche: 348,9; Vormonat: 407,4) auffällig niedrig gewesen, weil an
Fronleichnam (Donnerstag) einige Bundesländer gar keine Zahlen ans
RKI übermittelt hatten. Experten gehen seit einiger Zeit von einer
hohen Zahl nicht vom RKI erfasster Fälle aus - vor allem weil bei
weitem nicht alle Infizierte einen PCR-Test machen lassen. Nur
positive PCR-Tests zählen in der Statistik. Zudem können
Nachmeldungen oder Übermittlungsprobleme zu einer Verzerrung
einzelner Tageswerte führen.