Lauterbach redet in Rostock über Pandemie-Lage - Lautstarker Protest Von Joachim Mangler, dpa

Demonstrationen gegen sich und seine Politik ist
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach gewohnt. Doch spurlos gehen
sie nicht an ihm vorbei. Das machte er in Rostock deutlich.

Rostock (dpa/mv) - Beim Auftakt der 17. Nationalen Branchenkonferenz
Gesundheitswirtschaft in Rostock ist die Corona-Pandemie das
beherrschende Thema gewesen. Bundesgesundheitsminister
Karl Lauterbach (SPD) war zu Gast, um den 300 Gästen im Konferenzsaal

und mehreren Hundert Online-Beobachtern seine Einschätzung zur
Corona-Lage zu schildern. Zuvor musste er sich vor dem Tagungshotel
lautstarken Protest von rund 300 Demonstranten anhören. Sie
demonstrierten gegen die Corona-Politik der Bundesregierung oder
gegen vermeintliche Impfzwänge.

Im Konferenzsaal wandte sich Lauterbach an die Menschen vor dem
Hotel. Diese demonstrierten gegen die Impfungen, die jeden Tag
Menschenleben retteten und gegen einen Staat und ein
Gesundheitssystem, das diese Impfungen erst möglich mache, sagte
Lauterbach. Der SPD-Politiker bekannte sich klar zum
Demonstrationsrecht, wandte sich aber gegen wiederkehrende Aufrufe
zur Gewalt.

In seiner Lageeinschätzung sagte Lauterbach, dass sich Deutschland in
einer schwierigen Übergangsphase der Corona-Pandemie befinde. Es gebe
aktuell die vom Omikron-Subtyp BA.5 ausgelöste Sommerwelle und das
Land habe möglicherweise deutlich höhere Fallzahlen zu erwarten.
Deshalb empfahl er älteren Menschen oder solchen mit Vorerkrankungen
eine rasche Booster-Impfung. Sie sollten nicht auf neue Impfstoffe
warten, sagte Lauterbach. Es dürfe nicht passieren, dass die
Betroffenen in Erwartung eines neuen Impfstoffes eventuell sogar
schwer erkrankten.

Mit Blick auf den Sommer legte Lauterbach eine To-do-Liste für den
Umgang mit der Pandemie vor. «Wir können uns nicht noch mal einen
Herbst leisten, wo wir so vorbereitet sind wie im letzten Herbst»,
betonte er. So werde derzeit an Impfkonzepten gearbeitet. Es gebe
einen engen Austausch mit den Herstellerfirmen über neue Impfstoffe.
«Wir erwarten diese Impfungen Ende August, wahrscheinlich eher Mitte
September», kündigte er an.

Gleichzeitig müsse der Datenaustausch schneller ablaufen als bisher.
Es könne nicht sein, dass Krankenhausdaten etwa zur Bettenbelegung
oder Personalversorgung erst mit langem Verzug bekannt seien. Im
September, spätestens Oktober, werde ein System zur Verfügung stehen,
in dem solche Informationen tagesgenau digital mitgeteilt würden.

Ausdrücklich lobte Lauterbach das Konzept der Konferenz, die sich mit
ihrer Themenwahl als nationale Tagung auszeichne. So wurde am
Donnerstag der unter anderem vom MV-Netzwerk BioCon Valley
erarbeitete «Masterplan Gesundheitswirtschaft 2030» an
Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) übergeben. Mit diesem soll
der Gesundheitssektor in den kommenden Jahren als Schlüsselbranche
des Landes weiterentwickelt werden.

«Der Masterplan ist kein starrer Plan, nach dem in jedem Jahr
bestimmte Vorgaben zu erfüllen sind», sagte die Regierungschefin.
Jede neue Idee sei gefragt und könne nach einer Diskussion
aufgenommen werden, wenn sie praktikabel sei und den Menschen nutze.