Arbeit und Gehalt nur nach Corona-Test - Anweisung rechtens Von Simone Rothe, dpa

Eine Flötistin aus Bayern lieferte den Präzedenzfall: Es ging um
Weisungsrechte von Arbeitgebern in der Corona-Pandemie. Nun hat das
Bundesarbeitsgericht entschieden - mit Auswirkungen für Tausende
Arbeitnehmer bei der nächsten Corona-Welle.

Erfurt/München (dpa) - Mit ihrem Widerstand gegen eine vom
Arbeitgeber verordnete Corona-Testpflicht hat sich eine Flötistin der
Bayerischen Staatsoper durch alle Gerichtsinstanzen gekämpft - und
für ein Grundsatzurteil gesorgt. Deutschlands höchste Arbeitsrichter
stellten am Mittwoch in Erfurt fest, dass Arbeitgeber ihren
Angestellten Corona-Tests vorschreiben können, um das
Infektionsrisiko zu verringern. Eine solche Anordnung sei möglich,
aber die Testpflicht müsse verhältnismäßig sein und die Interessen

beider Seiten abwägen, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) im
Streit um Testpflichten in Hygienekonzepten von privaten und
öffentlichen Unternehmen (5 AZR 28/22).

Die Begründung der Bundesarbeitsrichter

Arbeitgeber hätten eine Fürsorgepflicht und könnten im Interesse des

Arbeitsschutzes Weisungen erteilen, um Leben und Gesundheit zu
schützen, erklärte der Fünfte Senat. «Nach der Rechtsprechung des B
AG
müssen Arbeitgeber aktiv werden, wenn es Gefährdungen für
Arbeitnehmer gibt», sagte der Vorsitzende Richter Rüdiger Linck in
der Verhandlung. Das Schutz- und Hygienekonzept der Staatsoper in
München, bei der die Klägerin etwa 25 Jahre beschäftigt war, sei mit

wissenschaftlicher Beratung auf Basis der bayerischen
Corona-Verordnung erlassen worden. «Der mit der Durchführung der
Tests verbundene minimale Eingriff in die körperliche Unversehrtheit
ist verhältnismäßig», so die Richter.

Die Konsequenzen der Entscheidung

Das Urteil hat nach Ansicht von Fachleuten Auswirkungen auf Tausende
Arbeitnehmer, wenn die Zahl der Corona-Infektionen im Herbst in
Deutschland wieder stark steigen sollte. Es könne «für die nächste

Infektionswelle entscheidende Hinweise zur Abwägung von Daten- und
Gesundheitsschutz geben», sagt der Bonner Arbeitsrechtsprofessor
Gregor Thüsing. «Viele haben in der Vergangenheit darauf gedrängt,
dass es betriebliche Tests gibt.»

Der Fall der Münchner Flötistin

Die Orchestermusikerin weigerte sich, wie von ihrem Arbeitgeber
vorgeschrieben zum Spielzeitbeginn 2020/21 einen PCR-Test abzulegen.
Das Hygienekonzept der Staatsoper in München sah vor, dass sich alle
etwa 1000 festen Mitarbeiter bei Dienstantritt kostenfrei testen
lassen, die 140 Musiker zudem weiterhin nach einer bis drei Wochen.
Auf die Test-Verweigerung der Flötistin reagierte der Arbeitgeber
prompt - keine Arbeit und damit kein Gehalt waren die Konsequenz. Es
ging um brutto etwa 18 000 Euro. Wie die Vorinstanzen in Bayern
erklärte das BAG die PCR-Testpflicht für rechtens - ebenso das wegen
«fehlenden Leistungswillens» kein Gehalt gezahlt wurde.

Noch keine staatlichen Vorgaben

Der Fall spielt in einer relativ frühen Phase der Corona-Pandemie, im
August 2020. Eine staatlich verordnete Pflicht zu Tests für
ungeimpfte Arbeitnehmer jenseits von Krankenhäusern und
Pflegeeinrichtungen bestand nur von November 2021 bis März 2022.

Die Klage der Orchestermusikerin

Die Flötistin pochte darauf, dass ihr Gehalt für die Monate August
bis Oktober 2020 nachgezahlt wird. Sie vertrat über ihren Anwalt die
Auffassung, dass es keine rechtliche Grundlage für anlasslose,
allgemeine PCR-Tests gab und weder Datenschutz noch Arztgeheimnis
gewahrt worden seien. Was trieb sie, durch alle Instanzen zu gehen?
«Sie fühlte sich ungerecht behandelt durch den Ausschluss vom
Arbeitsleben», sagte ihr Anwalt. Inzwischen gehöre sie der Staatsoper
nicht mehr an - ihr sei gekündigt worden. Zu den Gründen wollte sich
der Anwalt nicht äußern.

Die Haltung des Arbeitgebers

Die Anwältin, die die Staatsoper und letztlich den Freistaat Bayern
vertrat, verwies in der Verhandlung auf den Schutz der
Ensemblemitglieder und des Publikums vor dem Coronavirus. Die Oper
habe Umbauten im Orchestergraben vorgenommen, Stücke mit kleinerer
Besetzung gespielt - schließlich sei klar geworden: «Abstand und
Plexiglasscheiben reichen nicht aus. Wir haben einen hochsensiblen
Bereich.»

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