Zu zweit oder zu dritt? CDU gewinnt mit Günther und hat nun die Wahl Von Wolfgang Schmidt, dpa
Ziel erreicht: Regierungschef Günther hat die Nord-CDU zur
Landtagswahl wieder auf Platz 1 geführt. Der 48-Jährige ist der
Erfolgsgarant seiner Partei. Die Konkurrenz hat klar das Nachsehen.
Nun lautet die entscheidende Frage: Schwarz-Grün oder Schwarz-Gelb?
Kiel (dpa) - Der Wählerwille ist glasklar: «Der nette Herr Günther»
soll Schleswig-Holstein fünf weitere Jahre regieren. Mit seiner
ungewöhnlich großen Beliebtheit über die CDU-Anhängerschaft hinaus
hat Ministerpräsident Daniel Günther (48) seine Partei bei der
Landtagswahl am Sonntag zu einem triumphalen Sieg geführt -
meilenweit vor SPD und Grünen. In der Wunderino-Arena, wo
Handball-Rekordmeister THW Kiel meistens seine Spiele gewinnt, feiern
die Christdemokraten am Abend frenetisch den erfolgreichen
Titelverteidiger. «Daniel Günther, Ministerpräsident», hallt es dur
ch
den Saal.
Günther will nun mit beiden bisherigen Koalitionspartnern, Grünen und
FDP, Gespräche führen. Es gehe darum, für die nächsten fünf Jahre
das
beste Ergebnis für das Land zu holen. Schwarz-Grün oder Schwarz-Gelb
- oder doch mit beiden weiter machen? Das ist für die CDU die
Kernfrage.
Die laut Hochrechnungen deutlich über 40 Prozent für die Union gehen
ganz weitgehend auf das Konto Günthers, der seit 2017 mit Grünen und
FDP regiert. Die Grünen verdrängen mit einem Rekordergebnis erstmals
die SPD auf Platz drei. Nach den Niederlagen bei der Bundestagswahl
und im Saarland beschert Günther eine Woche vor der wichtigen Wahl in
NRW der CDU das ersehnte Erfolgserlebnis.
Auch die Grünen fahren ihr bisher bestes Ergebnis im Norden ein, ihr
Erfolg ist eng verbunden mit den beiden forschen
Spitzenkandidatinnen, Finanzministerin Monika Heinold (63) und
Landtagsvizepräsidentin Aminata Touré (29). Beide werden am
Sonntagabend bei der Wahlparty enthusiastisch bejubelt. An der Basis
herrscht die Hoffnung auf Schwarz-Grün. «Die FDP hat nur genervt in
den letzten fünf Jahren», sagte Georg Wilkens auf der Grünen-Party in
einer Kieler Brauerei. Aber ihr Ziel, stärkste Kraft zu werden und
mit Heinold Günther abzulösen, verfehlen die Grünen klar.
In einem Bündnis mit der FDP könnte die CDU gewiss deutlich mehr
eigene Positionen durchsetzen als in einer Koalition mit den viel
stärkeren Grünen. Diesen könnte ein ganz bitteres Ende drohen:
Rekordergebnis geholt und trotzdem Opposition.
Aber: CDU-Fraktionschef Tobias Koch würde gern mit Grünen und FDP
über Jamaika II verhandeln, obwohl es für ein Zweierbündnis reicht.
«Warum sollte man etwas auseinanderreißen, das fünf Jahre lang so gut
geklappt hat?», sagt er. Sein FDP-Kollege Christopher Vogt,
enttäuscht über das Ergebnis von wohl unter sieben Prozent für die
Liberalen, meint dagegen: «Für eine Dreierkoalition spricht
angesichts der Zahlen nicht so viel.»
Und die Grünen? Nun sei es an Günther, zu Gesprächen einzuladen,
sagte Heinold. Die Erfahrung zeige, eine Regierung sei dann stabil,
wenn alle Kräfte gebraucht würden. Und sei angesichts des hohen
Zuspruchs für Jamaika eventuell doch ein Dreierbündnis denkbar,
obwohl nur zwei Partner gebraucht werden? «Die FDP hat es
ausgeschlossen», meint Heinold.
Für die abgestürzte SPD mit Spitzenkandidat Thomas Losse-Müller (49)
ist der Ausgang der Wahl ein Fiasko. Das bisher schlechteste Ergebnis
der SPD im Norden waren 25,4 Prozent im Jahr 2009 - nun liegt die
Partei weit unter 20 Prozent. Die Sozialdemokraten sind bitter
enttäuscht, Ex-Fraktionschef Ralf Stegner spricht von einem Debakel.
In dem vom Ukraine-Krieg überlagerten Wahlkampf kamen die Genossen
nicht recht in Gang und von der Bundesebene gab es keinen Rückenwind.
Der trotz engagierten Wahlkampfs vielen unbekannt gebliebene
Ex-Staatskanzleichef Losse-Müller stand gegen Günther auf verlorenem
Posten. Hinzu kam: Losse-Müller wechselte erst 2020 von den Grünen
zur SPD. An der Förde kam schon vor der Wahl das böse Wort «Loser
Müller» («Verlierer Müller») auf.
«Günther ist so nett, den wähle ich» - nach dem Motto dürften auc
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Sympathisanten anderer Parteien CDU mitgewählt haben. Die Konkurrenz
spürte das im Wahlkampf landesweit. Dass die so unterschiedlichen
Parteien CDU, Grüne und FDP ohne Krise eine Wahlperiode durchhielten,
liegt wesentlich an Günther: Der Langstreckenläufer und Handballfan
löste moderierend alle Konflikte. Mit unideologischem, pragmatischem
Herangehen, wie es Beteiligte schildern. Dass er wegen einer
Corona-Erkrankung in der Wahlkampf-Endphase tagelang ausfiel, spielte
keine Rolle.
Die Grünen nahmen zuletzt verstärkt die FDP ins Visier, um ein bloßes
Schwarz-Gelb zu verhindern. Vielleicht kann Bundeswirtschaftsminister
Robert Habeck, der am Sonntag in Kiel war, Günther von Schwarz-Gelb
abhalten, heißt es. Beide kommen gut miteinander klar, Habeck war vor
seinem Wechsel nach Berlin bis 2018 Minister in Günthers Kabinett.
Auch der FDP mit Wirtschaftsminister Bernd Buchholz fehlte wohl
Rückenwind aus Berlin. Zwar leisten Buchholz und Gesundheitsminister
Heiner Garg anerkannte Arbeit. Aber der Zuspruch für Jamaika gilt
eben Günther, den viele als liberalen Konservativer wahrnehmen.
Günthers Aufstieg vom CDU-Landesgeschäftsführer zum wiedergewählten
Ministerpräsidenten offenbart Ehrgeiz und zeigt, dass er das ABC der
Machtpolitik verinnerlicht hat. Der Erfolg werde ihm nicht zu Kopfe
steigen, meinte er 2017. Er habe auch noch die gleichen Freunde wie
früher. «Ich habe meine Lockerheit und Bodenständigkeit nicht
verloren», sagt er heute.
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