und Bund/Länder ) Erste Initiative für Impfpflicht ab 18 - Ringen um Omikron-Kurs

Die Omikron-Variante breitet sich rasant aus - doch was bedeutet das
für den Kampf gegen die Pandemie? Das ist eine schwierige Frage vor
der Bund-Länder-Runde am Montag. Bei einem anderen Streitthema tut
sich etwas.

Berlin (dpa) - Inmitten einer immer größeren Infektionswelle kommt
Bewegung in die Debatte um eine allgemeine Corona-Impfpflicht in
Deutschland. Sieben Abgeordnete aus den Koalitionsfraktionen von SPD,
FDP und Grünen starteten am Freitag eine erste konkrete Initiative
für eine Pflicht ab 18 Jahren, die auf mehr Schutz im Herbst und
Winter zielen soll. Dafür wollen sie nach der für kommenden Mittwoch
geplanten Orientierungsdebatte im Bundestag einen Entwurf erarbeiten.
Vor Bund-Länder-Beratungen am Montag wird über den Umgang mit der
neuen Virusvariante Omikron diskutiert, die sich rasant ausbreitet.

Den Vorstoß für die Impfpflicht kündigte die Siebener-Gruppe in einem

Schreiben an, das an Abgeordnete aller Fraktionen außer der AfD ging.
Es gehe darum, «eine nachhaltige, verhältnismäßige und gleichzeitig

zielgerichtete Lösung zu finden», heißt es in dem Schreiben, das der

Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Die Motivation liege vor allem
darin, langfristig mit Blick auf Herbst und Winter vorbereitet zu
sein und eine Überlastung des Gesundheitssystems auch in künftigen
Infektionswellen zu verhindern. Die Impfung sei sicher, wirksam und
das beste Mittel, um die Pandemie überwinden zu können. «Durch eine
höhere Impfquote schützen wir unser Gesundheitswesen vor dauerhafter
Überlastung und vermeiden Einschränkungen des öffentlichen Lebens.»


Unterzeichnet ist das Schreiben von den SPD-Abgeordneten Dirk Wiese,
Heike Baehrens und Dagmar Schmidt, den Grünen Janosch Dahmen und Till
Steffen sowie Katrin Helling-Plahr und Marie-Agnes Strack-Zimmermann
von der FDP. Sie betonen: «Bei diesem bedeutenden Thema stellen wir
uns ausdrücklich offen und fraktionsübergreifend auf, da wir einen
demokratischen Konsens für die bestmögliche Lösung herbeiführen
möchten.» Sie laden andere Abgeordnete zur Unterstützung ein.

Kanzler Olaf Scholz (SPD) begrüßte es, dass die auf den Weg gebrachte

Diskussion jetzt «konkretisiert» werde, und verteidigte erneut die
geplante Parlamentsabstimmung ohne Fraktionsvorgaben. Dies solle dazu
beitragen, dass es «einen großen Konsens» ergeben werde. Er verwies
darauf, dass wegen der zu niedrigen Impfquote viele in der Politik,
aber auch unter den Bürgern, ihre ablehnende Meinung geändert hätten.

Daher sei es so wichtig, genau diesen Weg zu gehen und nicht über
einen Antrag der Regierung. Bisher liegt ein Entwurf einer Gruppe um
FDP-Vize Wolfgang Kubicki vor, der sich gegen die Impfpflicht wendet.

Entscheiden soll das Parlament nach SPD-Angaben bis spätestens März.
Die Union kritisiert das generelle Vorgehen der Koalition, dass
Vorschläge aus dem Parlament gemacht werden sollen. Sie pocht darauf,
dass die Bundesregierung selbst einen eigenen Gesetzentwurf vorlegt.

Mit Blick auf die nächsten Beratungen mit den Ministerpräsidenten
sagte Scholz, Zugangsregeln wie 3G, 2G, Kontaktbeschränkungen und die
Booster-Kampagne hätten gute Wirkung gehabt. Deutschland habe bei den
Kontaktbeschränkungen wohl die strengsten Regel im europäischen
Vergleich und zugleich die erfolgreichste Booster-Kampagne in der EU
auf den Weg gebracht. «Und diesen Weg, den werden wir im Wesentlichen
weitergehen.» Scholz sprach von einer geordneten, vernünftigen und
unaufgeregten Diskussion zum Corona-Kurs zwischen Regierung, Ländern
und Parlament. «Diesen Stil, den wollen wir auch gerne fortführen».

Konkret sind für die Bund-Länder-Runde am Montag mehrere Punkte im
Gespräch. Neben einer angekündigten Priorisierung bei genaueren
PCR-Labortests wird auch eine weitere Konzentration der
Kontaktnachverfolgung auf wichtige gesellschaftliche Bereiche
erwogen, wie ein Sprecher des Gesundheitsministeriums sagte.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte gesagt, dass es Mitte
Februar zu mehreren Hunderttausend neuen Fällen am Tag kommen dürfte.
«Wir müssen mit diesen steigenden Infektionszahlen rechnen und müssen

uns organisatorisch darauf einstellen», sagte der Sprecher. Geänderte
Quarantäne- und Testregeln sorgten dafür, dass das öffentliche Leben

noch sicher laufen könne, vor alle in wichtigen Versorgungsbereichen.
Experten erwarten, dass die «Omikron-Wand» mit abrupt zunehmenden
Infektionen erst nach frühestens zwei Wochen die Kliniken erreicht.

Die vom Robert Koch-Institut (RKI) gemeldete Sieben-Tage-Inzidenz
überschritt erstmals die Schwelle von 700. Das RKI gab den Wert der
Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen am Freitag mit
706,3 an. Die Gesundheitsämter meldeten 140 160 neue Fälle innerhal
b
eines Tages, bundesweit wurden weitere 170 Todesfälle registriert.

Aus den Ländern kamen Stimmen, von neuen drastischeren Beschränkungen
abzusehen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte in
München: «Es ist nicht sinnvoll, jetzt zu verschärfen.» Es müsse
mit
Augenmaß beobachtet werden, inwieweit sich die Omikron-Welle auf die
Belastung des Gesundheitswesens auswirke. Auf der anderen Seite gebe
es auch keinen Anlass dafür, wie etwa in Großbritannien auf ein
Corona-Management völlig zu verzichten. Es könne aber nach Lage der
Dinge Erleichterungen geben. Für Bayern kündigte er mögliche
Lockerungen für die Zulassung von Zuschauern beim Profisport sowie
für Kinder und Jugendliche bei der Beschäftigung am Nachmittag an.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte in der ARD,
die Infektionszahlen seien hoch, die Kliniken derzeit aber weniger
belastet. «Wir haben es mit einem neuen Gegner zu tun, deswegen muss
man insoweit auch seine Strategie anpassen.» Deutlich sprach sich
Weil aber gegen eine sogenannte Durchseuchung aus. Dies sei zynisch
und bedeute, dass viele auf Intensivstationen landen und sterben
würden. Zugleich wandte er sich gegen einen «totalen Lockdown».

Fast die Hälfte aller Einwohner hat nun eine Auffrischungsimpfung
erhalten. Laut RKI haben inzwischen 41,2 Millionen Geimpfte oder 49,6
Prozent der Bevölkerung einen verstärkenden «Booster».