Merz hofft auf mehr als 80 Prozent der Stimmen beim Wahlparteitag Von Jörg Blank und Ulrich Steinkohl, dpa

Im dritten Anlauf wird Friedrich Merz an diesem Samstag auf einem
Online-Parteitag zum CDU-Chef gewählt. Nach Annegret
Kramp-Karrenbauer und Armin Laschet wird er der dritte Vorsitzende
innerhalb von gut drei Jahren sein. Auf ihn warten große Baustellen.

Berlin (dpa) - Friedrich Merz hofft auf große Zustimmung bei seiner
Wahl zum neuen CDU-Vorsitzenden. «Eine Acht vorne wäre schön», sagt
e
der Ex-Unionsfraktionschef und Wirtschaftsexperte der «Süddeutschen
Zeitung» mit Blick auf seine als sicher geltende Wahl auf einem
Online-Parteitag an diesem Samstag in Berlin. Merz war im Dezember in
der ersten Mitgliederbefragung der Geschichte der CDU zum
Parteivorsitz mit 62,1 Prozent zum Nachfolger des als Kanzlerkandidat
gescheiterten Armin Laschet bestimmt worden. Es gilt als sicher, dass
sich eine Mehrzahl der Delegierten an die Vorgabe der Basis hält. Das
Ergebnis muss anschließend noch per Briefwahl bestätigt werden.

Mit Spannung wurde erwartet, wie groß der Rückhalt ist, mit dem die
1001 Delegierten den 66-jährigen Merz ausstatten - und ob er auf die
von ihm angepeilten über 80 Prozent der Stimmen kommt. Merz wird der
dritte CDU-Vorsitzende innerhalb von gut drei Jahren sein, nachdem
die damalige Kanzlerin Angela Merkel 2018 nach 18 Jahren angekündigt
hatte, sich vom Parteivorsitz zurückzuziehen. Bei zwei früheren
Anläufen auf den Parteivorsitz hatte der Wirtschaftsexperte im
Dezember 2018 gegen Annegret Kramp-Karrenbauer und im Januar 2021
gegen Laschet verloren.

Nach Sitzungen von Präsidium und Bundesvorstand zur Vorbereitung des
Parteitags sagte der scheidende CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak, es
komme jetzt auf «Geschlossenheit und Teamgeist» an. Die CDU müsse
gemeinsam als Mannschaft antreten. 2022 sei mit vier Landtagswahlen
ein entscheidendes Jahr. «Wir wollen und wir werden die anstehenden
Landtagswahlen gewinnen.» Ziemiak wollte sich für das Wahlergebnis
von Merz nicht auf eine Prozentzahl festlegen. «Ich bin davon
überzeugt, dass es ein sehr gutes Ergebnis sein wird.»

Merz sagte der «Süddeutschen Zeitung» zum Ergebnis bei der
Bundestagswahl im September und zum Zustand der Partei: «Wir haben
nur noch 24,1 Prozent der Wähler und 19 Prozent der Wahlberechtigten
in Deutschland erreicht, brutaler geht es fast nicht mehr.»

Merkel nimmt an Online-Parteitag nicht teil - Absage an Ehrenvorsitz

Ex-Kanzlerin Angela Merkel ist beim Parteitag zur Wahl von Merz nicht
dabei. Das teilte ihr Büro der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage
mit. Merkel habe zudem mit Laschet «darüber gesprochen, dass sie die
Verbundenheit mit der CDU in der Zukunft in anderer Form als als
Ehrenvorsitzende zeigen möchte». Merkel war 18 Jahre lang CDU-Chefin
- von 2000 bis 2018.

Laschet hatte die Entscheidung Merkels, nicht Ehrenvorsitzende werden
zu wollen, in der RTL/ntv-Sendung «Frühstart» öffentlich gemacht. D
ie
Grundfrage sei, ob das noch in die Zeit passe, sagte Laschet. Merkel
sei «da auch zu der Entscheidung gekommen: Es passt nicht mehr in die
Zeit. Wir haben keinen Ehrenvorsitzenden - das ist eine Tradition von
früher, die es jetzt auf der Bundesebene nicht gibt». Man habe die
Frage des Ehrenvorsitzes mit Hinblick auf einen alten Fall erörtert.
«Der letzte Ehrenvorsitzende war Helmut Kohl, der dann vom
Ehrenvorsitz zurückgetreten ist». Kohl hatte seinen Ehrenvorsitz im
Jahr 2000 im Zusammenhang mit der CDU-Spendenaffäre abgegeben.

Merz lädt zum Abendessen - Merkel und AKK kommen nicht

Merkel und ihre Nachfolgerin als CDU-Vorsitzende, Annegret
Kramp-Karrenbauer, sagten eine Einladung des designierten Parteichefs
Merz für ein Essen am Samstagabend ab. Merz habe alle früheren
Parteivorsitzenden eingeladen, nach seiner als sicher geltenden Wahl
an einem Abendessen in Berlin teilzunehmen, berichtete der «Spiegel»
unter Berufung auf Parteikreise. Er habe damit auch ein Zeichen der
Versöhnung mit Merkel setzen wollen, zu der er seit Jahren ein
schwieriges Verhältnis hat.

Aus dem Büro der ehemaligen Kanzlerin hieß es laut «Spiegel», es ge
be
«terminliche Gründe» für ihre Absage. Bei Kramp-Karrenbauer seien e
s
private Angelegenheiten. Merkel hatte Merz 2002 als damalige
CDU-Vorsitzende vom Amt des Unionsfraktionschefs verdrängt. Während
ihrer 16 Jahre dauernden Kanzlerschaft war Merz lange Zeit ein
scharfer Kritiker ihrer Regierungspolitik.

Wüst mahnt: Keine Flügelkämpfe

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) mahnte ein
Ende der Flügelkämpfe in der Partei an. «Ich möchte, dass wir uns
nicht mehr mit der Frage, ob wir mehr links oder rechts sind,
aufhalten», sagte er der «Süddeutschen Zeitung». «Keine Flügelk
ämpfe
- wir müssen eine fortschrittliche Partei der Mitte sein.» Wüst will

bei der Landtagswahl am 15. Mai im Amt des NRW-Regierungschefs
bestätigt werden. Schon aus diesem Grund kann ihm nicht an weiteren
Streitigkeiten innerhalb der CDU gelegen sein.

Das Kandidatenfeld für die CDU-Spitze

Als Konsequenz aus dem mit 24,1 Prozent historisch schlechtesten
Unionsergebnis bei einer Bundestagswahl wählt die CDU ihre komplette
Führungsspitze neu. Der Bundestagsabgeordnete und frühere Berliner
Sozialsenator Mario Czaja solle auf Wunsch von Merz Generalsekretär
werden und unter anderem den Arbeitnehmerflügel abdecken. Die von
Merz als künftige stellvertretende Generalsekretärin präsentierte
Bundestagsabgeordnete Christian Stumpp kann erst später auf einem
Präsenzparteitag gewählt werden.

Von den fünf bisherigen stellvertretenden Vorsitzenden tritt nur die
niedersächsische Bundestagsabgeordnete Silvia Breher erneut an. Neu
bewerben sich die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin
Prien, der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer, der
baden-württembergische Bundestagsabgeordnete Andreas Jung und der
Bundestagsabgeordnete und Wirtschaftsexperte Carsten Linnemann.

Für die übrigen sieben Posten im Parteipräsidium kandidieren acht
Frauen und Männer, darunter die Vorsitzende der Frauen Union, Annette
Widmann-Mauz, sowie der bisherige stellvertretende Parteichef und
frühere Gesundheitsminister Jens Spahn. Von den 54 Bewerbern für die
Führungsgremien ist die Hälfte weiblich.