NRW rüstet sich für sprunghaft steigende Corona-Infektionen

Die Omikron-Welle pflügt durch Nordrhein-Westfalen. Immer mehr Städte
und Kreise reißen bei der Corona-Inzidenz die Marke 1000. Im
Gesundheitswesen werden Notfallpläne vorbereitet.

Düsseldorf (dpa/lnw) - Die nordrhein-westfälische Landesregierung
bereitet das Gesundheitswesen und die kritische Infrastruktur auf die
Omikron-Welle mit sprunghaft steigenden Corona-Neuinfektionen vor.
«Wir haben durch die frühere Freitestmöglichkeit für Infizierte nac
h
sieben Tagen und die Ausnahmen für geboosterte und genesene
Kontaktpersonen bei der Quarantäne schon Druck vom Kessel genommen»,
sagte Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) der «Rheinischen
Post» (Freitag).

Zugleich habe das Land Krankenhäuser, Arztpraxen und Apotheken dazu
aufgefordert, Notfallkonzepte aufzulegen. «Wir haben ein
Freiwilligenregister, mit dem wir Personalausfälle in Teilen
kompensieren können», sagte Laumann. Für die Kliniken gebe es ein
Kleeblattsystem zur Verlegung von Patienten, das sich von den
Intensivstationen auch auf Normalstationen übertragen ließe. Das Land
tue alles, um vorbereitet zu sein. «Aber am Ende kann niemand sagen,
wie groß die Wucht der Welle wird.»

Noch sehe es nicht so aus, als würden die Intensivstationen an ihre
Belastungsgrenze kommen, stellte Laumann fest. Allerdings seien die
Normalstationen stark belegt. Das sei aber in dieser Jahreszeit
üblich und liege nicht an Corona. Intensivmediziner sagten überdies,
es sei noch zu früh, um zu beurteilen, ob Omikron weniger Probleme
bereite. «Wir stellen uns deshalb auf verschiedene Szenarien ein.»

In NRW stieg die Sieben-Tage-Inzidenz der Corona-Neuinfektionen
weiter sprunghaft an. Nach Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) vom
Freitag kletterte der Wert neuer Ansteckungen pro 100 000 Einwohnern
in sieben Tagen auf 680,8 - nach 627,4 am Donnerstag. Die
Gesundheitsämter meldeten binnen 24 Stunden rund 28 000
Neuinfizierte. NRW blieb jedoch unterhalb der bundesweiten Inzidenz
von aktuell 706,3.

Die Zahl der Städte und Kreise mit einer Inzidenz über 1000 wuchs an.
Dazu gehörten am Freitag Bonn (1144,4), Solingen (1138,9), Wuppertal
(1092,7), Krefeld (1079,2), der Kreis Borken (1053,2) und Herne
(1008,7). Die niedrigste Neuinfektionsrate wies der Kreis
Recklinghausen mit 273,1 auf.

Von den Corona-Infizierten kamen in NRW binnen einer Woche pro
100 000 Einwohner 3,2 ins Krankenhaus, wie das Landeszentrum für
Gesundheit (LZG) am Freitagmorgen meldete. Die
Hospitalisierungsinzidenz stieg damit in den vergangenen Tagen leicht
an. Covid-Patienten belegten den Angaben zufolge knapp 7,5 Prozent
der Intensivbetten in NRW - ein leichter Rückgang im Vergleich zum
Vortag. Während die Zahl der Covid-Patienten in Krankenhäusern binnen
24 Stunden um gut 100 auf knapp 2400 anstieg, sank ihre Zahl auf
Intensivstationen von 395 auf 389.

Laumann zufolge ist die Lage in den Gesundheitsämtern angespannt. Er
hält eine Priorisierung bei der Kontaktverfolgung zur Entlastung der
Ämter für erforderlich. «Wenn Sie bedenken, dass täglich inzwischen

über 15 000 Fälle hinzukommen, zeigt das die enorme Belastung.» Die
Ämter sollten sich bei der Kontaktnachverfolgung daher stärker auf
die vulnerablen Gruppen - etwa Pflegeheime - konzentrieren. «Ich
werde mich auf Bundesebene dafür einsetzen, dass hier ein möglichst
einheitliches Vorgehen der Bundesländer verabredet wird», sagte
Laumann.

Zusätzlich sei den Kommunen die Möglichkeit gegeben worden, in den
Gesundheitsämtern die Zahl der Aushilfskräfte noch einmal kräftig
aufzustocken. Die Zahl der vom Land finanzierten Stellen seim von 800
auf 2400 Stellen angehoben worden. Dazu komme die Amtshilfe der
Bundeswehr.

Erneut sprach sich Laumann auch für die geplante allgemeine
Impfpflicht aus. Sie müsse bis Ostern kommen. Die Impfpflicht werde
zwar gegen die Omikron-Welle nicht mehr weiterhelfen, es gehe aber um
zu erwartende Corona-Welle im nächsten Herbst. «Damit wir dann nicht
wieder mit massiven Beschränkungen gegensteuern müssen, muss die
Impfquote höher liegen.» Laumann warf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)
«Führungsschwäche» vor, da er keine eigenen Vorschläge zur
Impfpflicht mache.

Der CDU-Minister begrüßte die Ankündigung von
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), angesichts knapper
werdender PCR-Tests Beschäftigte in Gesundheitseinrichtungen bei der
Laborauswertung bevorzugen. In NRW liege die Kapazität der Labore bei
bis zu rund 900 000 pro Woche. In der vergangenen Woche habe es
626 000 PCR-Tests gegeben. Aber auch die Labore gerieten an ihre
Personalgrenzen.