CSU dringt vor Bund-Länder-Runde auf Omikron-Check der Corona-Regeln

Am Montag berät die Ministerpräsidentenkonferenz über die
Corona-Maßnahmen. Nach Ansicht von CSU-Generalsekretär Blume muss das
bisherige Vorgehen wegen der Omikron-Variante auf den Prüfstand.

Berlin (dpa) - Vor Spitzenberatungen von Bund und Ländern und mit
Blick auf die Omikron-Variante dringt die CSU auf eine Neubewertung
der Corona-Maßnahmen. «Wahr ist, mit Omikron ändern sich die
Grundlagen. Wir brauchen einen Omikron-Check für das
Corona-Management in Deutschland», sagte CSU-Generalsekretär Markus
Blume der «Welt». «Die kommende Ministerpräsidentenkonferenz kann e
in
wichtiger Meilenstein sein, um über diese Dinge zu reden.» Bund und
Länder wollen am Montag über Schutzmaßnahmen in der Corona-Krise
beraten.

Auch CSU-Chef Markus Söder plädierte dafür, den bisherigen
Corona-Kurs zu überprüfen. «Wir müssen angemessen reagieren»,
verlangte der bayerische Ministerpräsident am Donnerstagabend in der
ZDF-Sendung «maybrit illner». «Ich finde, wir haben jetzt eine neue
Situation. Und zu einer klugen Politik gehört, nicht einfach stur
oder ideologisch zu reagieren, oder gar persönlich motiviert, sondern
immer das Wohl des Landes und der Menschen in den Vordergrund zu
rücken.» Er habe die Hoffnung, dass Omikron den Übergang in eine
endemische Lage weise.

Die sehr ansteckende Sars-CoV-2-Variante Omikron hat sich in
Deutschland inzwischen durchgesetzt und sorgt für einen starken
Anstieg der Infektionszahlen. Die vom Robert Koch-Institut (RKI)
gemeldete bundesweite 7-Tage-Inzidenz überschritt erstmals die
Schwelle von 700. Das RKI gab den Wert der Neuinfektionen
pro 100 000 Einwohner und Woche am Freitagmorgen mit 706,3 an (Stand
des RKI-Dashboards von 5.01 Uhr).

Zum Vergleich: Am Vortag hatte der Wert bei 638,8 gelegen. Vor einer
Woche lag die bundesweite Inzidenz bei 470,6. Die Gesundheitsämter in
Deutschland meldeten dem RKI binnen eines Tages 140 160
Corona-Neuinfektionen. Vor einer Woche waren es 92 223 Ansteckungen.
Experten rechnen mit immer mehr Fällen, die nicht erfasst werden
können, unter anderem, weil Labore und Gesundheitsämter zunehmend an
Kapazitätsgrenzen geraten. Deutschlandweit wurden binnen 24 Stunden
170 Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 286 Todesfälle.

Die Omikron-Variante breitet sich zwar rasant aus, geht allerdings
tendenziell mit milderen Verläufen einher als die Delta-Variante.
Länder wie Spanien erwägen daher einen Wechsel der Corona-Strategie,
auch weil die Zahl der Corona-Intensivpatienten nicht so steigt wie
bei Delta. Fürsprecher dafür gibt es auch in Deutschland. Politiker
wie der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen warnen, Omikron sei
milder, aber nicht harmlos.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach erwartet für Mitte oder
Ende Februar eine Belastungsprobe für die Krankenhäuser. Nach
Einschätzung des SPD-Politikers wird Deutschland dann mit mehreren
Hunderttausend Neuinfizierten pro Tag konfrontiert sein. Der
Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald
Gaß, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: «Mit Blick auf die
Zahlen scheint zwar die Belastung auf der Intensivstation abzunehmen,
die Belastung auf der Normalstation bleibt allerdings hoch oder
steigert sich sogar deutlich.» Dies machten erste Zahlen aus den
besonders von Omikron betroffenen Bundesländern deutlich.

Das RKI erwartet, dass der maximale Ausschlag der Omikron-Welle in
Deutschland durch Meldedaten nicht genau bemessen werden kann. «Die
Größenordnung und die entscheidenden Trends in der epidemiologischen
Entwicklung werden jedoch zuverlässig angezeigt», schrieb das RKI in
seinem am Donnerstagabend veröffentlichten Corona-Wochenbericht.
Hintergrund für die vorübergehend unvollständiger werdende Erfassung

von Infizierten sind etwa begrenzte Testkapazitäten und
Personalressourcen aufgrund der hohen Fallzahlen, wie es hieß.

Vor allem um künftigen Corona-Wellen vorzubeugen, befürwortet
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) neben der ab Mitte März vorgesehenen
einrichtungsbezogenen Impfpflicht auch die Einführung einer
allgemeinen Impfpflicht. Eine parlamentarische Orientierungsdebatte
darüber soll es kommende Woche geben. Der Präsident der Deutsche
Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin,
Gernot Marx, mahnte im RND: «Die Impfpflicht für Erwachsene ist
alternativlos, um die Pandemie langfristig hinter sich zu lassen.»

Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (BPA) warnte
derweil vor möglichem Personalmangel. «Wir bekommen zunehmend
Rückmeldungen aus den Mitgliedsbetrieben, dass Beschäftigte mit Blick
auf die kommende einrichtungsbezogene Impfpflicht beabsichtigen zu
kündigen», sagte BPA-Präsident Bernd Meurer dem RND. Betroffen seien

insbesondere Pflegeunternehmen in Regionen mit hohen Inzidenzen und
geringen Impfquoten. «In vielen besonders stark betroffenen
Bundesländern können wir nicht dafür garantieren, dass die Versorgung

überall aufrechterhalten werden kann. Wenn Pflegekräfte in größerer

Zahl ausfallen, ist die Versorgung der Pflegebedürftigen unmittelbar
gefährdet.»

Der Vorsitzende der Stiftung Deutsche Depressionshilfe, Ulrich
Heberl, gab in den Funke-Zeitungen (Freitag) zu bedenken: «Besonders
für Menschen, die unter einer depressiven Erkrankung leiden, hat sich
der Krankheitsverlauf durch die Maßnahmen gegen Corona massiv
verschlechtert, zum einen wegen den deutlichen Einschnitten bei ihrer
medizinischen Versorgung und zum anderen wegen einer wegbrechenden
Alltagsstruktur mit Rückzug ins Bett, vermehrtem Grübeln und weniger
Sport.»