Soziologin Allmendinger: Corona-Pandemie erhöht Kontrolldruck

Bremen (dpa) - Die Maßnahmen zum Schutz vor Corona-Infektionen haben
nach Einschätzung der Soziologin Jutta Allmendinger in einigen
gesellschaftlichen Bereichen zu einer Art Kontrollstaat geführt. In
Geschäften und Zügen trügen Mitarbeiter dabei zusätzlich die
Verantwortung, andere etwa auf Einhaltung der Maskenpflicht zu
kontrollieren. «Vertrauen wurde durch Kontrolle gegenseitig ersetzt»,
sagte die Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für
Sozialforschung (WZB) am Mittwoch beim virtuellen Neujahrsempfang in
Bremen.

Es sei eine Art von «Kontrollstaat» eingetreten, zumindest in manchen
Sektoren. Das Sprichwort «Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser»
habe sich gerade in solchen Situationen aber als falsch erwiesen. In
der Wissenschaft wisse man schon lange, «dass Vertrauen eigentlich
die Goldwährung und Kontrolle eher das Blech ist».

Das habe vor allem Kinder sehr belastet, weil ihnen plötzlich gesagt
worden sei, dass sie sich nicht mit älteren Menschen treffen sollten,
weil sie diese anstecken könnten. «Viele dieser jungen Kinder hatten
davon bleibende Folgen, indem sie fremdeln.»

Man müsse sich fragen, ob die Narben wieder verheilten, die sich aus
Schulschließungen, psychologischer Entwicklung und
Einsamkeitserfahrungen ergäben. «Insbesondere bei diesen sehr kleinen
Kindern, die so eine Art Pandemie-Generation bleiben werden.»