Kliniken und Pflege bereiten sich auf berufsbezogene Impfpflicht vor

Kliniken und Pflegeeinrichtungen haben nicht nur mit mehr
Corona-Erkrankten zu tun. Auch Gespräche über die kommende
Impfpflicht brauchen Zeit. Einige rechnen mit Kündigungen.

Potsdam/Cottbus (dpa/bb) - Vor der ab Mitte März geltenden
Corona-Impfpflicht für Mitarbeiter in Arztpraxen, Kliniken und
Pflegeheimen sehen Betreiber in Brandenburg eine hohe
Impfbereitschaft, wissen aber auch um das «sensible» Thema. Große
Versorger wie das Klinikum Ernst von Bergmann (EvB) in Potsdam,
verzeichnen nach eigenen Angaben eine sehr positive Entwicklung unter
dem Personal. «Das sehen wir auch bei den aktuellen Boosterimpfungen,
die auch weiterhin sehr gut angenommen werden», sagt der Sprecher der
Geschäftsführung, Hans-Ulrich Schmidt, der Nachrichtenagentur dpa.

Die Impfbereitschaft unter den Beschäftigten sei hoch. «Wir finden,
das ist auch eine Frage einer professionellen Grundhaltung in
helfenden Berufen und dient dem Patientenschutz.» Die sogenannte
einrichtungsbezogene Impfpflicht sieht vor, dass Beschäftigte in
Einrichtungen wie Arztpraxen, Kliniken und Pflegeheimen bis zum 15.
März nachweisen müssen, dass sie geimpft oder genesen sind.

Im Carl-Thiem-Klinikum (CTK) in Cottbus wird nach Angaben von
Sprecherin Anne Holzschuh derzeit der Immunisierungsstatus der
Mitarbeitenden erfasst. Zahlen über den Impfstatus konnte sie deshalb
zunächst nicht nennen. Das Klinikum setzt auf Impfterminangebote für
die Beschäftigten, auf Aufklärung und Information.

Das Klinikum Niederlausitz in Senftenberg (Oberspreewald-Lausitz)
sucht nach eigenen Angaben derzeit verstärkt das Gespräch mit den
Mitarbeitenden und bittet dabei, vor dem 15. März einen Impfnachweis
einzureichen. Ein interaktives Formular gebe zudem die Möglichkeit,
anonym Fragen einzureichen, die beantwortet würden.

Das Deutsche Rote Kreuz in Brandenburg berichtet von einer hohen
Impfquote unter dem Personal - sowohl unter den Beschäftigten in der
Pflege als auch in der Eingliederungshilfe. Sie liege mit über 80
Prozent deutlich über dem Landesdurchschnitt, berichtet die
Sprecherin des DRK-Landesverbands, Marie-Christin Lux. Das Thema
Impfpflicht unter dem Personal beschreibt sie als «hochrelevant und
emotional». Kreisverbände als Träger von Pflegeeinrichtungen würden

bei diesem Prozess begleitet.

Auch in den DRK-Einrichtungen gibt es Lux zufolge Beschäftigte, die
bislang noch nicht geimpft sind. In persönlichen Gesprächen werde
auch über arbeitsrechtliche Konsequenzen ab Mitte März bei einer
Nicht-Impfung informiert. Es gebe durchaus Überlegungen einzelner
Beschäftigter, das Arbeitsverhältnis deshalb zu beenden, so die
Sprecherin. Landesweit betreibt das DRK 37 ambulante Pflegedienste,
21 Tagespflegen und 14 vollstationäre Pflegeeinrichtungen.

Dass Mitarbeitende wegen der geplanten Impfpflicht gekündigt hätten,
sei dem Klinikum nicht bekannt, berichtet EvB-Sprecher Schmidt in
Potsdam. Das Klinikum stelle seit 1. Januar nur noch genesenes oder
geimpftes Personal ein. Für ungeimpfte Mitarbeitende, die bereits in
der Einrichtung arbeiten, würden weiter wöchentlich Impftermine
angeboten. Ab dem 16. März sei das Klinikum dazu verpflichtet,
Mitarbeitende ohne Immunitätsnachweis dem Gesundheitsamt zu melden.

Am CTK in Cottbus liegt die Abwanderungrate des Personals nicht über
der der Vorjahre, wie Sprecherin Holzschuh mitteilt. Kündigen werde
das Klinikum keinem ungeimpften Personal. Nach einer Meldung des
Impfstatus an das zuständige Gesundheitsamt obliegt es den Behörden,
ein Beschäftigungsverbot oder und Betretungsverbot auszusprechen.

Die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg (KVBB) befürchtet nach
Worten ihres Vorstandschefs Peter Noack, dass eine Impfpflicht für
den medizinischen Bereich zu Kündigungen von ungeimpften Personal in
den Praxen führen wird - im schlimmsten Fall zu Praxisschließungen.
«Den politisch Verantwortlichen muss bewusst sein, dass eine
Impfpflicht in medizinischen Einrichtungen zu kurz greift.» Noack
fordert deshalb tragfähige Lösungen für eine allgemeine Impfpflicht.


Im Land sind bislang knapp 1,7 Millionen Menschen vollständig geimpft
- das entspricht einer Impfquote von 66,4 Prozent. Darüber hinaus hat
41,7 Prozent der Bevölkerung eine Auffrischimpfung erhalten.

Die Corona-Fälle nehmen indes landesweit zu. Für die vergangenen
sieben Tage meldeten die Gesundheitsämter 689,8 Neuinfektionen je
100 000 Einwohner, wie das Robert Koch-Institut mitteilte. Vor einer
Woche hatte der Wert noch bei 463,0 gelegen. Am stärksten betroffen
ist die Landeshauptstadt Potsdam mit einem Wert von 1113,1, gefolgt
von den Landkreisen Teltow-Fläming (904,7) und Havelland (783,0), wo
seit Mittwoch 00 Uhr eine nächtliche Ausgangsbeschränkung angeordnet
wurde, wie das Gesundheitsministerium mitteilte.

Im Kreis Oder-Spree gilt mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von 866,8
eine Ausgangsbeschränkung zwischen 22 und 6 Uhr ohne Unterbrechung
seit Anfang Dezember. Voraussetzungen zur Aufhebung haben nach
Angaben des Sprechers des Landkreises bislang nicht vorgelegen.

Die Omikron-Variante des Coronavirus ist unterdessen landesweit auf
dem Vormarsch. Bis 00.00 Uhr wurden 4878 Fälle erfasst, am Dienstag
waren es 4441, wie es vom Gesundheitsministerium hieß.

Insgesamt kamen innerhalb eines Tages 4233 neue Corona-Fälle hinzu.
420 Patienten werden in Krankenhäusern behandelt, davon liegen 106
auf Intensivstationen, hiervon müssen 81 beatmet werden. Der Anteil
der Patienten in den zur Verfügung stehenden Intensivbetten liegt bei
13,9. 30 neue Sterbefälle im Zusammenhang mit einer
Covid-19-Erkrankung wurden gemeldet.