Land will Corona-Stufensystem wegen Omikron-Variante anpassen

Die Belastung der Intensivstationen im Südwesten lässt merklich nach,
auch wenn die Inzidenzen steigen. Die bald vorherrschende Variante
Omikron verläuft milder. Wie Bayern will deshalb auch die Regierung
in Stuttgart ihre Corona-Regeln nachjustieren.

Stuttgart (dpa/lsw) - Das Land Baden-Württemberg will sein
Stufensystem der Anti-Corona-Maßnahmen wegen der Omikron-Variante
überarbeiten. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen
in Stuttgart erfuhr, will das Sozialministerium die Regeln in der
neuen Corona-Verordnung Ende Januar anpassen. Dann könnte es dem
Vernehmen nach voraussichtlich in einigen Bereichen auch leichte
Lockerungen geben. Minister Manne Lucha (Grüne) wolle an diesem
Dienstag im Kabinett erste Vorschläge dazu machen, hieß es.

Zurzeit gilt im Südwesten weiter die Alarmstufe II mit zahlreichen
Einschränkungen vor allem für Ungeimpfte, obwohl auf den
Intensivstationen der Krankenhäuser längst nicht mehr so viele
Covid-19-Patienten liegen wie noch vor Weihnachten. Experten gehen
davon aus, dass die äußerst ansteckende Omikron-Variante deutlich
mildere Verläufe hat als Delta und deswegen weniger Menschen schwer
erkranken. Allerdings sind die Sieben-Tages-Inzidenzen zuletzt wieder
stark gestiegen.

Im vergangenen Sommer hatte die grün-schwarze Landesregierung ein
System mit Basis-, Warn- und Alarmstufe I und II eingeführt. Um eine
Überlastung der Kliniken zu verhindern, wurde die Belegung der
Intensivbetten und die sogenannte Hospitalisierungsrate als
entscheidende Kriterien eingeführt. Letztere gibt an, wie viele
Corona-Infizierte innerhalb einer Woche und pro 100 000 Einwohner in
eine Klinik gebracht werden.

Eigentlich hätte die Regierung die Corona-Regeln gemäß seinem
Stufensystem längst lockern müssen, da die Grenzwerte vor allem bei
den belegten Intensivbetten unterschritten wurden. Doch wegen der
wieder steigenden Inzidenzen hatte das Land vergangene Woche
entschieden, bis Ende Januar in der Alarmstufe II mit zahlreichen
Einschränkungen zu bleiben. Das sei auf Dauer aber nicht zu halten,
hieß es in Regierungs- und Koalitionskreisen.

Nach der ursprünglichen Regelung müsste das Land voraussichtlich
Mitte der Woche sogar zurück in die sogenannte Warnstufe gehen, da
der Grenzwert von 390 belegten Intensivbetten dann fünf Tage
nacheinander unterschritten werden dürfte. In der Warnstufe würde
dann wieder weitgehend 3G gelten und zum Beispiel Fußballstadien
könnten wieder ganz öffnen, während es derzeit nur Geisterspiele
gibt. Auch Clubs und Diskotheken könnten wieder öffnen, Ungeimpfte
hätten mit einem aktuellen PCR-Test Zugang.

Solche weitgehenden Öffnungen gingen angesichts der steigenden
Inzidenzen durch Omikron aber zu weit, deshalb müssten die Regeln,
die in den einzelnen Stufen gelten, nochmal angepasst werden, hieß es
in Koalitions- und Regierungskreisen.

Zuletzt hatte der Virologe und Berater der Bundesregierung, Christian
Drosten, erklärt, er sehe in der milder verlaufenden Omikron-Variante
eine «Chance». Früher oder später müssten sich alle Menschen mit

Sars-Cov-2 infizieren. «Wir können nicht auf Dauer alle paar Monate
über eine Booster-Impfung den Immunschutz der ganzen Bevölkerung
erhalten.» Das müsse das Virus machen, erklärte Drosten.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder will wegen Omikron künftig
einen «breiteren Ansatz» in der Corona-Politik verfolgen. «Es wird
nicht mehr ausreichen, die Lage nur medizinisch und virologisch zu
betrachten. Wir müssen auch auf die gesellschaftliche und soziale
Komponente stärker achten», sagte der CSU-Chef. Anfang kommender
Woche beraten die Ministerpräsidenten wieder mit Kanzler Olaf Scholz
(SPD) über die weitere Strategie im Kampf gegen Corona.