Genesenenstatus nur noch drei Monate - Regeln wegen Omikron geändert Von Sascha Meyer und Basil Wegener, dpa

Omikron verbreitet sich in Windeseile - und Politik und Behörden
versuchen, die Regeln an die Corona-Variante anzupassen. Nun wurden
die Vorgaben für Genesene geändert.

Berlin (dpa) - Die Corona-Variante Omikron breitet sich in
Deutschland immer mehr aus - auch mit Folgen für Alltagsregelungen
wie den Genesenenstatus. Als genesen gilt man nun nur noch drei und
nicht mehr sechs Monate nach einer eigenen Infektion. Diese
Festlegung des Robert Koch-Instituts (RKI) sei aus wissenschaftlicher
Sicht erfolgt, erläuterte das Bundesgesundheitsministerium am Montag
in Berlin. Hintergrund sei, dass wegen Omikron ein sehr viel größeres

Risiko bestehe, dann bereits erneut zu erkranken oder Überträger zu
sein. In der Debatte um eine allgemeine Impfpflicht wurden zudem
Stimmen laut, die einen oft eher milderen Krankheitsverlauf bei
Omikron hervorheben.

Der Genesenenstatus:

Je mehr Menschen sich mit der ansteckenderen Omikron-Variante
infizieren, desto mehr Genesene dürfte es bald auch geben. Festgelegt
wurde nun eine kürzere Zeitspanne dafür, wie lange man als genesen
gilt. «Die Dauer des Genesenenstatus wurde von sechs Monate auf 90
Tage reduziert, da die bisherige wissenschaftliche Evidenz darauf
hindeutet, dass Ungeimpfte nach einer durchgemachten Infektion einen
im Vergleich zur Deltavariante herabgesetzten und zeitlich noch
stärker begrenzten Schutz vor einer erneuten Infektion mit der
Omikronvariante haben», schrieb das RKI.

In Kraft trat die neue Vorgabe am Samstag. Genesennachweise gelten
also seitdem nur noch für maximal drei Monate - laut Ministerium
formal auch schon bestehende Nachweise. Wie dies jetzt konkret zum
Beispiel bei 2G- und 3G-Zugangsregeln zu bestimmten Einrichtungen vor
Ort gehandhabt wird, liegt demnach aber bei den Ländern. Unklar ist
noch, wie die Änderung in den Apps zur Anzeige der Impfnachweise
technisch umgesetzt wird. In den Apps können Genesenenzertifikate
angezeigt werden - bislang mit dem Gültigkeitszeitraum sechs Monate.

Die Änderung knüpft an eine vom Bundesrat am Freitag besiegelte
Verordnung an, die auch den Rahmen für Quarantäneregeln neu fasste.
Genesenennachweise müssen demnach Kriterien entsprechen, die das RKI
auf einer Internetseite bekannt macht. Dazu gehört: «Das Datum der
Abnahme des positiven Tests muss mindestens 28 Tage
zurückliegen». Und: «Das Datum der Abnahme des positiven Tests darf

höchstens 90 Tage zurückliegen.»

Das RKI erläuterte zugleich: «Diese Vorgaben werden regelmäßig
überprüft und können sich gemäß Stand der Wissenschaft ändern.
» Zuvor
hatte in der Verordnung als feste generelle Regelung gestanden, dass
der Test «mindestens 28 Tage sowie maximal sechs Monate zurückliegt».

Der AfD-Fachpolitiker Martin Sichert kritisierte, Webseiten könnten
auch gehackt werden und böten damit weit weniger Rechtssicherheit als
eine in einem Gesetz klar definierte Regelung.

Die Impfpflicht:

Omikron beeinflusst auch das Ringen um eine allgemeine Impfpflicht.
«Omikron ändert die Spielregeln», sagte der Parlamentarische
Geschäftsführer der FDP im Bundestag, Stephan Thomae, der
«Süddeutschen Zeitung» (Montag). Er forderte, die Diskussion müsse
in
Ruhe mit aktuellsten Erkenntnissen geführt werden: «Bevor wir in der
Sommersaison mit einem Impfstoff impfen, dessen Wirkung in der
nächsten Wintersaison womöglich schon wieder abklingt und/oder von
einer neuen Variante unterlaufen wird, sollten wir uns fragen, ob es
nicht sinnvoll ist, abzuwarten, mit welcher Mutation wir es im
nächsten Herbst zu tun haben.»

Thomae reagiert auf Äußerungen des Virologen Christian Drosten, der
die wohl milderen Krankheitsverläufe bei Omikron als Chance sieht,
von der Pandemie in einen endemischen Zustand zu kommen.
Voraussetzung allerdings sei eine breite Immunität, hatte Drosten dem
«Tagesspiegel» gesagt. «Das Virus muss sich verbreiten, aber eben auf

Basis eines in der breiten Bevölkerung verankerten Impfschutzes» -
sonst würden zu viele Menschen sterben.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) betonte in Schwerin, er
befürworte eine Impfpflicht, da sonst im Herbst wieder eine Situation
drohe, in der über Einschränkungen diskutiert werden müsse. Zu der
Frage, ob die Impfpflicht angesichts von Omikron noch gebraucht wird,
sagte er: «Ich bin fest davon überzeugt, wenn wir das Problem lösen
wollen, auf eine saubere und sichere Art und Weise, dann ist die
Impfpflicht der beste Weg.»

Die Omikron-Lage:

528,2 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner und Woche - auch am Montag
gab es bei der vom RKI angegeben Inzidenz einen neuen Höchstwert.
Binnen eines Tages gab es 34 145 gemeldete Corona-Neuinfektionen.
Binnen 24 Stunden wurden 30 Todesfälle verzeichnet.

Es sei wichtig, die laufende Omikron-Welle sehr ernst zu nehmen,
sagte der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner. Es
gebe keinen Grund, jetzt nachzulassen bei Anstrengungen für Impfungen
und Auffrischimpfungen. Büchner bekräftigte das akute Ziel, die
«Impflücke» zu schließen. Lauterbach betonte: «Omikron ersetzt

Impfung nicht.» Der Ungeimpfte, der jetzt eine Omikron-Infektion
bekomme, werde im Herbst gegen andere Varianten wenig Schutz haben,
schrieb er auf Twitter.

Von den 79,2 Millionen Menschen ab 5 Jahren in Deutschland, die
geimpft werden können, haben bisher mindestens 60,5 Millionen den
vollen Grundschutz mit der meist nötigen zweiten Impfung. Das
entspricht 72,7 Prozent der Bevölkerung. Von den besonders von einem
schweren Verlauf bedrohten 24,1 Millionen Menschen, die mindestens 60
Jahre alt sind, sind 12,3 Prozent ungeimpft. Von den 45,3
Millionen 18-59-Jährigen sind 19,3 Prozent oder knapp jeder Fünfte
ohne Impfschutz. 

Mindestens eine Impfdosis erhalten haben bisher 62,4 Millionen
Menschen (75,1 Prozent). Die Bundesregierung strebt eine Quote von 80
Prozent Erstgeimpften bis Ende Januar an.