Lehrer kritisieren Quarantäne-Praktiken - Testfrequenz bleibt vorerst

Der eine Banknachbar kommt in Quarantäne, der andere nicht - wie kann
das sein? Das fragen sich nicht nur Lehrervertreter. Die Schulen im
Thüringen bleiben größtenteils in Präsenz - und bei einer bekannten

Regelung.

Erfurt (dpa/th) - Lehrervertreter haben das uneinheitliche Vorgehen
der Thüringer Gesundheitsämter bei Corona-Quarantäneanordnungen für

Schüler kritisiert. Die Ämter träfen bei vergleichbaren Fällen imme
r
wieder unterschiedliche Entscheidungen, zum Beispiel über die
Quarantänedauer, sagten die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung
Wissenschaft (GEW), Kathrin Vitzthum, und der Vorsitzende des
Thüringer Lehrerverbandes, Rolf Busch, der Deutschen Presse-Agentur.

Besonders krass lasse sich dies beobachten, wenn es einen bestätigten
Corona-Fall in einer Klasse gegeben habe und für die Kontaktpersonen
des betroffenen Schülers verschiedene Gesundheitsämter zuständig
seien, weil sie in unterschiedlichen Landkreisen wohnten, sagte
Busch. «Ich formuliere es überspitzt: Der eine war der rechte
Banknachbar, der andere der linke Banknachbar - dann muss der eine in
Quarantäne, der andere gar nicht.»

Sie kenne auch solche Fälle, bestätigte Vitzthum. Besonders betroffen
davon seien die Berufsschulen, in deren Klassen Schüler aus
verschiedenen Regionen sitzen, für die verschiedene Gesundheitsämter
zuständig sind. Unterschiedliche Entscheidungen der Gesundheitsämter
der Landkreise oder kreisfreien Städte bei gleich gelagerten Fällen
seien für die Betroffenen und deren Angehörige kaum nachzuvollziehen
und erschwerten es Lehrern, ihren Unterricht planbar zu gestalten.

In Thüringen sind die Regeln zur Dauer der Quarantäne inzwischen an
die Bund-Länder-Beschlüsse angepasst worden. Für Kontaktpersonen von

Infizierten, die nicht durch Impfung oder überstandene Infektion
geschützt sind, dauert sie zehn Tage. Bei Mädchen und Jungen unter 18
Jahren ist bei einem negativen Test eine Verkürzung auf fünf Tage
erlaubt. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums haben die
Gesundheitsämter im Einzelfall jedoch einen Ermessensspielraum.

Zuletzt hatte es auch von Lehrervertretern Forderungen gegeben, die
Testfrequenz an den Schulen zu erhöhen und auch PCR-Tests
einzusetzen. Bildungsminister Helmut Holter (Linke) hatte
angekündigt, zumindest für das zweite Schulhalbjahr eine Ausweitung
der Corona-Tests an Schulen prüfen zu wollen. Nach Angaben eines
Sprechers soll es aber zunächst bei zwei Antigen-Schnelltests in der
Woche bleiben. «Derzeit sind keine Änderungen am Testregime an
Thüringer Schulen geplant», sagte er und verwies auf die aktuelle
Beschaffungssituation.

Die Schulen bleiben nach Angaben des Bildungsministeriums
größtenteils weiter im Präsenzunterricht; derzeit sei keine
geschlossen. Bei etwa 70 der 972 Schulen im Freistaat gebe es
Einschränkungen im Lehrbetrieb. Diese arbeiteten etwa mit festen
Lerngruppen, Wechselunterricht oder Distanzunterricht für einzelne
Klassenstufen. Die Schulleiter sollen seit Anfang des Jahres selbst
entscheiden, wie sie den Unterricht organisieren.

Dass die Schulen inzwischen selbst entscheiden können, ob sie eine
Klasse in Distanzunterricht schicken oder nicht, sei vor dem
Hintergrund der Quarantäne-Entscheidungen eine echte Erleichterung,
sagte Busch. Wenn es in einer Klasse einen oder mehreren Corona-Fälle
gegeben habe, könne ein Schulleiter für diese Klasse Unterricht aus
der Ferne anordnen, um mögliche Infektionsrisiken zu senken. Ohnehin
seien die Gesundheitsämter seit langem mit der Nachverfolgung von
Kontaktpersonen von Infizierten überfordert.

Der Gesamtelternsprecher des Freistaats, Roul Rommeiß, sagte, nach
seiner Einschätzung sei es einerseits durchaus richtig, dass die
Gesundheitsämter der Kommunen für unterschiedlich gelagerte
Kontaktfälle auch unterschiedliche Quarantäne-Anordnungen träfen.
«Oftmals fehlt es aber an einer guten Darstellung, warum nun in
diesem Fall so und in einem anderen Fall so entschieden wird.»
Problematisch sei indes, wenn in vergleichbaren Fällen
unterschiedliche Gesundheitsämter unterschiedliche Entscheidungen
träfen.