«Dry January» - Suchthilfeverbände loben, sehen aber Luft nach oben

Einen Monat ohne Alkohol: Einigen macht das nichts aus. Anderen fällt
es schwer. Der «Dry January» liegt im Trend. Aber bringt er auch was?

Berlin (dpa) - Kein Alkohol im Januar? Mehrere Vereine für
suchtgefährdete und suchtkranke Menschen in Deutschland befürworten
den «Dry January» - sehen aber noch Luft nach oben. Grundsätzlich sei

der Social-Media-Trend, dessen Ursprünge in Großbritannien vermutet
werden, ein guter Denkanstoß. Allerdings sollte sich der Aufruf,
weniger zu trinken, nicht nur auf einen Monat beziehen, hieß es etwa
vom AWO Bundesverband auf eine Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.

Der Weg in die Alkoholsucht verlaufe oft schleichend, betonte Jürgen
Naundorff vom Suchthilfeverband Blaues Kreuz. Für ihn sei der
sogenannte trockene Januar mehr als nur ein Monat ohne Bier, Wein und
Co.: «Es ist der «TÜV» für meinen Umgang mit Alkohol. Was passier
t
mit mir, was löst das bei mir aus, was wird mir klar?» Für das
kommende Jahr habe das Blaue Kreuz große Pläne: «Wir wollen «Dry
January» 2023 nach Deutschland holen.» Dafür sei man bereits in
Gesprächen mit möglichen Kooperationspartnern, so Naundorff.

Nach Einschätzung von Andreas Heinz von der Berliner Charité ist auch
die kurzfristige Verringerung schon eine Entlastung für Organe wie
die Leber. «Aber wenn man dauerhaft nichts groß ändert, ist es
eigentlich nur momentan eine kurze Hilfe, aber kein langfristiger
Effekt», so der Direktor der Klinik für Psychiatrie und
Psychotherapie.

Wer sich Gedanken um sein Trinkverhalten mache, dem rate er
beispielsweise, Buch zu führen. «Man ist oft überrascht, dass es doch

viel mehr ist, als man so gedacht hat», sagte Heinz. Wie viel jeder
Trinken kann, variiert demnach auch nach Geschlecht: «Also 0,1 Liter
Wein pro Tag bei einer weiblichen Person und 0,2 Liter bei einer
männlichen und dann noch zwei Tage pro Woche nichts trinken», so die
Empfehlung des Mediziners.

Der «Dry January» trage zu einer offenen Auseinandersetzung mit dem
Thema Alkoholkonsum bei, betonte eine Sprecherin der Deutschen
Hauptstelle für Suchtfragen. Genau davon gebe es in der deutschen
Debatte rund um Alkoholabhängigkeit nicht genug, sagte der neue
Bundesdrogenbeauftragte, Burkhard Blienert. «Ich glaube, wir müssen
als Gesellschaft insgesamt viel offener über Suchtprobleme sprechen.
Und das nicht nur im Januar», so der SPD-Politiker auf dpa-Anfrage.