Corona-Impfung: Wer braucht den Booster nach dem Booster? Von Marc Fleischmann, dpa

Diese Hoffnung hatten viele: Boostern lassen und die Pandemie ist
endlich vorbei. Doch es könnten weitere Impfungen folgen. Wie oft und
wie lange müsste das sein?

Berlin (dpa) - Die nachlassende Wirkung der Corona-Impfstoffe und
neue Varianten des Coronavirus haben die Hoffnung gedämpft, die
Pandemie schnell in den Griff zu bekommen. Die Grundimmunisierung
reicht schon lange nicht mehr, um Covid-19 hinter sich zu lassen. Das
aktuelle Zauberwort heißt Booster, danach könnte gar der
Booster-Booster folgen.

In Israel - Vorreiter bei den Corona-Impfungen - wird diese vierte
Dosis besonders von Corona gefährdeten Menschen schon verabreicht.
Sie bewirkt zwar einen erneuten Anstieg der Antikörper. Kurz nach der
vierten Impfung sei man aber wieder auf demselben Stand wie kurz nach
der dritten, ergaben die israelischen Daten. Heißt das, dass wir uns
etwa alle drei bis vier Monate erneut gegen das Coronavirus impfen
lassen müssen?

Sebastian Ulbert, Impfstoff-Forscher vom Fraunhofer-Institut für
Zelltherapie und Immunologie, unterscheidet bei dieser Frage zwischen
immungesunden und immunschwachen Menschen. Das bedeutet: Die Gabe
einer vierten Dosis kommt für Ulbert vorerst nicht für alle infrage,
sondern wie in Israel primär für Ältere und Risikogruppen.

Auch Christine Falk, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für
Immunologie (DGfI), sieht eine vierte Dosis eher für Hochbetagte.
Derzeit gehe es auch darum, besonders Altenheime vor Omikron zu
schützen. Einige Menschen aus bestimmten Gruppen, wie Transplantierte
zum Beispiel, hätten sich auch schon vier Mal impfen lassen,
berichtet die Immunologin.

Für den größten Teil der Bevölkerung spiele der Booster-Booster abe
r
vorerst keine Rolle. «Die vierte Impfung braucht die
Normalbevölkerung mit gesundem Immunsystem nicht», sagt Falk. Für
Ulbert ist es noch unklar, ob und wie die Wirkung der dritten Impfung
bei Immungesunden nachlässt. Es könne auch sein, so der
Impfstoffexperte, dass man «wesentlich länger» vor schweren
Corona-Erkrankungen geschützt ist. Für DGfI-Präsidentin Falk steht
derzeit im Vordergrund, die breite Bevölkerung mit einer dritten
Impfung zu boostern, um damit «aus dem Winter rauszukommen».

Für den Zeitraum danach überwiegt bei den Experten die Zuversicht -
zumindest für die Immungesunden, wenn sich das Virus nicht dramatisch
verändert. Bei sogenannten «inaktiven Impfstoffen» wie bei der
Corona-Impfung bleibe der Schutz in der Regel spätestens nach der
dritten Impfung «relativ lange relativ hoch», sagt Ulbert. Die
zirkulierenden Antikörper könnten - wie in Israel beobachtet - zwar
abfallen, aber es gehe hier auch um das immunologische Gedächtnis,
das weiterhin vor einer schweren Erkrankung schütze, so der Experte.

Deshalb müsse man bei Immungesunden - im Gegensatz zu den
Immunschwachen - erst abwarten, ob diese überhaupt den Booster nach
dem Booster benötigen, erklärt Ulbert. Das sieht auch der Berliner
Virologe Christian Drosten so. Im ZDF-«heute journal» sagte er,
gesunde Erwachsene bräuchten eventuell keinen weiteren Booster mehr.
Die Voraussetzung auch hier: Das Virus mutiert nicht mehr so stark.

Macht es Sinn, auf einen an die Omikron-Variante angepassten
Impfstoff zu warten? «Da die Omikron-Welle bereits rollt, ist eine
rasche Boosterung mit den vorhandenen Impfstoffen wichtiger. Damit
ist man auch bei Omikron gut gegen schwere Verläufe geschützt», sagt

Impfstoffexperte Ulbert.

Die Hoffnung bei Immunologen wie DGfI-Präsidentin Falk ist, dass bei
Corona nach dem Winter ein «schrittweiser Übergang in eine endemische
Situation» erfolgt. Das würde bedeuten, dass das Virus regional
regelmäßig auftaucht und die meisten Menschen durch Impfung oder
Infektion eine gewisse Immunität besitzen.

Wenn das nicht passiert, könnte die Mehrheit der Immungesunden im
Herbst 2022 mit dem Booster-Booster wieder an der Impfreihenfolge
sein. Dann werde hoffentlich eine Auffrischung mit einem angepassten
Impfstoff zum Einsatz kommen, sagt Falk. Im Idealfall sei diese Gabe
gekoppelt mit einer Impfung gegen die Influenza. Das würde heißen:
Ein Arztbesuch, zwei Spritzen.

Und danach? Ulbert berichtet von Forschungen an einem
Corona-Impfstoff, der gegen eine Vielzahl von Varianten wirken soll.
«Es wäre toll, einen Impfstoff zu haben, der andere Varianten von
Sars-CoV-2, aber auch andere Coronaviren mit abdeckt», wagt der
Experte einen Blick in die Zukunft. Das heißt zum einen, man wäre
auch für eventuelle künftige Pandemien besser gewappnet. Zum anderen
bedeutet das aber auch: Mit dem Impfen gegen Corona wäre noch nicht
Schluss.