Daten von Luca-App nur mit richterlichem Beschluss anfordern

Der tödliche Sturz eines Mannes vor einem Lokal in Mainz beschäftigt

die Ermittler. Unklar ist, ob eine vorangegangene Ohrfeige ursächlich
ist. Über die Luca-App hätten die Ermittler aber nicht nach Zeugen
suchen dürfen.

Mainz (dpa/lrs) - Die beiden rheinland-pfälzischen
Generalstaatsanwaltschaften haben die Staatsanwaltschaften
angewiesen, Daten von der Luca-App nicht ohne richterlichen Beschluss
anzufordern. Das berichtete Justizminister Herbert Mertin (FDP) am
Donnerstag im Rechtsausschuss des Landtags. Nach dem
Infektionsschutzgesetz des Bundes dürften die
Strafverfolgungsbehörden ohnehin auf solche Daten höchstens bei der
Aufklärung von Kapitalverbrechen wie Mord und Totschlag oder einem
geplanten Terroranschlag zurückgreifen.

Dies sei der Fehler, den die Ermittler in Mainz gemacht hätten, sagte
Mertin. In dem Fall werde derzeit wegen Körperverletzung ermittelt.
Einen Anfangsverdacht auf Körperverletzung mit Todesfolge oder
Totschlags gebe es bisher nicht. Die Luca-App wird in der
Corona-Pandemie von Gaststätten zur Nachverfolgung von Infektionen
mit dem Coronavirus verwendet.

Anlass der Ermittlungen in Mainz ist der Sturz eines Mannes in der
Nacht vom 29. auf den 30. November vor einer Gaststätte. Der
Schwerverletzte wurde in die Uni-Klinik gebracht, wo er am 10.
Dezember an den Folgen eines Schädel-Hirn-Traumas starb, wie Mertin
berichtete. Vor dem Sturz soll es einen Streit gegeben haben, bei dem
ein 21-Jähriger den Mann mit der flachen Hand geohrfeigt hat.

Nach dem Ergebnis der Obduktion könne weder ausgeschlossen noch
bestätigt werden, ob der Schlag zum Sturz geführt hat. Der
beschuldigte 21-Jährige mache keine Angaben. Am 20. Dezember habe die
Polizei dann - nach Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft - beim
Gesundheitsamt der Kreisverwaltung Mainz-Bingen die Daten von
Besuchern einer Gaststätte aus der Luca-App angefragt und danach 21
potenzielle Zeugen angerufen. Ein Zeugenaufruf war zuvor ohne
Ergebnis geblieben. Die Staatsanwaltschaft hat sich inzwischen
entschuldigt.

Ob die Daten aus der Luca-App überhaupt für die Strafverfolgung
verwendet werden dürfen - also in Ausnahmefällen wie
Mord-Ermittlungen -, sei in dem Bundesgesetz nicht eindeutig geregelt
und daher umstritten, sagte Mertin. Anders als beispielsweise im
Bundesfernstraßenmautgesetz. Eine entsprechende Aufforderung seines
Ministeriums an das Bundesministerium vor rund einem Jahr, Klarheit
zu schaffen, sei nicht beantwortet worden. Mertin kündigte an, im
Kabinett eine Bundesratsinitiative zu dieser Frage anzuregen.

Die Staatsanwaltschaft Mainz habe in dem Fall des tödlichen Sturzes
nach dem bisherigen Stand der Prüfung die aktuelle Rechtslage des
Infektionsschutzgesetzes in Verbindung mit früheren Vorgaben der
Generalstaatsanwaltschaft «in rechtlich angreifbarer Weise» bewertet,
berichtete Mertin.