Gote sieht 1000er-Inzidenz voraus - Abgeordnete fordern mehr Tests

Die Omikron-Welle trifft Berlin mit großer Wucht. Die Zahl der
Corona-Fälle steigt immens. Senatorin Gote sieht das Ende der
Fahnenstange noch nicht erreicht.

Berlin (dpa/bb) - Berlins Gesundheitssenatorin Ulrike Gote rechnet
mit einem weiteren schnellen und starken Anstieg der Corona-
Infektionen durch die Virusvariante Omikron. «Wir werden kurzfristig
die 1000er-Inzidenz überschreiten», sagte die Grünen-Politikerin am
Donnerstag im Abgeordnetenhaus. «Omikron bringt mehr Infizierte als
frühere Wellen», so Gote weiter. Das werde auch jeder bei sich oder
in seinem Umfeld spüren. «Die Einschläge kommen näher.»

Deshalb sei es nötig, den Umgang mit Corona ständig anzupassen, sagte
Gote mit Blick auf Maßnahmen wie die neuen Regeln für Gastronomie und
Veranstaltungen, wo ab Samstag nur noch Geboosterte (dreifach
Geimpfte) sowie doppelt Geimpfte und Genesene mit zusätzlichem Test
Zutritt haben. «Ich sage hier: Eigentlich kann man sich heute nur
noch als vollständig geimpft fühlen und bezeichnen, wenn man auch
geboostert ist», so Gote. «Boostern macht den Unterschied.»

Das Impfen sei zur Eindämmung der Pandemie immens wichtig, so Gote.
Der Senat wolle Impflücken in bestimmten Bevölkerungsgruppen daher
«noch einmal ganz verstärkt in Angriff» nehmen, etwa durch mehr
aufsuchende Angebote. Als Beispiel nannte Gote die Altersgruppe von
Mitte 20 bis Ende 30, in der es noch viele Ungeimpfte und
Ungeboosterte, also Menschen ohne Auffrischungsimpfung, gebe. «Da
kämpfen wir gerade um jede Person.»

Abgeordnete mehrerer Fraktionen forderten angesichts der steigenden
Corona-Zahlen einen Ausbau der Testangebote. Der FDP-Abgeordnete
Florian Kluckert kritisierte, Berlinerinnen und Berliner müssten zum
Teil stundenlang auf einen PCR-Test warten. «Das ist eine Politik,
die endlich abgestellt werden muss.»

Immer mehr Menschen infizierten sich oder hätten in einschlägigen
Apps rote Warnmeldungen über Kontakte zu Infizierten, sagte die
gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Bettina König.
Diese müssten schnell, unkompliziert und kostenlos PCR-Tests machen
können, um Klarheit zu haben. Dazu müssten die Kapazitäten ausgebaut

und mehr senatseigene Testzentren geschaffen werden. «Ein Zentrum pro
Bezirk war vor Omikron gut, jetzt zeigt sich, das ist zu wenig», so
König. Ähnlich argumentierte auch die CDU.

Nach Gotes Einschätzung wird die Nachfrage nach PCR-Tests, die etwa
zum Überprüfen eines positiven Schnelltestergebnisses nötig sind,
größer bleiben als das Angebot. «Wir können selbstverständlich di
e
PCR-Kapazitäten noch etwas steigern in Berlin, das tun wir auch.»
Gote kündigte längere Öffnungszeiten und mehr Personal für die
landeseigenen Testzentren an. «Wir prüfen auch die Beauftragung der
gewerblichen Teststrukturen. Aber eins ist auch klar: Es wird am Ende
nicht reichen.» Das Problem gebe es in ganz Deutschland.

Hintergrund: Nur bei einer roten Warnung in der App oder einem
positiven Schnelltest ist der dann nötige PCR-Test kostenlos - und in
der Regel auch nur in landeseigenen Zentren. Bei von privaten
Anbietern betriebenen Teststellen fallen Kosten an.

Die CDU forderte den Senat auf, schnell für eine einheitliche
Quarantäneregelung zu sorgen. Einige Berliner Gesundheitsämter
wendeten die geplante, von Bund und Ländern in der Vorwoche
beschlossene Neuregelung bereits an, andere Bezirke noch die alte,
kritisierte der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Fraktion,
Christian Zander. «Das kann doch nicht sein, dass man je nach Bezirk
in Quarantäne muss oder nicht», sagte Zander. Nach der für Donnerstag

geplanten Abstimmung im Bundestag soll sich am Freitag der Bundesrat
abschließend mit der Quarantäne-Regelung befassen. Der Senat hatte
angekündigt, die Entscheidung auf Bundesebene abzuwarten.

Die AfD-Fraktion positionierte sich gegen eine Corona-Impfpflicht.
«Die Entscheidung für oder gegen die Impfung, insbesondere im Rahmen
einer individuellen Risikoabschätzung, muss frei bleiben», sagte der
AfD-Politiker Frank-Christian Hansel. Die AfD sei nicht per se gegen
Impfungen. «Vielmehr stehen wir gegen die Spaltung der Gesellschaft
und das Überschreiten roter Linien hinsichtlich verfassungsgemäß
geschützter Freiheiten.»

Die Corona-Inzidenz in Berlin lag laut Robert Koch-Institut (RKI) am
Donnerstag bei 918,6 - nach 856,4 am Vortag. Sie gibt an, wie viele
Corona-Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben
Tagen registriert wurden. Nur in Bremen ist der Wert im
Ländervergleich mit 1349,2 noch höher, bundesweit beträgt die Sieben-

Tage-Inzidenz 427,7. Der Berliner Bezirk mit der höchsten Inzidenz
ist Friedrichshain-Kreuzberg mit 1398,2 vor Neukölln (1248,0) und
Mitte (1149,8). Die Altersgruppe mit der höchsten Inzidenz in Berlin
sind laut Gote die 20- bis 24-Jährigen, hier liegt der Wert bei 1865.