«Man kann sich ja nicht einsperren»: Bundesliga im Corona-Griff Von Ulrike John, dpa

Täglich vermeldet der Betrieb im Profifußball neue Corona-Fälle.
Dennoch ist die Hoffnung groß, dass die Welle von positiv Getesteten
abebbt, nachdem die Urlaubszeit erstmal vorbei ist.

Frankfurt/Main (dpa) - Positiv getestet. Mit oder ohne Symptome. In
Isolation. Frei getestet. Im Aufbautraining nach Erkrankung. In
diesen Kategorien kämpft sich die Bundesliga durch die
Corona-Pandemie. Ausfälle werden angesichts steigender
Infektionszahlen durch die Virusvariante Omikron zum Alltag. Vor dem
zweiten Rückrunden-Spieltag am Wochenende stellte die Deutsche
Fußball Liga (DFL) klar, dass sie ihr Reglement zu Spielabsagen in
dieser Saison nicht mehr ändern wird.

«Ich glaube, dass es immer wieder Mannschaften betreffen wird. Ob es
eine Wettbewerbsverzerrung wird, weiß ich nicht. Jeder muss halt auch
in seinem Umfeld aufpassen», sagte Mönchengladbachs Trainer Adi
Hütter stellvertretend für viele. «Es ist natürlich nicht einfach.

Man kann sich ja auch nicht einsperren.» Die Corona-Lage der Liga:

Die Impfquote:

Sie liegt in der 1. und 2. Liga nach DFL-Angaben deutlich höher als
jene in der gesamten Gesellschaft. «Von den mehr als 90 Prozent aller
Spieler, Trainer und Betreuer, die sich haben impfen lassen, haben
schon jetzt mehr als 70 Prozent eine Auffrischungsimpfung erhalten»,
sagte Ansgar Schwenken, Direktor Fußballangelegenheiten und Fans,
auf bundesliga.de. «Grundlage für diese Zahl sind freiwillige Angaben
der Clubs im Rahmen einer entsprechenden Abfrage der DFL.»

Der bayerische Patient:

Nach insgesamt 13 Ausfällen - darunter 9 positiv Getestete - beim 1:2
gegen Borussia Mönchengladbach entspannt sich die Lage beim FC Bayern
München wieder: So absolvierten Nationaltorhüter Manuel Neuer und
Leroy Sané vor dem Spiel am Samstag beim 1. FC Köln Teile des
Mannschaftstrainings. Bei den Corona-Rückkehrern muss allerdings
abgewartet werden, wie sie auf Belastung reagieren. «Ich rechne nicht
mit extrem vielen Rückkehrern, die in Köln für die erste Elf infrage

kommen», hatte Trainer Julian Nagelsmann noch am vergangenen
Wochenende gesagt.

Unsicherheit bei Testergebnissen:

Die bundesweite Debatte um die Zuverlässigkeit von Tests hat
natürlich auch den Profifußball erfasst. Dass selbst PCR-Tests diffus
ausfallen können, belegt der Fall des Frankfurters Jesper Lindström.
Der Däne war von den Hessen zunächst als positiv getestet gemeldet
worden, dann aber nach wiederholter negativer Testung kurzfristig
doch als spielfähig gegen Borussia Dortmund. Es gibt auch Fälle von
nicht eindeutigen Tests wie bei Eintracht-Mittelfeldspieler Djibril
Sow, der deshalb erstmal fehlte.

Etwas Entspannung:

In der kurzen Winterpause hatten zahlreiche Profis Corona aus dem
Urlaub mitgebracht und mussten erstmal in Quarantäne. Diese ist nun
für viele beendet. So sind zum Beispiel bei RB Leipzig Dani Olmo,
Benjamin Henrichs und Solomon Bonnah nach überstandener Infektion
wieder im Übungsbetrieb. Die Verantwortlichen hoffen, dass die Zahl
der Fälle wieder zurückgeht, nachdem sich die Spieler nun wieder im
Trainings- und Liga-Alltag mit den vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen
befinden. Aber es gibt auch immer wieder neue Fälle wie zuletzt bei
Bayer Leverkusen mit Paulinho und Niklas Lomb.

Neue Quarantäne-Regeln:

Den Clubs hilft es, dass Bund und Länder die Quarantäne- und
Isolationszeiten verkürzt haben. So besteht nicht die Gefahr, dass
ein Team durch Massen-Isolation lahmgelegt wird. Wer geboostert,
frisch doppelt geimpft oder frisch genesen (jeweils maximal drei
Monate zurückliegend) ist, muss nicht in Quarantäne, wenn er Kontakt
zu einem Omikron-Infizierten hatte. Die Quarantäne für Infizierte
wurde von 14 auf zehn Tage verkürzt, nach sieben Tagen ist ein
Freitesten möglich.

Voraussetzungen für Spielabsetzungen:

Bayern Münchens Vorstandsvorsitzender Oliver Kahn hatte eine
Überarbeitung der Spielordnung angemahnt, weil Verletzte und
Gesperrte nicht zu den Ausfällen zählen, wenn es um eine
Spielverschiebung geht. 16 einsatzbereite Spieler genügen für den
Anpfiff. Die DFL reagierte auf die Kritik und lässt die aktuellen
Regelungen für mögliche Spielabsetzungen von der Saison 2022/23 an
erneut überprüfen. Damit wurde die «Kommission Fußball» beauftrag
t.
Die Überprüfung der zuletzt am 14. Mai 2020 ergänzten Regelung hat
bereits begonnen. Von einer Änderung der Regelung während der
laufenden Runde werde «mit Blick auf die Integrität des Wettbewerbs
zum gegenwärtigen Zeitpunkt abgesehen». Die DFL rät seit Wochen zur
engen Abstimmung der Vereine mit dem örtlichen Gesundheitsamt. Dabei
setzen die Behörden vor Ort unterschiedliche Prioritäten.

Auswirkungen auf den Transfermarkt:

Keiner weiß, wie viele Spieler noch ausfallen. Deshalb versuchen die
Vereine derzeit nicht wie sonst üblich in der Winterpause, einige
Dauerreservisten loszuwerden. «Wir werden die aktuelle Corona-Lage
berücksichtigen und niemand auf Teufel-komm-raus verkaufen. Zumal wir
ab März ja auch wieder alle drei Tage spielen», sagte Sportvorstand
Markus Krösche vom Europa-League-Teilnehmer Frankfurt. Drittligist
Eintracht Braunschweig kündigte sogar an, seinen Kader zu vergrößern.

Der Fußball werde «durch Corona gesunden», prophezeite gar Fredi
Bobic, Sport-Geschäftsführer von Hertha BSC.

Die sportlichen Folgen:

«Ich hoffe nicht, dass man am Ende darüber reden muss, wer im Januar
oder Februar besser durchgekommen ist», sagte Bobic auch. Die
Wahrscheinlichkeit aber ist hoch - von der ersten bis zur dritten
Liga. «Im Kampf um den Auf- oder gegen den Abstieg kann das schon ein
Faktor werden», sagte Sportdirektor Oliver Kreuzer vom Zweitligisten
Karlsruher SC. Deutlicher drückt es Braunschweigs Sportchef Peter
Vollmann aus: «Corona wird in den kommenden Monaten Ergebnisse
beeinflussen, Spiele entscheiden und für Verschiebungen in der
Tabelle sorgen.»