Hoher Corona-Infektionswert: Bremen setzt auf Boostern und Vorsicht

Das kleine Bundesland Bremen lag schon einmal bei den
Corona-Infektionen an der Spitze. Das war im November 2020. Nun ist
es hier wieder mit Abstand ganz vorn. Experten warnen, Bremen könne
bald überall sein.

Bremen (dpa/lni) - Angesichts der deutschlandweit höchsten
Corona-Infektionsrate setzt das Bundesland Bremen auf schnelles
Boostern zur Abwehr der besonders ansteckenden Omikron-Variante.
Zugleich appellierte Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) am
Montag an alle Bürgerinnen und Bürger, private Kontakte zu
beschränken. «Die aktuelle Situation ist angespannt, und wir müssen
alle an einem Strang ziehen, um uns selbst und andere zu schützen.»
Bernhard rief dazu auf, Impfangebote zu nutzen und in Innenräumen
FFP2-Masken zu tragen.

Der Bremer Höchststand ist nach Einschätzung des Epidemiologen Hajo
Zeeb nur ein Vorbote dessen, was überall durch Omikron droht: «Wir
müssen uns darauf gefasst machen, dass das auch in anderen
Bundesländern kommt.» Omikron sei «superschwer zu kontrollieren».
«Es
sucht jedes offene Fensterchen.» Die Krankenhäuser in Bremerhaven
führten ein Besuchsverbot ein, das ab Mittwoch gelten soll.

Das Robert Koch-Institut (RKI) vermeldete am Montag für das Land
Bremen einen Wert von 1028 bestätigten Neuinfektionen auf 100 000
Menschen in einer Woche; am Sonntag hatte der Wert bei 1032,6
gelegen. In Bremen und Bremerhaven wurden 465 neue Infektionen
registriert. Weitere Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus
gab es auf Montag nicht, die Zahl der Toten seit Beginn der Pandemie
blieb bei 613.

Das kleinste Bundesland rechne damit, die Quote von
Auffrischungsimpfungen rasch steigern zu können, sagte Bernhards
Sprecher Lukas Fuhrmann. Es sei wichtig, «dass wir aufs Impfen und
aufs Boostern setzen», hatte auch Bürgermeister Andreas Bovenschulte
(SPD) dem Deutschlandfunk am Samstag gesagt. «Bremen wird als erstes
Bundesland von der Omikron-Welle in vollster Wucht getroffen.»

Dort haben nach RKI-Angaben bis Montag 46,5 Prozent der Bevölkerung
eine Booster-Impfung bekommen. Das ist weniger als beim Spitzenreiter
Saarland (51,7 Prozent), aber mehr als der bundesweite Durchschnitt
von 42,9 Prozent. Bei Menschen mit einem vollständigen Grundschutz
mit der meist nötigen zweiten Spritze liegt Bremen seit langem vorn
und hat eine Quote von 84,2 Prozent.

Angesichts der Infektionswelle trat in Bremen am Montag eine neue
Warnstufe vier in Kraft. Sie sieht unter anderem vor, dass
Gastronomie, Kultur oder Sporteinrichtungen nur von vollständig
Geimpften oder Genesenen mit zusätzlichem Test genutzt werden können
(2G plus). Ausgenommen sind Menschen, deren Zweit- oder
Auffrisch-Impfung erst kurz zurückliegt.

Das Gesundheitsressort wolle nicht spekulieren, warum Omikron Bremen
als erstes treffe, sagte Fuhrmann. Es sei kein Zusammenhang mit den
Niederlanden belegt. Eine These ist, dass die Nähe zu belasteten
Nachbarländern wie Dänemark oder den Niederlanden bei der Ausbreitung
von Omikron eine Rolle spielen könnte. Dafür könnte sprechen, dass
die Zahlen auch in Schleswig-Holstein und Hamburg steigen. Professor
Zeeb, Abteilungsleiter für Leibniz-Institut für Präventionsforschung

und Epidemiologie in Bremen, schloss diesen Zusammenhang nicht aus.

Fuhrmann wollte auch nicht spekulieren, ob Großveranstaltungen wie
der Bremer Freimarkt im Herbst oder der Weihnachtsmarkt zum Anstieg
der Infektionen beigetragen haben. Bremen habe auch im November 2020
zu Beginn der zweiten Corona-Welle für einige Tage die höchste
Infektionsrate gehabt, erinnerte er.

Bremen sei vergleichsweise gut durch die dritte Corona-Welle mit der
Delta-Variante des Erregers gekommen, sagte Zeeb. Dementsprechend
locker seien die Maßnahmen gewesen. Nun verbreite sich Omikron, aber
es komme in den Ländern langsamer voran, in denen die
Kontaktbeschränkungen schon wegen Delta besonders weit gingen.

Die derzeitigen Ansteckungen in Bremen verteilen sich nach dem
Wochenbericht des Gesundheitsreossrts gleichmäßig über alle
Stadtteile. Zum Jahreswechsel häuften sich die Infektionen vor allem
bei den 20- bis 39-Jährigen. In zweiter Linie waren Kinder und
Jugendliche sowie die Altersgruppe von 40 bis 59 Jahren betroffen.