Mit dem Piks gegen Omikron - Wie gut schützt die Impfung? Von Josefine Kaukemüller, dpa

Deutschland setzt gegen Omikron auf den ersten, zweiten und dritten
Piks. Die Corona-Impfung soll es der vorpreschenden Virusvariante
schwer machen. Doch wie gut wirkt sie gegen Omikron noch?

Berlin (dpa) - Omikron breitet sich rasant in Deutschland aus - und
mit der Virusvariante die Unsicherheit. Die zuerst in Südafrika
aufgetretene Variante gilt als besonders ansteckend. Gleichzeitig
mehren sich Hinweise auf mildere Krankheitsverläufe. Experten sind
sich einig: Nur die Impfung kann Omikron seinen Schrecken nehmen. Wie
effektiv schützt die Grundimmunisierung gegen die Virusvariante, wie
gut der Booster? Und wird ein Booster-Booster nötig? Wichtige Fragen
im Überblick.

Wie gut wirkt die Impfung gegen Omikron?

Bei der Frage nach der Impfwirkung müsse man zwischen dem Schutz vor
einer Infektion und dem Schutz vor einer schweren Erkrankung
unterscheiden, sagt Immunologe Carsten Watzl der Deutschen
Presse-Agentur. «Der reine Schutz vor Ansteckung mit Omikron wird mit
den jetzigen Impfstoffen immer suboptimal sein», so der
Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. Aber:
«Die Impfstoffe tun trotzdem, was sie sollen: Sie schützen vor
schweren Verläufen und das sehen wir aktuell bei Omikron.»

Eine gerade erst von der britischen Gesundheitsbehörde UKHSA
vorgestellte Analyse weist darauf hin, dass Booster-Impfungen der
besonders gefährdeten Gruppe der Senioren auch bei Omikron einen
hohen Schutz vor schweren Verläufen bieten. Drei Monate nach der
Drittimpfung liegt der Schutz vor Einlieferung ins Krankenhaus für
Menschen ab 65 Jahren demnach bei rund 90 Prozent. Der Schutz vor
einer Corona-Infektion mit milden Symptomen liegt hingegen nur noch
bei rund 30 Prozent, wie die vorläufigen Daten zeigen.

Wie unterscheidet sich die Impfwirkung von Grundimmunisierung und
Booster-Impfung?

Nach der Grundimmunisierung - also nach zwei Impfungen oder beim
Vakzin von Johnson&Johnson nach einer Impfung - lasse der Schutz vor
Ansteckung bei Omikron recht schnell nach, sagt Sebastian Ulbert,
Impfstoffexperte vom Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und
Immunologie. Die Booster-Impfung verbessert diesen Schutz zumindest
für die erste Zeit nach der Impfung wieder deutlich, weil wieder mehr
Antikörper gebildet werden. Der Virologe Christian Drosten von der
Berliner Charité verwies im Podcast «Coronavirus-Update» bei NDR-Info

auf dänische Studiendaten, die zeigten, dass die dritte Impfung das
Risiko für eine Omikron-Ansteckung stark senke und bei der aktuellen
Verbreitungskontrolle den Unterschied mache.

Vor schwerer Erkrankung schütze hingegen wohl schon die
Grundimmunisierung weiterhin recht gut, sagt Ulbert. Watzl verweist
auf einen Report der britischen Gesundheitsbehörde UKHSA zur
Effektivität der Impfung gegen einen schweren Verlauf mit Omikron,
der dazu führe, das man ins Krankenhaus müsse. Demnach liegt der
Schutz bis sechs Monate nach der zweiten Impfung bei etwa 72 Prozent,
nach dem Booster sogar bei rund 88 Prozent.

Wie lange der Schutz jeweils anhalte, lasse sich im Zuge der noch
jungen Omikronwelle noch nicht seriös sagen, sagt Ulbert. Die
Booster-Impfung weite die Schutzwirkung zumindest erheblich aus und
rufe eine verstärkte Immunantwort hervor.

Warum schützt die Impfung nicht so gut vor einer Omikron-Infektion
wie vor einer Infektion mit vorherigen Virusvarianten?

Dass die Impfstoffe vor einer Omikron-Ansteckung weniger zu schützen
scheinen als vor anderen Virusvarianten wie Delta, legen immer mehr
registrierte Infektionen bei Menschen mit Grundimmunisierung oder gar
Auffrischungsimpfung nahe. «Die Impfstoffe wurden auf eine bestimmte
Sequenz des Spike-Proteins entwickelt, das sich auf der
Virusoberfläche befindet. Mittlerweile gibt es jedoch Varianten, die
haben das Spike-Protein an entscheidenden Stellen verändert», erklärt

Impfstoffexperte Ulbert. Dadurch werde diese Virusvariante vom
Immunsystem nicht mehr so gut erkannt. Hinzu komme, dass bei
ansteckenderen Varianten meist weniger Viren für eine Infektion
ausreichten.

Welche Impfstoffe schützen am besten gegen Omikron?

Erste Studien legen nahe, dass nicht alle Impfstoffe gleich stark
gegen Omikron wirken und manche Vakzin-Kombinationen bei
Grundimmunisierung und Auffrischung effektiver sind. Ulbert rät aber
von Pauschalaussagen dazu ab, welches Vakzin am besten schütze. Alle
bisherigen Impfstoffe zeigten, dass der Schutz vor Ansteckung mit der
Zeit nachlasse - dass die zirkulierenden Antikörper nach und nach
weniger würden, sei normal. «Bei den wenigen Studien bisher zum
Schutz vor Omikron wurden vor allem Ansteckungen oder Infektionen mit
leichten Symptomen betrachtet.» Um den Schutz vor schweren
Erkrankungen beurteilen zu können, müssten die Studien länger laufen.


Watzl gibt eine erste Einschätzung: «Moderna ist der etwas bessere
von den beiden mRNA-Impfstoffen - einfach, weil er die höhere Dosis
verwendet.» Mit Moderna Geimpfte seien «einen Ticken» besser gegen
Omikron geschützt als etwa mit Biontech Geimpfte.

Warum schwindet der Booster-Schutz?

In der Diskussion um die weitere Impfstrategie scheint klar: Auch
nach der Auffrischungs-Impfung wird der Schutz vor Infektionen mit
der Zeit wieder nachlassen. «Die vielen Antikörper, die man nach dem
Booster hat, gehen mit der Zeit wieder verloren. Das hat den
Hintergrund, dass das Immunsystem auf die Impfung reagiert wie auf
eine Infektion und erst einmal viele Antikörper produziert», erklärt

Watzl. Irgendwann würden diese aber nicht mehr gebraucht, so dass die
Zahl sich deutlich reduziere. Damit steige dann auch wieder das
Risiko, sich zu infizieren.

Wird der Booster-Booster nötig?

Immunologe Watzl zufolge braucht es derzeit noch engmaschigen
Impfschutz, weil es das wichtigste Ziel sei, die Virusverbreitung
einzudämmen. Schließlich seien noch nicht alle ausreichend vor
schweren Verläufen geschützt, «weil wir noch diese Impflücke haben
».
Mit Blick in die Zukunft sei aber der Schutz vor schweren Verläufen
das primäre Ziel - und der lasse viel langsamer nach. Bei Menschen
aus Risikogruppen könnten dann zwar regelmäßige Booster sinnvoll
bleiben. Bei jüngeren und gesunden Menschen sei künftig aber
vorstellbar, dass keine regelmäßige Auffrischungsimpfung mehr nötig
sei, solange sich das Virus nicht gravierend verändere.

Israelische Daten zur vierten Impfung hatten kürzlich gezeigt, dass
sie zwar einen erneuten Anstieg der Antikörper bringt. Der sei zwar
«gut, aber nicht ausreichend», hatte Studienleiterin Gili Regev zu
den vorläufigen Ergebnissen gesagt. Man sei kurz nach der vierten
Impfung wieder auf demselben Antikörper-Stand wie kurz nach der
dritten - und es könne nicht das Ziel sein, sich etwa alle vier
Monate erneut gegen das Coronavirus impfen zu lassen. Für gefährdete
Gruppen wie Senioren sei die vierte Dosis vorerst der richtige Weg -
für die übrige Bevölkerung sei das fraglich.