Tausende bei Demonstrationen gegen Corona-Politik

Demonstrationen gegen die Corona-Politik haben weiter Zulauf. Aber
auch Gegner der «Querdenker» formieren sich. Gesundheitsminister
Lauterbach hat eine klare Meinung zu Corona-Leugnern.

Berlin (dpa) - Mehrere Tausend Impfgegner und Zweifler von
Corona-Maßnahmen sind wieder in Deutschland auf die Straßen gegangen.
Eine der größten Veranstaltungen gab es am Samstagnachmittag in
Hamburg, wo die Polizei am Abend von etwa 13 700 Teilnehmern sprach.
Zuvor hatte die Polizei von 16 000 Teilnehmern gesprochen. Zu der
Demo unter dem Motto «Das Maß ist voll. Hände weg von unseren
Kindern» waren ursprünglich rund 11 000 Teilnehmer erwartet worden.
Auch in zahlreichen anderen Städten waren es jeweils mehrere Tausende
Demonstranten.

In Hamburg forderte der Veranstalter die Teilnehmer über Lautsprecher
auf, die Masken- und Abstandspflicht einzuhalten. Dennoch waren viele
Menschen ohne Masken und Abstand unterwegs. Ein Demoteilnehmer habe
einen Davidstern mit der Aufschrift «ungeimpft» an der Kleidung
getragen, twitterte die Polizei. Es sei ein Ermittlungsverfahren
wegen Verdachts der Volksverhetzung eingeleitet worden.

In Frankfurt am Main demonstrierten nach Polizeiangaben bis zu 8000
Menschen bei einer angemeldeten Veranstaltung gegen Corona-Maßnahmen.
In Düsseldorf waren es laut Polizei mehrere Tausend, die Veranstalter
sprachen von rund 4000. In Freiburg versammelten sich zu einem
angemeldeten Protest nach Polizeiangaben bis zu 6000 Menschen, in
Magdeburg rund 5000. Knapp 2000 waren es im hessischen Wetzlar und
rund 1250 in Trier. In Schwerin versammelten sich nach Polizeiangaben
rund 1600 Gegner von Corona-Maßnahmen, in Regensburg etwa 2700 und in
Ansbach (beide Bayern) rund 2000 Demonstranten.

In Berlin demonstrierten Menschen bei einem Auto- und Fahrradkorso,
die Polizei zählte mehr als 70 Autos, 100 Räder und insgesamt etwa
200 Teilnehmer. In Schwerin versammelten sich nach Polizeiangaben
rund 1600 Gegner von Corona-Maßnahmen, in Regensburg etwa 2700 und in
Ansbach 2000 Demonstranten.

In Minden (Nordrhein-Westfalen) gingen aber auch rund 2500 Menschen
auf die Straße, um gegen «Querdenker» zu demonstrieren. Sie brachten

ihren Unmut über Corona-Leugner, Impf-Skeptiker und Rechtsradikale
zum Ausdruck. «Ja zu Meinungsfreiheit und Miteinander - entschieden
nein zu Hass, Drohungen und Gewalt», hieß es etwa auf einem Plakat.
In Erfurt versammelten sich nach Angaben von Veranstaltern und
Polizei bis zu 1000 Menschen, um für Demokratie und Rücksichtnahme in
der Pandemie zu demonstrieren.

In Dresden erinnern seit Samstag Kerzen vor der Frauenkirche an die
Pandemie-Opfer der sächsischen Landeshauptstadt. Die Aktion der
privaten Initiative «Haltung zeigen» für ein solidarisches
Miteinander hatte schon im Vorfeld breite Unterstützung gefunden. Bis
Samstag hatten mehr als 9500 Menschen den Aufruf «Haltung zeigen»
unterzeichnet. Auch die Dresdner Stadtspitze rief zur Beteiligung
auf. In einer Erklärung von Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) und
seiner Beigeordneten hieß es, Verordnungen und Regeln zu hinterfragen
und seine Meinung frei zu äußern, sei ein wichtiger Bestandteil der
Demokratie. Hass, Hetze, Gewalt und Verschwörungstheorien seien aber
als Mittel der gesellschaftlichen Auseinandersetzung nicht zu
akzeptieren.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sagte der «Welt am
Sonntag», die Debatte der Impfgegner und Corona-Leugner habe jedes
Maß und Ziel verloren. «Eine kleine Gruppe ist bereit, alle
wissenschaftlichen Erkenntnisse vom Tisch zu wischen und sich
freiwillig in einer Blase von Scheinwahrheiten zu begeben», sagte der
SPD-Politiker. Das sei eine neue und beängstigende Entwicklung in der
deutschen Nachkriegsgeschichte.

Der designierte CDU-Vorsitzende Friedrich Merz schrieb in einem am
Samstag veröffentlichten Beitrag für «Focus Online»: «Unter den

Demonstranten sind nicht nur notorische Gewalttäter, sondern immer
mehr Bürger, die bisher ein ganz normales Leben geführt haben, und
die sich von Verschwörungstheorien, Angstszenarien und zweifelhaften
«Experten» in Sachen Gesundheit und Corona zu Hass- und
Gewaltexzessen hinreißen lassen.» Das sei noch keine gespaltene
Gesellschaft, «mit diesem Attribut würde man diese radikale
Minderheit, und es ist eine sehr kleine Minderheit, unnötig
aufwerten». Aber der Grundkonsens der Gesellschaft werde schmaler,
das Meinungsspektrum werde größer und die politische Mitte diffus.