Kampf gegen Omikron: Lauterbach verteidigt allgemeine Impfpflicht fest

Mehr 2G plus und kürzere Quarantäne: Im Kampf gegen die
Corona-Pandemie haben Bund und Länder sich auf neue Maßnahmen
verständigt. Noch ist unklar, wann sie in Kraft treten. Eine
allgemeine Impfpflicht rückt wieder in den Fokus.

Berlin (dpa) - Im Kampf gegen die Corona-Pandemie hat
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die geplante
Einführung einer allgemeinen Impfpflicht deutlich verteidigt. Trotz
milderer Verläufe durch die neue Virusvariante Omikron sei eine
Impfpflicht gerade mit Blick auf eine noch hohe Zahl an Ungeimpften
wichtig, sagte Lauterbach der «Welt am Sonntag». «Man muss
akzeptieren, dass man selbst mit der Pflicht niemals alle Menschen
erreichen wird. Aber ich bin davon überzeugt, dass es eine große
Gruppe von Ungeimpften gibt, die wir durch die Impfpflicht zu einer
Impfung bewegen können», sagte der SPD-Politiker.

Am Vortag hatten auch Bund und Länder nach ihrer Corona-Schalte den
Willen zur Einführung einer allgemeinen Impfpflicht signalisiert.
«Alle 16 Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder haben
sich dazu bekannt, dass sie für eine allgemeine Impfpflicht sind»,
hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach der
Ministerpräsidentenkonferenz am Nachmittag in Berlin gesagt.

Scholz und die Regierungschefs der Länder hatten nach ihren
Beratungen am Freitag auch neue Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung
beschlossen - unter anderem eine flächendeckende 2G plus-Regelung in
der Gastronomie und geänderte Quarantänebestimmungen.

Kritik gab es unter anderem vom Hotel- und Gaststättenverband Dehoga.
Ein flächendeckender Zugang zur Gastronomie nur für Geboosterte und
doppelt Geimpfte mit tagesaktuellem Test sei «für viele Betriebe ein
Desaster», sagte Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges dem
Nachrichtenportal «watson».

Bedenken gegenüber kürzeren Quarantäne-Zeiten äußerte der
Ärzteverband Marburger Bund. Die Befreiung von der Quarantäne für
frisch geimpfte oder genesene Kontaktpersonen sei «medizinisch
fragwürdig», sagte die Verbandsvorsitzende Susanne Johna der «Neuen
Osnabrücker Zeitung» (Samstag). Lob äußerte dagegen
Landkreistagspräsident Reinhard Sager, der die kürzeren Quarantäne-
und Isolationszeiten als sinnvoll bezeichnete.

Unklar bleibt weiterhin, wann genau die Maßnahmen in Kraft treten.
Die Umsetzung liege nun in der Verantwortung der Länder, heißt es auf
dpa-Anfrage dazu aus dem Bundesgesundheitsministerium. Diese würden
über Kabinettsbeschlüsse oder Entscheidungen der Landesparlamente die
Maßnahmen in Kraft setzen. Laut Bund-Länder-Beschluss soll dies
zeitnah geschehen.

Unterdessen steigen die Infektionszahlen weiter. Das Robert
Koch-Institut (RKI) meldete am Samstagmorgen einen starken Anstieg
der Zahl der binnen 24 Stunden übermittelten Neuinfektionen im
Vergleich zur Vorwoche. Der Wert wurde mit 55 889 angegeben, in der
Woche davor waren es 26 392 erfasste Neuinfektionen. Die
Sieben-Tage-Inzidenz gab das RKI mit 335,9 an. Zum Vergleich: Am
Vortag hatte der Wert noch bei 303,4 gelegen. Der Wochenvergleich ist
allerdings nur bedingt aussagekräftig wegen einer Untererfassung der
Neuinfektionen über den Jahreswechsel und wegen der Ferien.

Gesundheitsminister Lauterbach warnte angesichts der rasanten
Ausbreitung von Omikron vor einer Durchseuchung der Bevölkerung und
unterstrich die Bedeutung einer hohen Impfquote im Kampf gegen die
Pandemie. Eine Impfpflicht sei «auch für weitere Varianten wichtig,
die sich noch entwickeln können», sagte Lauterbach der «Welt am
Sonntag». Nach eigenen Angaben arbeitet der SPD-Politiker derzeit
«als Abgeordneter» an einem Vorschlag für eine allgemeine Impfpflicht

für Über-18-Jährige.

FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann regte dagegen eine
altersbezogene Regelung wie in Italien an, wo am Samstag eine
Impfpflicht für über 50-Jährige in Kraft trat. Vorschläge
zur Erhöhung der Impfquote in der älteren und vulnerablen
Bevölkerungsgruppe sollten «ohne Scheuklappen» diskutiert werden,
erklärte Ullmann am Samstag. Wichtig sei auf jeden Fall eine
professionelle und persönliche Impfaufklärung, die «mitunter
verpflichtend stattfinden» könnte. «Eine Impfpflicht, wie Italien sie

eingeführt hat, halte ich auch für möglich. Sie wäre aus meiner Sic
ht
verhältnismäßig, wenn das Funktionieren unseres Gesundheitswesens
gefährdet ist», betonte Ullmann.

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) mahnte an, die Debatte über
die Impfpflicht möglichst zeitnah im Bundestag zu führen. «Das
Parlament muss sich gründlich mit dem komplexen und kontroversen
Thema Impfpflicht befassen», sagte Bas der «Rheinischen Post». «Ich

würde es daher sehr begrüßen, wenn sich die Fraktionen im Bundestag
auf eine Orientierungsdebatte zur Impfpflicht noch im Januar 2022
verständigen könnten.»