Lob und Kritik für die Corona-Beschlüsse von Bund und Ländern
Die Bund-Länder-Runde hat die Corona-Regeln in der Gastronomie
verschärft, die Quarantänevorschriften gelockert - das sorgt für Lob
und Kritik. Dabei sind noch etliche Fragen offen. Währenddessen
kündigen sich für das Wochenende in ganz Deutschland Proteste an.
Berlin (dpa) - Die Beschlüsse von Bund und Ländern zur Eindämmung der
Corona-Pandemie stoßen auf ein geteiltes Echo. Die Befreiung von der
Quarantäne für frisch geimpfte oder genesene Kontaktpersonen sei
«medizinisch fragwürdig», sagte die Vorsitzende des Marburger Bundes,
Susanne Johna, der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Samstag). Eine von
der Delta-Variante genesene Person sei nicht gegen die
Omikron-Variante immun. «Deswegen muss bei engem Kontakt im
häuslichen Umfeld auch für frisch Geimpfte und Genesene eine
Quarantäne gelten», forderte Johna.
Für Corona-Infizierte und Kontaktpersonen soll es künftig einfachere
Isolations- und Quarantäneregeln geben. Demnach werden
Kontaktpersonen künftig von der Quarantäne befreit, wenn sie eine
Auffrischungsimpfung haben, also geboostert sind. Die neue Ausnahme
von der Quarantäne gilt auch für frisch doppelt Geimpfte und frisch
Genesene - für Kontaktpersonen also, deren Erkrankung oder Impfung
weniger als drei Monate zurückliegt.
Lob kam hingegen aus den Kommunen. Die Verkürzung der Quarantäne- und
Isolationszeiten sei sinnvoll, sagte Landkreistagspräsident Reinhard
Sager der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Samstag). Damit werde ein
guter Ausgleich zwischen der Eindämmung des Virus und der Sicherung
wichtiger Infrastrurkturbereiche geschaffen. Auch der Deutsche
Städte- und Gemeindebund bewertete die Beschlüsse grundsätzlich
positiv, vermisste jedoch Perspektiven. «Leider haben Bund und Länder
die Chance nicht genutzt, den Menschen - wenn auch unter Vorbehalt -
klare Zukunftsperspektiven aufzuzeigen», sagte der
Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der «Rheinischen Post» (Samstag
).
Der Verzicht auf eine Quarantäne für Kontaktpersonen mit
Auffrischungsimpfung ist nicht unumstritten. Epidemiologe Hajo Zeeb
hatte der Deutschen Presse-Agentur im Vorfeld der
Bund-Länder-Beschlüsse gesagt, frisch geboosterte Menschen hätten
zwar einen gewissen Schutz vor der Omikron-Infektion, der in jedem
Fall besser sei als bei zweifach Geimpften. Der Experte vom
Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen
gab aber zu bedenken: «Gänzlich auf Quarantäne bei engen Kontakten,
die schon geboostert sind, zu verzichten, birgt sicherlich ein
gewisses Risiko einer Aufrechterhaltung von Übertragungsketten.» Zwar
sei die Gefahr schwerer Verläufe bei Geboosterten und auch doppelt
Geimpften bekanntlich gering. Dennoch seien aus seiner Sicht fünf
Tage Mindestquarantäne auch für Geboosterte sicherer.
Der Patientenschützer Eugen Brysch sieht bei den Beschlüssen zur
Quarantäne eine riskante Regelungslücke. Es sei richtig, dass
infizierte Beschäftigte in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern nur
mit negativem PCR-Test vorzeitig aus der Isolation entlassen werden
dürften. «Jedoch ist unverantwortlich, dass die 360 000 Mitarbeiter
der ambulanten Pflegedienste bei dieser Regelung außen vor gelassen
wurden», sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz
den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstag). «Damit sind eine
Million Pflegebedürftige daheim einer großen Gefahr ausgesetzt.»
Unklar ist derzeit noch, ab wann die neuen Regeln zu Quarantäne und
Isolation gelten sollen. Die dafür erforderlichen Änderungen
rechtlicher Regelungen würden Bund und Länder «zeitnah» vornehmen,
heißt es im Beschluss. «Aus meiner Sicht wäre es notwendig, dazu
schnellstmöglich Sondersitzungen von Bundesrat und Bundestag zu
machen», sagte die Finanzministerin von Schleswig-Holstein, Monika
Heinold, der Deutschen Presse-Agentur. Der Bundesrat tagt Freitag
kommende Woche.
Bei den schärferen Regeln für die Gastronomie schlagen nicht alle
Bundesländer den gleichen Weg ein. Beschlossen wurde bei der
Konferenz eine 2G-plus-Regelung für Restaurants, Cafés oder Kneipen.
Das bedeutet, dass nur noch Geboosterte oder doppelt Geimpfte mit
tagesaktuellem Test Zugang erhalten sollen. In einer ganzen Reihe von
Bundesländern gilt dies bereits. Sachsen-Anhalt hat aber bereits
angekündigt, diese Regelung nicht umzusetzen, Bayern will die Pläne
noch prüfen.
Aus der Branche kam teilweise scharfe Kritik: «Die Politik sieht uns
mit 2G Plus als Teil der Lösung, um die Boosterkampagne zu
beschleunigen. Gleichzeitig werden wir als Problembereich bezeichnet,
das ist inakzeptabel», sagte die Geschäftsführerin des Deutschen
Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga), Ingrid Hartges, der «Bild».
Sie erwarte mehr Wertschätzung und Respekt für die Branche. Die
Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) begrüßte die
schärferen Corona-Regeln für die Gastronomie, forderte aber ein
Mindestkurzarbeitergeld von 1200 Euro im Monat für die Beschäftigten.
Für das Wochenende sind in verschiedenen Städten Deutschlands wieder
Proteste gegen die Corona-Maßnahmen geplant. In Düsseldorf kündigten
Gegner der Impfpflicht einen Zug mit mehreren Tausend Menschen durch
die Stadt an. In Hamburg werden 11 000 Demonstranten erwartet, auch
in Frankfurt und Freiburg soll es große Proteste geben.
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