Wappnen für Omikron: 2G plus im Restaurant und kürzere Quarantäne Von Sascha Meyer und Theresa Münch, dpa

Spontan ins Café oder die Kneipe, das wird für viele bald nicht mehr
möglich sein: Künftig muss man Test oder Booster-Impfung vorweisen.
Das ist nicht die einzige Neuerung im Kampf gegen die Omikron-Welle.
Doch einzelne Länder scheren aus.

Berlin (dpa) - Bund und Länder rüsten sich für die anrollende
Omikron-Welle mit möglicherweise explodierenden Corona-Zahlen.
Zugangsregeln für Restaurants, Cafés und Kneipen werden verschärft.
Die Quarantäne für Kontaktpersonen und die Isolierung für Infizierte

werden verkürzt, damit wichtige Infrastrukturen bei einer rasanten
Ausbreitung der Omikron-Variante nicht zusammenbrechen.

Man erwarte deutlich steigende Infektionszahlen, sagte Bundeskanzler
Olaf Scholz (SPD) nach der Beratung mit den Regierungschefs der
Länder am Freitag. «Und deswegen können wir auch keine Entwarnung f
ür
unser Gesundheitssystem aussprechen.» Trotzdem scheren die ersten
Länder bereits aus und erklärten, Teile des Beschlusses nicht
umzusetzen.

Auf dem Podium demonstrierten Kanzler und Ministerpräsidenten
Einigkeit. Mit Kontaktbeschränkungen und der Impf- und
Boosterkampagne würden Bund und Länder weiter «einen gemeinsamen Weg
»
beschreiten, «diese Krise zu bewältigen», sagte Scholz.

NRW-Regierungschef Hendrik Wüst (CDU) und Berlins Regierende
Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) erklärten zwar, nicht in allen
Fragen einer Meinung zu sein. So wollen die CDU-Länder weiter, dass
die sogenannte epidemische Lage nationaler Tragweite wieder
eingeführt wird. Giffey betonte jedoch: «Ich finde, wir sollten jetzt
nicht eine Spaltung herbeireden, die so einfach nicht da ist. Sondern
es gibt eine konstruktive Zusammenarbeit und das Abwägen und
Diskutieren über den besten Weg.»

Sachsen-Anhalt allerdings erklärte direkt, die schärferen
Zugangsregeln für Restaurants und Cafés nicht mitzumachen. Anders als
in anderen Bundesländern gebe es hier fast nur die Delta-Variante des
Coronavirus, deshalb seien neue Maßnahmen zunächst nicht nötig, sagte

Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) in Magdeburg. Auch Bayerns
Ministerpräsident Markus Söder machte klar, man wolle erst einmal
prüfen, ob eine Verschärfung in Bayern tatsächlich nötig sei.

Scholz betonte, man habe sich bemüht, die Regeln möglichst
überschaubar zu gestalten, «damit man sie gut verstehen kann».
Folgende Beschlüsse wurden getroffen:

2G plus in Restaurants und Cafés: Unabhängig von den Infektionszahlen
soll künftig überall auch in der Gastronomie eine 2G-plus-Regel
gelten. Geimpfte und Genesene müssen dann zusätzlich einen
tagesaktuellen negativen Corona-Test oder eine Auffrischungsimpfung
vorweisen. Die dafür meist nötige dritte Spritze haben inzwischen
mindestens 34,6 Millionen Menschen - den für 2G nötigen vollen
Grundschutz mit zwei Spritzen mindestens 59,6 Millionen. Bundesweit
seit längerem vereinbart sind bereits 2G-Zugangsregeln ohne Test für
Gaststätten, Kinos, Theater und viele Geschäfte.

In einer Reihe von Bundesländern gelten entsprechende 2G-plus-Regeln
schon heute, etwa in Baden-Württemberg, Niedersachsen,
Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und in Hessen
zumindest in Corona-Hotspots.

Grund für die strengere Regel in der Gastronomie sei, dass man beim
Essen und Trinken keine Maske tragen könne, sagte Scholz. «Das ist
eine strenge Regelung, aber es ist eine notwendige, die dazu
beiträgt, dass wir besser vorankommen und dass wir die Infektionen
besser kontrollieren können, als das jetzt der Fall ist.» Ein
negativer Antigen-Schnelltest bietet aus seiner Sicht ausreichend
Sicherheit.

Giffey erhofft sich von den neuen Auflagen noch mehr Schwung für die
Impf-Kampagne. «Das ist ein zusätzlicher Anreiz für das Boostern, das

ist ein gewünschter Anreiz, den wir auch wollen», sagte sie. Menschen
mit Boosterimpfung hätten in der Pandemie mehr Schutz und mit
milderen Krankheitsverläufen zu rechnen, wenn sie sich doch mit
Corona infizierten.

Quarantäne und Isolation verkürzt: Es wird erwartet, dass die
Omikron-Variante zu hohen Infektionszahlen führt und viele auch als
Kontaktpersonen in Quarantäne müssen. Damit das öffentliche Leben
nicht zusammenbricht, sollen die Quarantäne und die Isolierung
Infizierter verkürzt werden. Ab wann dies genau gelten soll, ist
allerdings unklar. Die dafür erforderlichen Änderungen rechtlicher
Regelungen würden Bund und Länder «zeitnah» vornehmen, heißt es i
m
Beschluss.

Nach der Änderung müssen Kontaktpersonen gar nicht mehr in
Quarantäne, wenn sie eine Auffrischungsimpfung haben, frisch doppelt
geimpft sind, geimpft und genesen oder frisch genesen sind. Als
«frisch» gilt ein Zeitraum von bis zu drei Monaten. Für alle Übrige
n
sollen Isolation oder Quarantäne in der Regel nach zehn Tagen enden.
Nach sieben Tagen kann man sich zudem mit PCR- oder Antigentest
freitesten lassen. Bisher gilt für Kontaktpersonen einer mit Omikron
infizierten Person eine strikte Quarantäne von 14 Tagen, freitesten
ist nicht möglich. Häufig erfährt man allerdings gar nicht oder spä
t,
welche Virusvariante man hat.

Kontaktbeschränkungen: Die seit kurz vor Weihnachten geltenden
Beschränkungen sind weiter in Kraft. Seitdem dürfen sich auch
Geimpfte und Genesene nicht mehr unbegrenzt treffen, sondern maximal
zu zehnt, Kinder nicht mitgezählt. Für Treffen, an denen auch nur ein
Ungeimpfter oder nicht Genesener beteiligt ist, gilt schon länger: Es
dürfen nur Leute des eigenen und maximal zwei Personen eines anderen
Haushalts dabei sein, Kinder nicht mitgezählt.

Impfpflicht: Einstimmig bekräftigten die Länder und Scholz, dass sie
eine allgemeine Impfpflicht für nötig halten. Die Länder erwarten,
dass Bundestag oder Bundesregierung schnell einen Fahrplan dafür
vorlegen. Wüst wies darauf hin, Scholz habe die Impfpflicht bereits
für Februar avisiert, jetzt dürfe nicht parteipolitisch taktiert
werden. Scholz verwies auf die Zuständigkeit des Bundestags, betonte
aber noch einmal, er selbst würde für eine Impfpflicht stimmen. Er
fühle sich vom Votum der Länder «da maximal unterstützt». 

Scholz warb zudem erneut fürs Impfen und Boostern. «Wer eine
Möglichkeit hat, sich impfen zu lassen, sollte da nicht hingehen,
sondern eher hinrennen», betonte er. Zudem bekräftige der Kanzler
«das ehrgeizige Ziel» von weiteren 30 Millionen Impfungen bis Ende
Januar.

Wie schlimm die Omikron-Welle Deutschland treffen werde, lasse sich
nur schwer voraussagen, sagte Scholz. Er rechne damit, dass es zu
höheren Infektionszahlen komme - und auch «zu solchen, die zu groß
sind». Doch diese Rechnung habe viele Variable, vom Boostern und
Impfen bis hin zur Wirkung der Kontaktbeschränkungen.

Erstmals seit gut zweieinhalb Wochen stieg die Sieben-Tage-Inzidenz
zuletzt wieder über die Marke von 300. Das Robert Koch-Institut (RKI)
gab die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in
sieben Tagen am Freitag mit 303,4 an. Er war zuletzt stetig
gestiegen, wobei das RKI von einer Untererfassung der Neuinfektionen
wegen weniger Tests und Meldungen im Zuge der Feiertage und der
Ferien ausging. Der Anteil der ansteckenderen Virusvariante Omikron
nimmt schnell zu.