Teure Passkontrolle: Unis prüfen Impfstatus streng vor den Hörsälen Von Martin Oversohl, dpa

Passkontrolle vor dem Hörsaal: Für viele Studierende wird nach den
Ferien der Griff zum Uni-Ausweis wieder Teil des Studien-Alltags.
Denn Unis müssen laut Corona-Verordnung Impfausweise kontrollieren.
Die meisten haben ein eigenes System, aber das kostet auch viel Geld.

Stuttgart (dpa/lsw) - Der junge Mann wirft einen kurzen Blick nach
rechts auf den hüfthohen Impfscanner, der vor dem Eingang zum Hörsaal
steht. Dann widmet er sich wieder seinem Handy, bis sich der nächste
Student mit Uni-Ausweis und integriertem Impfnachweis für die
Vorlesung eincheckt. «Das läuft bei uns, das ist kein Thema mehr»,
sagt er zwischen dem einen und dem nächsten Studenten. «Es kommt auch
niemand, der nicht geimpft ist».

Nicht nur an der Uni Karlsruhe hat sich das von der Corona-Verordnung
vorgeschriebene System der Vollkontrollen etabliert. Auch in
Stuttgart, Mannheim und Tübingen ist bereits vor der Winterpause vor
Räumen und Hörsälen geprüft und gescannt worden. Die Methoden ähn
eln
sich, aber jede Hochschule hat auch ihren eigenen Weg gefunden, die
Vorgaben des Landes umzusetzen.

Allerdings sind die Corona-Kontrollen nicht umsonst. Deshalb will die
Landesregierung den Hochschulen im Südwesten erneut mit einer
Finanzierung in Millionenhöhe aushelfen. «Wir sehen jetzt, dass trotz
der hohen Impfquote viel personeller Aufwand zu betreiben ist, zum
Teil mit Firmen, die von außen engagiert werden, zum Teil auch mit
studentischen Aushilfskräften, die die Hochschulen einstellen», sagte
Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) der Deutschen
Presse-Agentur.

Das Land habe zu Beginn des Wintersemesters nicht mit solchen
Kontrollen rechnen können. «Jetzt sieht das angesichts der Wucht der
vierten Welle leider anders aus und die Hochschulen tragen dem
Rechnung.» Derzeit werde dort der zusätzliche Bedarf für diese
sogenannten Vollkontrollen berechnet. Das Geld will das Land aus der
Risikorücklage ziehen.

Die nach einem Gerichtsurteil angepasste Corona-Verordnung wirkt sich
allerdings zunächst nicht weiter auf den Pandemie-Alltag in den
Hörsälen aus. «Im Hinblick auf 2G in Lehrveranstaltungen wird sich an

der Universität nicht viel ändern», sagte Karl Rijkhoek, Sprecher der

Tübinger Eberhard Karls Universität. «Studierende, die nicht
immunisiert sind, dürfen weiterhin nicht teilnehmen.» Natürlich werde

versucht, Alternativen für Studierende zu finden, die nicht geimpft
sind oder sich in Quarantäne befinden, die Probleme mit der Betreuung
ihrer Kinder haben oder wegen schwerer Vorerkrankungen
Menschenansammlungen meiden müssten.

An der Universität Mannheim können Studierende mit einem
«Hörsaal-Pass» an der Präsenzlehre teilnehmen oder an freien
Lernplätzen arbeiten. Im «Hörsaalpass-Zentrum» werden diese Nachwei
se
auf ihre Gültigkeit geprüft, wie Uni-Sprecherin Maartje Koschorreck
sagt. Kontrolliert werden die Pässe schließlich über ein Portal, in
dem sich die Studierenden einchecken. Es zeigt den Lehrenden zu
Beginn einer Veranstaltung an, ob alle Anwesenden einen solchen Pass
besitzen. Bislang mit Erfolg: «Bei den Kontrollen hatten im Schnitt
etwa 3 von 1000 Studierenden keinen Nachweis dabei», sagt Koschorrek.
«Er war in der Regel zu Hause vergessen worden und konnte kurzfristig
im Hörsaalpass-Zentrum ausgestellt werden.»

Auf ein ähnliches System baut die Universität Hohenheim in Stuttgart
mit dem «Hohenheimer Health Pass», einer laminierten Papierkarte mit
Namen, Gültigkeitsdauer und Martikelnummer. Sie muss vor den
Lehrveranstaltungen bei den Hygienehelferinnen und -helfern
vorgezeigt werden, sagt Corinna Schmid von der Pressestelle der Uni.
Ihren Impf- oder auch Genesenen-Nachweis müssen Studierende nur beim
Ausstellen des Passes vorzeigen. «Das spart Zeit bei den
Einlasskontrollen», sagt Schmid. Studentische Aushilfen kontrollieren
pro Woche bei mindestens fünf Prozent aller Studierenden und
Lehrenden von Präsenzveranstaltungen stichprobenartig die Pässe. Die
Uni geht von beträchtlichen Personalkosten für die Aushilfen und
hohen Sachkosten aus.

Einen anderen Weg geht die Tübinger Universität. «Die Kontrollen
finden teils analog, also durch Inaugenscheinnahme von Impf- oder,
Genesenennachweisen, teils digital durch das Abscannen von
entsprechenden QR-Codes statt», erklärt Sprecher Rijkhoek. «Dies
bleibt den Lehrenden überlassen.» Es gebe keine einheitliche
Regelung, ob im Hörsaal oder vor dem Hörsaal kontrolliert werde.

Das System sei nicht zuletzt wegen einer Impfquote von 95 Prozent bei
den Studierenden zwar sicher, sagt Rijkhoek, der die Stabsstelle
Hochschulkommunikation der Eberhard Karls Universität leitet.
Allerdings bröckele der Präsenzanteil in vielen Fächern allmählich.

Es werde zunehmend auf die Online-Lehre ausgewichen, weil die
Herausforderungen bei der Organisation der Vollkontrolle zu stark und
die Infektionszahlen in der Gesellschaft zu hoch seien.