Australiens Regierung weist Kritik im Fall Djokovic zurück

«Er kann jederzeit gehen, und der Grenzschutz wäre dabei behilflich»

- die Vorwürfe aus dem Lager von Novak Djokovic will Australiens
Innenministerin nicht gelten lassen. Doch warum genau wurde dem
Tennisstar die Einreise verweigert? Eine Antwort zeichnet sich ab.

Melbourne (dpa) - Australiens Behörden haben Vorwürfe der Familie von
Novak Djokovic zurückgewiesen, sie würden den Tennis-Star seit dessen
Ankunft in Melbourne wie einen Gefangenen festhalten. «Herr Djokovic
wird nicht in Australien gefangen gehalten, er kann jederzeit gehen,
und der Grenzschutz wäre dabei behilflich», sagte Innenministerin
Karen Andrews dem Sender ABC News am Freitag. Zugleich bestätigte sie
zwei weitere Problemfälle im Zusammenhang mit den Australian Open,
die nun vom Grenzschutz geprüft würden.

Andrews verteidigte das Vorgehen der Behörden und sagte dem TV-Kanal
Seven Network, Djokovic habe es versäumt, die richtigen Informationen
für seine Einreise nach Australien bereitzustellen: «Sie werden von
jedem verlangt, der in das Land einreist. Wenn diese Informationen
nicht bereitgestellt werden können, sind die Einreisebestimmungen für
Australien nicht erfüllt.» Bei den weiteren Ermittlungen gehe es um
zwei Personen, die ebenfalls wegen der am 17. Januar beginnenden
Australian Open angereist seien. Namen nannte sie nicht.

Eigentlich gilt in Australien die Regel, dass nur Reisende mit
Impfschutz gegen das Coronavirus ins Land gelassen werden. Laut
Turnierboss Craig Tiley hatten anlässlich der Australian Open 26
Profis oder Betreuer eine Ausnahmegenehmigung beantragt. Bei einer
«Handvoll» von Fällen habe das auch geklappt. Titelverteidiger
Djokovic ist als einziger namentlich bekannt und steht seit Tagen in
der Kritik - zumal der 34-Jährige bislang nicht offengelegt hat, mit
welcher Begründung ihm die umstrittene Genehmigung erteilt wurde.

Der Mitte 2020 von einer Corona-Infektion genesene Serbe hat sich
gegen eine Impfpflicht ausgesprochen und um seinen Impfstatus stets
ein Geheimnis gemacht. Als er am späten Mittwochabend (Ortszeit) in
Melbourne landete, sah der Grenzschutz die Einreiseregeln in seinem
Fall als nicht erfüllt an - so dass der Weltranglisten-Erste zwei
Nächte in einem Hotel für Ausreisepflichtige verbringen musste, in
dem auch abgelehnte Asylbewerber untergebracht sind. Djokovic hat
dagegen geklagt. Ein Gericht in Melbourne will am Montag eine
Entscheidung fällen.

In Australien hatte der Eindruck einer Vorzugsbehandlung für den
neunfachen Australian-Open-Sieger Wut und Empörung ausgelöst - zumal
selbst zahlreiche Bürger des Landes während der Pandemie lange nicht
in ihre Heimat reisen konnten, weil sich Australien zum Schutz vor
einer Einschleppung des Coronavirus abgeschottet hatte.

Im Lager des Sportlers wird dessen Fall wenig überraschend anders
wahrgenommen. Djokovic befinde sich in Australien «im Gefängnis»,
wetterte sein Vater Srdjan am Donnerstag in einer Pressekonferenz in
Belgrad, in der er seinen Sohn zum «Freiheitskämpfer» stilisierte.
Auch Serbiens Staatspräsident Aleksandar Vucic empörte sich über «d
ie
Schikanierung des besten Tennisspielers der Welt», Regierungschefin
Ana Brnabic unterstellte den australischen Behörden politische Motive
für deren Umgang mit Djokovic. Das serbische Außenministerium bat
wegen des «unangemessenen und unmenschlichen Umgangs» mit Djokovic
gar den australischen Botschafter in Belgrad zum Gespräch.

Wie genau Djokovic seine medizinische Ausnahmegenehmigung erhielt und
woran seine freie Einreise letztlich konkret scheiterte, ist noch
immer nicht bekannt. Klar ist: Bei den Australian Open ist die
Impfung erstmals bei einer Top-Veranstaltung für Tennisprofis
Pflicht. Australischen Medien zufolge scheint das Problem wohl darin
zu liegen, dass die Turnierleitung und der Bundesstaat Victoria,
dessen Hauptstadt Melbourne ist, für Djokovic zwar eine Ausnahme zur
Teilnahme an den Australian Open gewährten - diese aber nicht per se
zum vorherigen Betreten des Landes berechtigt.

Dem Vernehmen nach habe Djokovic die Ausnahmegenehmigung zur
Teilnahme an dem Grand-Slam-Turnier auf Basis seiner überstandenen
Corona-Infektion erwirkt, berichtete die australische
Nachrichtenagentur AAP. Aus Sicht der australischen Regierung und des
Grenzschutzes seien die Kriterien zur Einreise nach Australien damit
aber nicht erfüllt - eine Impfung bleibe Pflicht. Deshalb sei wohl
auch das Visum des Sportlers nach dessen Überprüfung durch die
Behörden am Flughafen storniert worden.

Innenministerin Andrews sagte dazu bloß: «Es wird viel über das Visum

gesprochen. Das Visum ist nach meinem Verständnis aber gar nicht das
Problem - es sind die Einreisevoraussetzungen.»