Omikron-Welle: Bund und Länder beraten über nächste Schritte

Rund zwei Wochen sind erst vergangen seit dem letzten
Corona-Krisengipfel von Bund und Ländern. Nun wollen Bundeskanzler
Olaf Scholz und die Ministerpräsidenten erneut beraten, wie es im
Umgang mit der Omikron-Welle weitergehen soll.

Berlin (dpa) - Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die
Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder kommen an diesem
Freitag erneut zu einer Videokonferenz zusammen, um über das weitere
Vorgehen in der Corona-Krise zu beraten. Wegen des befürchteten
steilen Anstiegs der Infektionszahlen durch die Omikron-Variante
hatten Bund und Länder bereits vor etwas mehr als zwei Wochen
verschärfte Kontaktbeschränkungen und weitere Maßnahmen beschlossen.

Im Fokus steht nun unter anderem eine Neuregelung der
Quarantäne-Vorgaben.

Die Lage

Der Expertenrat der Bundesregierung mit Virologen, Immunologen,
Kinder- und Jugendmedizinern, Ethikern und Bildungsforschern hat am
Donnerstag seine aktuelle Stellungnahme vorgelegt. Sie dürfte bei den
Beratungen eine wichtige Rolle spielen. Das Gremium schätzt die
Situation aktuell so ein: Trotz abklingender Delta-Welle und
gesunkener Patientenzahlen in den Kliniken ist die Belegung der
Intensivstationen weiterhin auf einem hohen Niveau, teils seien
Intensivkapazitäten auch «dauerhaft ausgelastet». Die
Omikron-Variante wird nach Ansicht der Experten «zeitnah» auch in
Deutschland dominant sein.

Gefährlichkeit von Omikron

Die Experten verweisen auf erste Studien, die darauf hindeuteten,
dass Omikron zu milderen Krankheitsverläufen führt - auch bei Kindern
- und dass Krankenhausaufnahmen seltener werden. Sie bekräftigen
aber, dass bei vielen gleichzeitig auftretenden Infektionen trotzdem
viele Menschen ins Krankenhaus kommen könnten. Bei sehr hohen
Inzidenzwerten sei mit einer «erheblichen Belastung und regional auch
Überlastung» der Kliniken zu rechnen. Gewarnt wird auch erneut vor
Personalausfällen durch viele gleichzeitige Ansteckungen. Kliniken
und Pflegeeinrichtungen müssen sich nach Einschätzung des Gremiums in
den kommenden Wochen «auf eine erhebliche Belastung» einstellen.

Gegenmaßnahmen

Der Corona-Expertenrat empfiehlt nun vor allem eine Vorbereitung auf
«eine vermehrte Beanspruchung der Notaufnahmen und der
Normalstationen». Es sollten umgehend Stufenkonzepte zur Aktivierung
zusätzlicher Versorgungsbereiche für infektiöse Patienten erarbeitet

werden, raten die 19 Experten. Zudem sollten «in allen Bundesländern
Vorbereitungen zur Reduktion planbarer Eingriffe getroffen werden,
die im Falle einer starken Belastung ad hoc aktiviert werden können».

Kontaktbeschränkungen

Bei ihren Beratungen am 21. Dezember hatten Scholz und die Länder die
Kontaktbeschränkungen weiter verschärft. Kurz nach Weihnachten traten
sie in den meisten Bundesländern Kraft: Seitdem dürfen sich auch
Geimpfte und Genesene nicht mehr unbegrenzt treffen, sondern maximal
zu zehnt, Kinder nicht mitgezählt. Für Treffen, an denen auch nur ein
Ungeimpfter oder nicht Genesener beteiligt ist, gilt schon länger: Es
dürfen nur Leute des eigenen und maximal zwei Personen eines anderen
Haushalts dabei sein, Kinder nicht mitgezählt. Gesundheitsminister
Karl Lauterbach (SPD) hatte sich vor den Beratungen an diesem Freitag
für weitere Kontaktbeschränkungen ausgesprochen. Der Expertenrat der
Bundesregierung empfiehlt dies zunächst aber nicht.

2G-Plus in Gaststätten?

Beraten wird voraussichtlich auch über höhere Zutrittsschwellen für
die Gastronomie. Genesene oder Geimpfte, die noch nicht «geboostert»
sind, brauchen möglicherweise künftig fürs Restaurant oder Café noc
h
einen zusätzlichen aktuellen Test. Das sieht zumindest eine
Beschlussvorlage vom Donnerstagnachmittag für das Gespräch zwischen
Bund und Ländern vor. Dem Papier zufolge könnte ein solcher Schritt
inzidenzunabhängig und bundesweit umgesetzt werden. Ob es wirklich
dazu kommt, ist aber offen, da es sich bei dem Papier zunächst um
eine Diskussionsgrundlage handelt. Üblicherweise ändert sich bis zum
Abschluss der Bund-Länder-Gespräche noch einiges.

Quarantäneregeln

Über eine Lockerung wird seit Tagen debattiert. Es geht darum, zu
viele Personalausfälle zu vermeiden, insbesondere in wichtigen
Versorgungsbereichen. Andere Staaten haben wegen Omikron bereits ihre
Quarantäneregeln geändert. Diskutiert wurde zuletzt über verschiedene

Vorschläge von Bund und Ländern. Gemeinsamkeit: Die Quarantäne für

Kontaktpersonen und die Isolierung für Infizierte sollen verkürzt und
vereinfacht werden. Bisher kann Quarantäne und Isolierung je nach
Virusvariante, Impf- und Genesenenstatus für bis zu 14 Tage gelten.
Wenn es sich etwa um Omikron handelt, gibt es auch für Geimpfte und
Genesene keine Ausnahmen. Nun könnten die Fristen je nach Vorschlag
auf fünf bis sieben Tage mit Freitestung und zehn Tage ohne Test
verkürzt werden. Für «Geboosterte» könnte Quarantäne wegfallen.


Weitere Themen

Lockerungen bestehender Regeln sind nicht zu erwarten. Es dürfte
absehbar dabei bleiben, dass nur Geimpfte oder Genesene Zutritt zu
Kinos, Theatern oder Geschäften - außer Geschäften des täglichen
Bedarfs - haben. Interessant wird, was Bund und Länder zum Thema
allgemeine Impfpflicht zu sagen haben. Bei der vergangenen Beratung
am 21. Dezember war vereinbart worden, dass die Vorbereitungen für
die «in den Blick genommene Einführung» einer solchen Pflicht
vorangetrieben und kurzfristig ein Zeitplan vorgelegt werden solle.
Zuletzt zeichnete sich aber ab, dass es einen eiligen Beschluss im
Bundestag über die Impfpflicht nicht geben wird, weil noch viele
Fragen offen sind. Bund und Länder dürften außerdem noch einmal für

Booster-Impfungen werben und ihre Appelle an die Bevölkerung
bekräftigen, die Impfangebote wahrzunehmen.