Prozess um Mitgliedschaft in Terrormiliz - Angeklagter Syrer schweigt

Bombenanschläge, Morde und Gräueltaten - das sollen die Methoden der
islamistischen Miliz Ahrar al-Sham in Syrien gewesen sein. Ein in
Rostock lebender Asylbewerber soll Mitglied der Terrororganisation
gewesen sein. Jetzt muss er sich in Hamburg vor Gericht verantworten.

Hamburg (dpa) - Wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen
Vereinigung im Ausland hat am Donnerstag ein Prozess gegen einen
27-jährigen Syrer vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg
begonnen. Die Generalstaatsanwaltschaft Hamburg wirft dem zuletzt in
Rostock wohnhaften Mann vor, im Jahr 2015 Kämpfer der islamistischen
Miliz Ahrar al-Sham («Die freien Männer Groß-Syriens») gewesen zu
sein. Die Miliz habe gegen die syrische Regierung gekämpft und dabei
Bombenanschläge, Morde und Gräueltaten an unbeteiligten Zivilisten
verübt.

Der Angeklagte habe verschiedene Kriegswaffen besessen und sich an
der Belagerung zweier schiitischer Dörfer in der nordwestsyrischen
Provinz Idlib beteiligt, erklärte der Staatsanwalt. Der Angeklagte
soll auch an einem Propaganda-Video mitgewirkt haben, das am 9.
August 2015 auf Youtube veröffentlicht worden sei. Das Video sollte
die Belagerung der Dörfer rechtfertigen und eine Drohkulisse
aufbauen.

Im Februar 2016 reiste der Syrer nach Angaben der Staatsanwaltschaft
auf dem Landweg nach Deutschland ein und stellte einen Asylantrag.
Bis zu seiner Verhaftung am 27. September vergangenen Jahres lebte er
in Rostock. Er absolvierte in Deutschland eine Ausbildung zum
Radiologieassistenten und hatte bereits eine Stelle in einem
Krankenhaus gefunden, wie aus einem Beschluss des Bundesgerichtshofs
hervorgeht.

Sein Mandant werde zu den Vorwürfen schweigen, erklärte sein
Verteidiger Thomas Penneke. Vergeblich appellierte die Vorsitzende
Richterin Petra Wende-Spors an den Angeklagten, sich diese
Entscheidung noch einmal zu überlegen. Die Aktenlage sei umfangreich,
außerdem habe er sich bei einer Haftprüfung Ende Oktober schon sechs
Stunden lang geäußert. Dabei hatte er die Vorwürfe bestritten. Falls

er es doch gewesen sein sollte, hätte ein frühzeitiges Geständnis
eine erhebliche Strafmilderung zur Folge, erklärte die Richterin
unter dem Protest des Anwalts.

Dann verlas sie das Protokoll des Haftprüfungstermins. Demnach hatte
der Angeklagte erklärt: «Ich selbst habe nicht an Kämpfen
teilgenommen.» Zwei seiner Brüder seien von seinem Onkel mitgenommen
und mit Waffen fotografiert worden. Sein Onkel sei Sprecher der Ahrar
al-Sham gewesen und vermutlich bei einem Luftangriff im November 2015
ums Leben gekommen.

Nach dem Tod des Onkels habe er Syrien verlassen, um nach Deutschland
zu gehen. Seit acht Jahren leide er an einem Trauma mit
Angstzuständen und Zittern. Er habe 2013 sein Abitur in Syrien
gemacht und anschließend seinem Vater in der Landwirtschaft geholfen.
2014 sei das Haus der Familie in der Nähe der Stadt Idlib bombardiert
worden. Ein Zimmer sei zerstört worden, einer seiner vier Brüder habe
eine Hand verloren.

Der Staatsanwalt wies darauf hin, dass die Ermittlungen zu
Social-Media-Accounts inzwischen weiter vorangekommen seien. Die
Polizei habe die Verantwortlichkeit zu zwei Instagram-Accounts klären
können. Der Angeklagte hatte bei der Haftprüfung angegeben, in dem
Propaganda-Video sei nicht er sondern sein ein Jahr jüngerer Bruder
zu sehen. Für diesen habe er Social-Media-Accounts in Syrien
angelegt, weil der Bruder wegen geringer Schulbildung nicht lesen
könne.

Der Staatsanwalt regte an, die Anklage um einen weiteren Punkt zu
erweitern: Der Beschuldigte habe nicht nur über zwei Kalaschnikows,
ein Maschinengewehr und einen Granatwerfer verfügt, sondern auch über
ein Scharfschützengewehr. Das Gericht hat 14 weitere
Verhandlungstermine bis zum 17. März angesetzt.