Omikron bald vorherrschend - Vorschläge für kürzere Quarantäne Von Basil Wegener, Christopher Kissmann und Sascha Meyer, dpa

In wenigen Tagen dürfte Omikron auch in Deutschland vorherrschend
sein. Bund und Länder bereiten Gegenmaßnahmen vor - für kürzere
Quarantänezeiten und möglicherweise auch weitere Alltagsauflagen.

Berlin (dpa) - Angesichts der rasanten Verbreitung der ansteckenderen
Corona-Variante Omikron rücken mögliche schärfere Beschränkungen un
d
neue Quarantäne-Regeln näher. Aus Sicht der Bundesregierung dürfte
Omikron schon in wenigen Tagen auch deutschlandweit die dominierende
Virusform sein. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und die
Ressortchefs der Länder legten am Mittwoch jeweils Vorschläge zu
künftigen Quarantäne-Vorgaben vor - mit kürzeren Auszeiten für
Personal in wichtigen Versorgungsbereichen geknüpft an PCR-Tests.
Politik und Experten mahnten, trotz meist milderer Krankheitsverläufe
bei Omikron Risiken für schwere Erkrankungen nicht zu unterschätzen.

Vor den nächsten Corona-Beratungen von Kanzler Olaf Scholz (SPD) mit
den Ministerpräsidenten an diesem Freitag liegen nun erste konkrete
Konzepte auf dem Tisch. Im Blick stehen Quarantäne-Verkürzungen vor
allem für Beschäftigte in der «kritischen Infrastruktur», um etwa
Kliniken, Pflegeheime, Wasser- und Energieversorgung auch im Fall
stark zunehmender Infektionen am Laufen zu halten. Lauterbach sagte
dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwoch): «Studien zeigen, dass
die Generationszeit - also auch die Phase, in der sich das Virus im
Körper ausbreitet und die Phase, in der ein Mensch ansteckend ist -
bei Omikron viel kürzer ist.» Daher könnten Quarantänezeiten bis zu

einem gewissen Grad verkürzt werden, «ohne ins Risiko zu gehen».

Vorschlag des Bundes:

Laut einem Plan von Gesundheitsministerium und Robert Koch-Institut
(RKI) soll die Unterscheidung zwischen gängigen Virusformen und neuen
«besorgniserregenden» Varianten entfallen. Noch gibt es für Omikron
strengere Empfehlungen. Allgemein soll gelten, dass man nach sieben
Tagen aus einer Quarantäne als Kontaktperson von Infizierten oder
einer Isolation wegen einer eigenen Infektion heraus kann. Bedingung
ist aber ein anschließender negativer PCR-Test oder ein
«hochwertiger» Schnelltest. Nach zehn Tagen soll die Absonderung ohne
Test enden, heißt es in dem Papier, das der Deutschen Presse-Agentur
vorliegt. Zuvor berichteten «Bild»-Zeitung und «Spiegel» darüber.


Für die kritische Infrastruktur soll gelten: Kontaktpersonen können
nach fünf Tagen mit obligatorischem PCR-Test aus der Quarantäne
heraus, Erkrankte nach sieben Tagen ebenfalls nur mit PCR-Test aus
einer Isolation. Bedingung soll demnach zusätzlich sein, dass man
zuvor mindestens 48 Stunden frei von Krankheitssymptomen war. Ganz
generell sieht der Vorschlag außerdem vor, dass unter anderem
«Geboosterte» ab sieben Tagen nach der dritten Impfung von einer
Quarantäne als Kontaktperson ausgenommen sein sollen.

Vorschlag der Länder:

Nach Beratungen mit Lauterbach beschlossen die Länderminister
einstimmig eigene Empfehlungen. Geimpfte Beschäftigte der kritischen
Infrastruktur sollen demnach eine Isolation wegen einer Infektion
«zum Zwecke der Arbeitsaufnahme» nach fünf Tagen mit einem negativen

PCR-Test beenden können. So soll es in diesem Bereich auch bei der
Quarantäne für enge Kontaktpersonen ohne Symptome möglich sein.

Generell sollen symptomfreie enge Kontaktpersonen für sieben Tage in
Quarantäne gehen - Ungeimpfte könnten sie dann nur mit PCR-Test
beenden. «Geboosterte» bräuchten nicht mehr in Quarantäne, ihnen
sollen regelmäßige Selbsttests empfohlen werden. Die Vorsitzende der
Länder-Minister, Petra Grimm-Benne aus Sachsen-Anhalt, sagte, man
müsse zu einfacheren Regelungen kommen. «Wir wollen, dass die
Menschen das verstehen, und wir wollen Lösungen haben, die die
Gesundheitsämter mittragen», sagte die SPD-Politikerin.

Omikron-Lage:

Das Bundesgesundheitsministerium geht derzeit von einem
Omikron-Anteil von 25 Prozent für Deutschland aus, wie ein Sprecher
sagte. In einigen Ländern besonders im Norden sei die neue Variante
aber schon vorherrschend. Insofern sei davon auszugehen, «dass in
kurzer Zeit, in wenigen Tagen Omikron eigentlich auch bundesweit die
dominierende Variante sein wird». Seit Ende Dezember steigt die
Sieben-Tage-Inzidenz. Die Zahl der erfassten neuen Infektionen pro
100 000 Einwohner in sieben Tagen liegt laut RKI nun bei 258,6.
Binnen eines Tages wurden 58 912 neue Fälle und 346 Tote gemeldet.

Risiko bleibt:

Der Berliner Virologe Christian Drosten bekräftigte, Daten wiesen
darauf hin, dass bei Omikron-Infektionen ein kleinerer Anteil der
Infizierten ins Krankenhaus müsse. Doch das individuelle Risiko
bleibe. «Es gibt junge Leute Mitte 20, die auf der Intensivstation
landen», sagte er im NDR-Podcast. Es gebe Berichte von
Leistungssportlern, die nach fast asymptomatischer Infektion noch
wochenlang nicht trainieren könnten. «Das kommt einfach daher, dass
das Lungengewebe geschädigt wird.» Das könne Monate dauern.
Regierungssprecher Steffen Hebestreit mahnte, man könne auch mit
Omikron krank werden und für eine ganze Weile ausfallen. 

Weiteres Vorgehen:

«Verschärfungen werden leider notwendig sein, um der schweren Welle,
die auf uns zukommt, zu begegnen», sagte Lauterbach mit Blick auf
Alltagsbeschränkungen. Offen war zunächst, ob der Expertenrat der
Regierung noch eine Stellungnahme vor der Bund-Länder-Beratung
abgibt. Drosten bekräftigte: «Was richtig schützt gegen Omikron ist
die Dreifach-Impfung.» Die Booster- und Impfkampagne habe über die
Feiertage einen «leichten Knick» gehabt, räumte die Bundesregierung
ein. Impfungen ziehen aber wieder an. Gut 40 Prozent der Bevölkerung

haben inzwischen eine Booster-Impfung. Grundschutz mit der meist
nötigen zweiten Spritze haben 71,4 Prozent der Gesamtbevölkerung.