Corona-Infektionen im Norden nehmen weiter stark zu

Noch viel mehr Corona-Infektionen in Schleswig-Holstein und ein
Negativ-Spitzenreiter: Dithmarschen hat die höchste Inzidenz aller
Kreise in Deutschland. Lehrer blicken mit Sorge auf den Schulstart
und die Kliniken rüsten sich für stärkere Belastungen.

Kiel (dpa/lno) - Das Coronavirus breitet sich in Schleswig-Holstein
im Eiltempo weiter aus. Deshalb stellen sich die Kliniken auf eine
zunehmend angespannte Personalsituation ein. Noch sei die Lage aber
stabil, teilten die Krankenhausgesellschaft und das
Universitätsklinikum am Mittwoch auf Anfrage der Deutschen
Presse-Agentur mit. Am Vorabend hatte die Landesmeldestelle die Zahl
der an einem Tag neu registrierten Neuinfektionen mit 2897 angegeben
- ein neuer Höchstwert. Zur starken Zunahme könnten aber auch
Nachmeldungen beigetragen haben.

Die Zahl der neuen Fälle pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen,
ist mit nun 352,8 die fünfthöchste in Deutschland, nachdem der Norden
lange den niedrigsten Wert hatte. Mit der im Land inzwischen
dominierenden Omikron-Variante hat sich das geändert. Große
Weihnachtspartys mit infizierten Gästen trugen besonders stark zur
rasanten Verbreitung des Virus bei. Das gilt auch für Dithmarschen,
wo die Inzidenz mit 656,7 nun die bundesweit höchste aller Landkreise
ist.

Die Belastung der Kliniken wächst, weil die Zahl der Corona-Patienten
zunimmt und Personal wegen Infektionen und Quarantäne ausfällt. «Die

Situation ist noch relativ stabil», sagte der Geschäftsführer der
Krankenhausgesellschaft Schleswig-Holstein, Patrick Reimund, der dpa
zu den Patientenzahlen. «Der Trend geht aber nach oben.»

Stark betroffen ist das Westküstenklinikum in Heide und Brunsbüttel.
Dort sind 160 der 3000 Mitarbeitenden wegen Kontakten zu Infizierten
in Quarantäne. Hinzu kommen 40 selbst Infiziert, die sich außerhalb
der Kliniken angesteckt hatten. Diese haben mit dem Gesundheitsamt
ein Verfahren vereinbart, damit Mitarbeiter, die als Kontaktpersonen
trotz Impfung 14 Tage in Quarantäne bleiben müssten, früher an die
Arbeit zurückkehren können.

Dies betrifft Beschäftigte, die nicht selbst infiziert sind und deren
Kontakt nicht im eigenen Haushalt lebt. Sie können nach einem
negativen PCR-Test, der frühestens am fünften Tag nach dem Kontakt
gemacht wird, unter Vollschutz wieder arbeiten - wenn das
Gesundheitsamt dies genehmigt. Sie müssen nach der Arbeit gleich
wieder zurück nach Hause in Quarantäne.

Am Uniklinikum sind nach dessen Angaben gegenwärtig rund 60 von mehr
als 15 000 Mitarbeitern in Quarantäne. Die Lage sei stabil, sagte
Sprecher Oliver Grieve. Das Klinikum sei gut vorbereitet auf eine
mögliche Verschärfung. Derzeit würden in Kiel und Lübeck 32
Covid-19-Patienten stationär behandelt. Im Land insgesamt stieg deren
Zahl am Dienstag auf 202, nach 163 am Sonntag. Auf Intensivstationen
lagen 54 Erkrankte, nach 46 am Sonntag. Die
Hospitalisierungsinzidenz, die angibt, wie viele Corona-Kranke
innerhalb einer Woche je 100 000 Menschen in Kliniken kamen, stieg
deutlich auf 2,71. Ab den Schwellenwerten 3, 6 und 9 können die
Länder jeweils schärfere Schutzmaßnahmen ergreifen.

Die Lehrergewerkschaft GEW zeigte sich vor dem Schulbeginn am
nächsten Montag besorgt. Für einen halbwegs sicheren Betrieb forderte
sie von der Landesregierung für die Schulen tägliche PCR-Tests, eine
Rückkehr zur Kohortenbildung, Luftfilteranlagen und FFP2-Masken.
Grundsätzlich sei die GEW für Beibehaltung des Präsenzunterrichts.
Wegen der vielen Infektionen und Quarantänen rechne sie aber damit,
dass Präsenzunterricht nicht überall aufrechterhalten werden kann.

Unterdessen erreichte das Coronavirus auch das im Hafen von Santa
Cruz auf der Kanaren-Insel Teneriffa liegende Marine-Segelschulschiff
«Gorch Fock». Acht Besatzungsmitglieder wurden positiv getestet, wie
ein Sprecher sagte. Sie hätten höchstens leichte Symptome und seien
an Bord isoliert. Die gesamte Crew ist geimpft. Die Anreise der
Kadetten zur vorgesehenen Ausbildungsfahrt wurde verschoben.

Knapp 20 Frauen und Männer wurden als Kontaktpersonen identifiziert.
Sie kamen nach durchweg negativen Tests ins Hotel in Quarantäne. Über
die Feiertage waren einige Crew-Mitglieder in der Heimat, andere
hatten Besuch von der Familie. Die Infektionszahlen steigen derzeit
auf den Kanaren trotz hoher Impfquoten. Die Inzidenz betrug zuletzt
1168.

In Schleswig-Holstein müssen unterdessen 500 bis 600 weitere
Partygäste in Quarantäne bleiben. Sie waren in der Nacht zum
27. Dezember in der Lübecker Diskothek «A1». Die Zahl bestätigte
Stadt-Pressesprecherin Nicole Dorel nach einem Bericht der «Lübecker
Nachrichten». Bis Montag waren elf Positivfälle unter den
Disco-Besuchern bestätigt worden. Auch in den Kreisen Segeberg,
Dithmarschen und Nordfriesland sowie in Kiel hatten sich bei Partys
viele Gäste angesteckt.

Wegen Infektionen von Mitarbeitern schließt auf Sylt das «Hotel Stadt
Hamburg» vorübergehend. Laut einer Sprecherin sind 10 Infizierte in
Isolation, 30 weitere Mitasrbeiter in Quarantäne. Gäste seien nicht
angesteckt worden. Am Mittwoch sollten die 27 letzten abreisen.