Gesundheitsämter in der Pandemie: Besser aufgestellt und doch überlastet

Die Thüringer Gesundheitsämter arbeiten wegen der Corona-Pandemie an
der Belastungsgrenze. Dabei sehen sie sich heute besser aufgestellt
als vor einem Jahr. Welche Rolle spielen dabei Apps zur
Kontaktverfolgung und angepriesene Software?

Erfurt (dpa/th) - Obwohl Apps zur Kontaktverfolgung über Monate
hinweg als wichtiges Werkzeug im Kampf gegen die Corona-Pandemie
galten, spielen sie für Thüringer Gesundheitsämter kaum eine Rolle.
Das ergab eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur. «Die
Registrierung für die App haben wir frühzeitig vorgenommen, jedoch
hat sich bis zum heutigen Tage die Nutzung nicht etabliert, da kein
einziger Fall hierüber ermittelt wurde», sagte etwa ein Sprecher des
Landkreises Schmalkalden-Meiningen mit Blick auf Luca. «Die Software
hat sich für uns nicht bewährt.» Ähnliche Rückmeldungen gingen au
s
Weimar und Erfurt ein. Mehrere andere Landkreise haben Anfragen zur
Aufstellung ihrer Gesundheitsämter nicht beantwortet.

Man habe Luca nur in einem unteren einstelligen Bereich von
Corona-Fällen zur Kontaktverfolgung verwendet, sagte ein Sprecher der
Stadtverwaltung Weimar. «Den Vertrag mit Luca hatten wir vor geraumer
Zeit nicht verlängert.» Dass andere Apps regelmäßig zur
Kontaktverfolgung eingesetzt würden, sei ihm nicht bekannt. Die
Stadtverwaltung Erfurt hat nach Angaben einer Sprecherin überhaupt
keine Anbindung von Kontaktnachverfolgungs-Apps an die
Softwareschnittstellen im Gesundheitsamt. In Gera wird Luca nach
Angaben der dortigen Sprecherin ebenfalls nicht benutzt.

Luca stand vor allem im Frühjahr 2021 im Blickpunkt der
Öffentlichkeit. Eine der Hoffnungen der Befürworter und Lobbyisten
der App war, dass sich dadurch die Pandemie erheblich werde eindämmen
lassen, weil sich Kontakte von Infizierten ohne großen
Personalaufwand würden ermitteln lassen. Ob sich diese Hoffnungen
erfüllt haben, dazu gab es bislang unterschiedliche Einschätzungen
aus den verschiedenen Bundesländern. So erklärte Hamburgs
Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) im Sommer, die App sei schnell
und unkompliziert und eine große Hilfe für die Ämter. Das
Brandenburger Gesundheitsministerium dagegen hatte im Herbst
angesichts eines gebremsten Einsatzes der Luca-App in dortigen
Kommunen zur Kontaktverfolgung von Corona-Infektionen ein vorzeitiges
Ende des Vertrages mit dem Dienstleister nicht ausgeschlossen.

Für die Gesundheitsämter ist daher vor allem entscheidend, ob
ausreichend Personal für die Nachverfolgung von Kontakten zur
Verfügung steht. So werden in vielen Behörden inzwischen nicht nur
eigene Mitarbeiter eingesetzt. In Weimar etwa, wo normalerweise 16
bis 18 Mitarbeiter beim Gesundheitsamt angesiedelt sind, sind seit
Ende 2020 bis zu 50 Kräfte, größtenteils aus anderen Teilen der
öffentlichen Verwaltung, im Einsatz. Zudem sind zur
Kontaktnachverfolgung neben einigen externen Honorarkräften
inzwischen auch fünf Bundeswehrsoldaten eingesetzt. «Die Ausstattung
des Amtes hat bisher nicht den Höchststand vom letzten Jahr erreicht,
wobei es immer schwieriger wird, geeignete willige und fähige Leute
zu finden», sagte der Weimarer Sprecher. Man versuche dennoch «den
Status quo aufrecht zu erhalten».

Ähnlich ist die Lage in Gera, wo nach Angaben einer Sprecherin der
Stadtverwaltung in den vergangenen Monaten Mitarbeiter auch aus
anderen Teilen der Verwaltung das Gesundheitsamt ebenso unterstützt
haben wie Bundeswehrsoldaten und Beschäftigte anderer Bundesbehörden.
«Derzeit sind Mitarbeiter der Stadtverwaltung abgeordnet und es gab
befristete Einstellungen.»

Oft arbeiten die Mitarbeiter der Gesundheitsämter den Angaben nach an
der Belastungsgrenze. «Aufgrund der enormen Fallhäufung ist eine
umgehende Kontaktnachverfolgung und lückenlose Fallermittlung derzeit
nicht mehr zu leisten», hieß es etwa aus dem Landratsamt
Schmalkalden-Meiningen. Auch könne die Erreichbarkeit des
Gesundheitsamtes und die Beantwortung von Anfragen aufgrund des hohen
Fallaufkommens nicht durchgängig gewährleistet werden. Insgesamt sei
der Arbeitsalltag aber «gefestigter als vor einem Jahr».

Das Gesundheitsamt der Landeshauptstadt Erfurt ist seit Beginn der
Pandemie im März 2020 wieder ein eigenständiges Amt - mit
eigenständiger Infrastruktur. Das hat der Sprecherin zufolge dazu
beigetragen, dass die Behörde heute leistungsfähiger ist als vor
einem Jahr. Dennoch seien die hohen Corona-Fallzahlen eine enorme
Belastung für die Beschäftigten, die auch noch andere Pflichtaufgaben
zu erfüllen haben - wie etwa die Durchführung von
Einschulungsuntersuchungen von Kindern.