Schule und Omikron - Kultusminister beraten über Vorgehen

Die befürchtete Omikron-Welle beschäftigt auch die Bildungspolitik.
Bleiben die Schulen weiter offen, auch wenn die Ansteckungszahlen
steil nach oben gehen sollten?

Berlin (dpa) - In einer Sonderschalte beraten die Kultusministerinnen
und -minister der Länder an diesem Mittwoch über die Situation an den
Schulen vor dem Hintergrund der wachsenden Omikron-Welle. Zur
Wochenmitte läuft in der Hälfte der Bundesländer nach der
Weihnachtspause wieder der Unterricht. Millionen weitere Schülerinnen
und Schüler kehren nächste Woche zurück. Bei den Beratungen geht es
darum, wie der Schulbetrieb auch bei steil ansteigenden
Infektionszahlen aufrechterhalten werden kann.

Vorab machten Vertreter mehrerer Bundesländer deutlich, dass erneute
Schulschließungen im großen Stil nicht zur Debatte stehen, und
forderten vereinfachte Quarantäneregeln. Bindende Vereinbarungen sind
von den Beratungen der Kultusministerkonferenz (KMK) nicht zu
erwarten. Da Bildung Ländersache ist, fasst die KMK meist Beschlüsse,
die eher Appell-Charakter haben.

Der Koordinator der SPD-regierten Bundesländer in der KMK, Hamburgs
Schulsenator Ties Rabe, sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Ich gehe
davon aus, dass die Kultusministerkonferenz noch einmal ihren
Beschluss bekräftigen wird, die Schulen so lange wie möglich offen zu
halten». Man müsse die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen
besser im Blick haben als bisher, sagte Schleswig-Holsteins
Bildungsministerin Karin Prien (CDU), die zum Jahresbeginn die
KMK-Präsidentschaft übernommen hat, den Zeitungen der Funke
Mediengruppe. «Das bedeutet, dass wir die Schulen erst dann
schließen, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind.»

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger sicherte den Ländern
Hilfe zu. «Ich hoffe sehr, dass sich die Kultusministerkonferenz
dafür aussprechen wird, die Schulen auch mit Omikron offen zu halten.
Wir unterstützen als Bund mit allem, was notwendig ist, um das zu
ermöglichen», sagte die FDP-Politikerin der Neuen Osnabrücker
Zeitung».

Hessens Kultusminister Alexander Lorz (CDU), Koordinator für die
CDU-regierten Länder in der KMK, forderte mit Blick auf das am
Freitag anstehende Corona-Krisengespräch zwischen Bundeskanzler Olaf
Scholz (SPD) und den Ministerpräsenten eine Entscheidung zur
Reduzierung der Quarantänezeiten. «Denn die Schulen zählen mit
bundesweit elf Millionen Schülerinnen und Schülern sowie 800 000
Lehrkräften für mich zur kritischen Infrastruktur, die jetzt
besonders geschützt werden muss», sagte Lorz der dpa.

Diskutiert wird seit Tagen darüber, ob in Deutschland wie auch in
anderen Ländern die Quarantänezeiten verkürzt werden sollten, um
wichtige Versorgungsbereiche am Laufen zu halten, falls Infektionen
sprunghaft zunehmen.

In den Schulen soll eine Situation wie vor einem Jahr vermieden
werden. Damals waren die Schulen im Lockdown, der in den Frühling
hinein nur schrittweise aufgehoben wurde. Manche Schüler kehrten erst
im Mai in die Klassen zurück. Wegen der langen Ausfälle wird
geschätzt, dass sich bei fast einem Viertel der Schülerinnen und
Schüler Lernrückstände aufgebaut oder vergrößert haben.

Allen sei bewusst, wie sehr Schülerinnen und Schüler im vergangenen
Jahr unter den Schulschließungen gelitten hätten, sagte die
rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD). In der
KMK bestehe weitgehend Einigkeit darin, dass der Unterrichtsstoff am
besten in der Schule vermittelt werden könne.

Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und
Jugendmedizin, Jörg Dötsch, der auch Mitglied im Corona-Expertenrat
der Bundesregierung ist, verwies auf die Gefahr psychischer und
körperlicher Erkrankungen durch Schließungen. Außerdem könnten die

Schulen durch das gute Testsystem auch zur Regulierung des
Infektionsgeschehens unter Kindern und Jugendlichen beitragen, sagte
er der dpa. «Die Omikron-Variante verläuft glücklicherweise ähnlich

wie die Deltavariante bei Kindern und Jugendlichen deutlich schwächer
als bei Erwachsenen. Es gibt hier keine Verschlimmerung.»

Flächendeckende Schulschließungen sind nach Änderungen am
Infektionsschutzgesetz durch die Ampel-Parteien inzwischen auch nicht
mehr möglich. Thüringen musste deshalb seinen Plan zurückziehen, im
ganzen Freistaat mit Distanzunterricht ins neue Jahr zu starten. Nun
wird es den Schulen selbst überlassen, wie sie vorgehen wollen.

Auch in Mecklenburg-Vorpommern sollen die Schulen selbst entscheiden.
Das Bildungsministerium in Schwerin hat einen Drei-Stufen-Plan
erstellt. Die Einrichtungen sollen immer am Donnerstag mit Blick auf
die aktuelle Personallage festlegen und Eltern, Schulträger und
Schulämter informieren, ob es in der kommenden Woche Unterricht in
voller Präsenz (Phase 1), mit wechselnden Gruppen bei älteren
Schülern (Phase 2) oder auch Distanzunterricht (Phase 3) gibt.

«Ich glaube, dass es Mecklenburg-Vorpommern richtig macht», sagte der
Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, der
«Rheinischen Post». Es gebe ja nicht nur die Alternative
Präsenzunterricht oder Schulschließungen, sondern ein vielfältiges
Maßnahmenbündel dazwischen. Dem Portal «Watson» sagte er:
«Grundsätzlich sind Lehrkräfte natürlich für Präsenzunterricht,
weil
wir um die Folgeschäden von Schulschließungen wissen - allerdings
nicht um jeden Preis.»

Die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW),
Maike Finnern, glaubt nicht, dass Präsenzunterricht an allen Schulen
durchgängig möglich sein wird. «Wir müssen uns ehrlich machen», s
agte
sie dem Portal «Business Insider». «Es wird Schulen geben, die auf
Distanz unterrichten müssen».