Buschmann: Impfstatus kein entscheidendes Kriterium bei Triage

Die Bundesregierung will verhindern, dass es in Deutschland zu einer
Situation kommt, in der nicht mehr alle Covid-19-Patienten optimal
behandelt werden können. Die Frage, wer in einem solchen Fall welche
medizinische Hilfe erhielte, muss dennoch rasch geklärt werden.

Berlin (dpa) - Ob jemand gegen Covid-19 geimpft ist oder nicht, darf
bei der Verteilung knapper medizinischer Ressourcen aus Sicht von
Bundesjustizminister Marco Buschmann keine entscheidende Rolle
spielen. «Ich werbe sehr dafür, dass sich jeder Mensch, der es kann,
impfen lässt. Aber wir können Menschen, die das nicht tun, nicht
einfach pauschal von lebensrettenden Maßnahmen ausschließen», sagte
der FDP-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Er stehe daher auf
dem Standpunkt, dass der Impfstatus «kein entscheidendes Kriterium»
bei einer Triage-Entscheidung sein könne.

Der Minister führte weiter aus, so verstehe er auch das
Bundesverfassungsgericht. Zudem sei dies die herrschende Meinung
unter Medizinerinnen und Medizinern. «Entscheidendes Kriterium müssen
die klinischen Erfolgsaussichten im Sinne des Überlebens der
aktuellen Erkrankung sein», betonte Buschmann.

Unter Triage versteht man eine ärztliche Entscheidung, wer bei
ausgeschöpften Kapazitäten eine intensivmedizinische Behandlung
erhält und wer nicht. Dazu gibt es von der Deutschen
Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin
(Divi) Empfehlungen. Das Bundesverfassungsgericht hatte jedoch Ende
Dezember eine gesetzliche Regelung angemahnt. Das Karlsruher Gericht
entschied, der Bundestag müsse «unverzüglich» Vorkehrungen zum Schu
tz
von Menschen mit Behinderungen im Fall einer Triage treffen.

Zu diesem Gesetzgebungsverfahren finden laut Buschmann bereits
Beratungen in der Bundesregierung statt. Üblicherweise stimmen
Fraktionen im Parlament geschlossen ab. Allerdings gab es auch in der
Vergangenheit Abweichungen von diesem Prinzip, zum Beispiel bei
sensiblen Themen wie Sterbehilfe oder Organspenden. Zu einer
allgemeinen Covid-19-Impfpflicht will die Ampel-Koalition
beispielsweise keinen eigenen Gesetzentwurf vorlegen, sondern setzt
hier auf fraktionsübergreifende Gruppenanträge.

Auf die Frage, ob eine Aufhebung des Fraktionszwangs auch bei der
Triage-Entscheidung denkbar wäre, antwortete der
Bundesjustizminister: «Wenn im Parlament der Wunsch nach einem
Gruppenantrag bestehen sollte, und dafür gäbe es gute Gründe, dann
würden wir das als Bundesregierung natürlich akzeptieren.» Das
Gericht habe den Gesetzgeber allerdings «zum unverzüglichen Handeln
in der Pandemie aufgerufen». Für die Erarbeitung einer gesetzlichen
Regelung zur Triage sei es wichtig zu wissen, «für welche
Lebenssachverhalte wir hier Regelungen treffen müssen». Das könnten
nur Mediziner sagen - das Haus von Bundesgesundheitsminister Karl
Lauterbach (SPD) stehe dazu mit ihnen in Kontakt.