Ringen um weitere Corona-Maßnahmen - Omikron breitet sich aus

Deutschland wappnet sich für die drohende nächste Corona-Welle - bis
Ende der Woche sollen Vorschläge auf dem Tisch liegen. Für mögliche
kürzere Quarantäne-Zeiten kommen besondere Bedingungen ins Gespräch.


Berlin (dpa) - Vor erneuten Corona-Beratungen von Bund und Ländern
ringen Politik und Experten um zusätzliche Krisenmaßnahmen wegen der
ansteckenderen Virusvariante Omikron. Die Arbeitgeber forderten,
schnell Quarantäne-Verkürzungen zu regeln. Dies steht im Blick, um
wichtige Versorgungsbereiche auch für den Fall am Laufen zu halten,
dass Infektionen sprunghaft zunehmen. Patientenschützer verlangten
aber engmaschige PCR-Labortests als Bedingung dafür.

Nach Angaben der zuständigen Landesbehörden ist Omikron inzwischen
in mehreren Bundesländern wie Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein,
Niedersachsen und Hamburg nachweislich die vorherrschende
Virusvariante. Regional werden Corona-Auflagen teils schon
verschärft. An diesem Mittwoch will auch die Kultusministerkonferenz
tagen. Zur Mitte der Woche ist in der Hälfte der Bundesländer nach
den Weihnachtsferien wieder Schule.

Kanzler Olaf Scholz (SPD) und die Ministerpräsidenten wollen am
Freitag erstmals nach dem Jahreswechsel über den Kurs beraten. Im
Visier steht vor allem die schnelle Omikron-Ausbreitung. Über die
Lage beriet am Dienstag auch der Expertenrat der Bundesregierung. Die
Zahl der übermittelten sicher nachgewiesenen und wahrscheinlichen
Omikron-Fälle hat sich laut Robert Koch-Institut (RKI) binnen einer
Woche mehr als verdreifacht. Nunmehr 35 529 würden der neuen Variante
zugeordnet, hieß es auf einer RKI-Übersicht am Dienstag. Vor einer
Woche waren es 10 443. Die Zahl bezieht sich auf Fälle seit November.

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) rief zu
schnellen Änderungen bei Quarantäneregeln auf, damit auch in einer
Omikron-Welle immer Versorgungssicherheit gewährleistet werden könne.
Bei symptomlosen Infizierten und Kontaktpersonen müsse eine verkürzte
Quarantäne möglich sein, wenn der Betrieb der Infrastruktur gefährdet

wäre. Schon bewährt hätten sich auch Arbeitsquarantänen - also, das
s
Beschäftigte in Quarantäne mit besonderen Hygienekonzepten arbeiten.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder forderte eine Verkürzung bei
Quarantäne-Vorschriften wie in anderen Ländern. Es sei nötig, die
jetzige Regelung zu überarbeiten. «Wir können ja bei einer rasch
wachsenden Verbreitung nicht das ganze Land zeitgleich in Quarantäne
schicken», sagte der CSU-Chef der Deutschen Presse-Agentur. «Die
Basis muss dazu eine wissenschaftlich fundierte Einschätzung sein.»
Vor allem sei wichtig zu wissen, ob es durch mildere Verläufe zu
einer geringeren Belastung der Krankenhäuser kommen werde.

Im Gespräch sind kürzere Quarantänezeiten insbesondere in wichtigen
Bereichen wie Kliniken, Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienste,
Telekommunikation, Strom- und Wasserversorgung. Der Grünen-Experte
Janosch Dahmen sagte in der ARD: «Ich bin bei der Verkürzung der
Quarantäne ganz pauschal sehr vorsichtig.» Vorstellen kann er sich es
bei spezialisierten technischen Berufen. «Aber die Krankenschwester,
die sich jetzt um den Herzinfarkt oder Schlaganfall kümmert, jetzt
aus Quarantäneregeln auszunehmen, die dann möglicherweise weitere
Patienten ansteckt, das öffnet für Omikron zu viele Türen.»

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte für Krankenhäuser,
Pflegeheime und ambulante Pflege tägliche Labortests. «Es braucht
eine PCR-Test-Priorisierung für Berufe, die sich um Pflegebedürftige
und Kranke kümmern», sagte Vorstand Eugen Brysch der dpa. Der
Immunologe Carsten Watzl sagte der dpa, es könne «durchaus Sinn
machen», dass sich jemand nach fünf oder sieben Tagen freitestet -
gerade, wenn es um kritische Infrastruktur gehe. Dies könne man aber
nur seriös machen, wenn es mit negativen PCR-Tests begleitet sei.

Aktuell gilt: Bei engem Kontakt zu nachgewiesenermaßen Infizierten
soll man für zehn Tage in häusliche Quarantäne. Diese kann mit einem

negativen Schnelltest auf sieben Tage verkürzt werden, mit PCR-Test
auf fünf Tage. Zu unterscheiden ist davon die Isolierung: Wer
infiziert ist, soll für 14 Tage nach Symptombeginn in Isolierung -
vollständig Geimpfte fünf Tage, wenn sie danach symptomfrei und
negativ PCR-getestet sind. Für Omikron-Fälle sind die Vorgaben
strenger. Nach den aktuellen RKI-Empfehlungen sollen Kontaktpersonen
von Omikron-Inifizierten immer in Quarantäne - auch wenn sie geimpft
oder genesen sind.

Bei der Bund-Länder-Runde im Blick stehen auch mögliche weitere
Beschränkungen. In Hamburg verschärft der Senat ab Montag bereits
Zugangsregeln nur für Geimpfte und Genesene. Der Kommunal-Vertreter
im Expertenrat, Stefan Sternberg, sprach sich für einheitliche Regeln
aus - etwa bei Gaststätten. «Wir sehen es bei uns im Kreis, dass wir
einen regelrechten «Gastronomie-Run» haben auf andere Bundesländer,
in denen man - anders als bei uns in Mecklenburg-Vorpommern - keinen
zusätzlichen negativen Corona-Test braucht», erklärte der SPD-Landrat

des Kreises Ludwigslust-Parchim nach der Ratssitzung. Er denke, dass
dies auch Thema bei der Konferenz der Ministerpräsidenten sein werde.

Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Karin Prien (CDU) aus
Schleswig-Holstein, machte vor der Videoschalte der Ressortchefs
deutlich, es gebe keinen Hinweis, dass die Omikron-Variante für
Schulkinder gefährlicher sei als die Delta-Variante. «Insofern glaube
ich müssen wir jetzt verantwortlich, unter strengen Hygienemaßnahmen,
aber trotzdem im Regelbetrieb die Schulen wieder öffnen», sagte Prien
im Sender Phoenix. Angestrebt wird Präsenzunterricht. Zuletzt wurde
auch über möglichen Distanz- oder Wechselunterricht diskutiert.