Kretschmer: Gesprächsfaden in der Pandemie nicht abreißen lassen
Der sächsische Regierungschef ist in der Corona-Pandemie zur
Zielscheibe von Wut und Hass geworden. Trotz Stimmungsmache möchte er
Brücken der Verständigung bauen.
Dresden (dpa/sn) - Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer
(CDU) will in der Corona-Krise auch für Kritiker von Schutzmaßnahmen
ansprechbar bleiben. «Wir müssen gegen die Polarisierung der
Gesellschaft arbeiten. Mir liegt in dieser aufgeheizten Stimmung viel
daran, vernünftig miteinander umzugehen. Man darf den Gesprächsfaden
nicht abreißen lassen», sagte er der Deutschen Presse-Agentur in
Dresden. Er wolle nicht den Stab über alle Demonstranten bei den
Corona-Protesten brechen. Bei weitem nicht alle seien Rechtsextreme
oder Leugner der Pandemie. «Man sollte Brücken bauen und Leuten damit
die Möglichkeit geben, ihre Positionen verändern zu können.»
Kretschmer zufolge haben Demonstrationen Zulauf, weil es gerade in
sozialen Netzwerken viele Falschinformationen gibt. «Wer über Monate
Lügen hört, für den ist es schwer, die Wahrheit zu finden und seine
Haltung zu korrigieren.» Krisen würden immer auch instrumentalisiert.
Er habe Verständnis für Kritik. «Es gibt allerdings auch eine
bewusste Verdrehung von Tatsachen, ein Leugnen von Corona und ein
Diskreditieren der Entscheidungen und Institutionen, die sie
treffen.» Dagegen müsse man vorgehen.
«Dass sich über 100 000 Menschen in einer Telegram-Gruppe
radikalisieren - das kann nicht richtig sein», sagte Kretschmer. Er
sei vom neuen Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) enttäuscht,
dass er «dieses Problem für nicht so dringlich» halte. «Ich möcht
e
nicht erleben, dass es eines Tages Opfer gibt und später
Sonntagsreden folgen, in denen gesagt wird, wie furchtbar das alles
ist. Jetzt ist die Zeit zu handeln.» Sachsen werde weiter in den
Verfassungsschutz investieren, um extremistischen Tendenzen
aufzuklären. Man werde Beamte von Polizei und Staatsanwaltschaft zum
Verfassungsschutz abordnen, um noch schneller und aktiver reagieren
zu können.
Der Ministerpräsident war kurz vor Weihnachten selbst zur Zielscheibe
einer Telegram-Chatgruppe geworden, in denen Mordfantasien gegenüber
dem 46-Jährigen laut wurden. Bei einer Razzia waren die Wohnungen von
sechs Beschuldigten - fünf Männern und einer Frau - im Alter von 32
bis 64 Jahren durchsucht und dabei auch Armbrüste, Waffen und
Waffenteile gefunden worden. Die Beschuldigten stehen im Verdacht,
eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet zu haben.
Haftbefehle ergingen bislang nicht. Die Ermittlungen dauern an.
Kretschmer geht davon aus, dass der zweite Pandemie-Winter für viele
Menschen eine seelische Überforderung darstellt und Ängste auslöst.
Manche würden in einer solchen Lage gern Schuldige suchen. «Das
Erschreckende ist für mich, dass wir im 21. Jahrhundert leben und
sehr viel über Krankheiten wissen. Und trotzdem drehen einige
Menschen regelrecht frei, ignorieren diese Erkenntnisse und finden
keinen Zugang zu einem rationalen Umgang mit dieser Situation».
Völliges Unverständnis äußerte Kretschmer über jene, die unerbitt
lich
sind und bei Demonstrationen selbst vor Angriffen auf Beamte nicht
zurückschrecken. «Ihnen fehlt jegliche Empathie und die Fähigkeit,
die Realität zu erkennen und die eigene Haltung zu revidieren. Dabei
ist es ein wichtiger Charakterzug, sich auch selbst zu hinterfragen.
Allerdings stehen diese Leute nicht für Sachsen. Das ist eine
Minderheit. Der Großteil ist bereit, darüber nachzudenken, warum die
Maßnahmen sein müssen.» Wenn man an die vielen Leute denke, die als
Freiwillige in Krankenhäusern helfen wollen, könne man stolz auf
Sachsen sein.
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