Frühe Booster in Berlin - Auffrisch-Impfungen schon nach drei Monaten Von Andreas Rabenstein und Anja Sokolow, dpa

Auch in Deutschland befürchten Fachleute eine rasche Ausbreitung der
Omikron-Variante des Coronavirus. Zwei Impfungen gelten als nicht
ausreichend für den Schutz vor einer Infektion. In Berlin sollen
Booster-Impfungen deshalb noch früher verabreicht werden.

Berlin (dpa/bb) - Wegen der befürchteten Infektionswelle durch die
neue Omikron-Variante des Coronavirus verkürzt Berlin den Abstand
zwischen Zweit- und Booster-Impfung. Gesundheitssenatorin Dilek
Kalayci (SPD) kündigte am Montag an, dass Corona-Impfungen nach drei
statt fünf Monaten aufgefrischt werden können. Dazu Fragen und
Antworten:

Wieso wird der Abstand verkürzt?

Die Infektionszahlen in Berlin sind bereits durch die Delta-Variante
auf einem sehr hohen Niveau. In mehr als jedem fünften Intensivbett
liegt ein Covid-19-Patient, nicht dringliche Operationen werden
verschoben. Experten befürchten eine Ausbreitung der offenbar noch
ansteckenderen Omikron-Variante innerhalb weniger Wochen. «Wir
befinden uns in (einer) sehr kritischen Phase vor einer
Omikron-Welle, wo jede Booster-Impfung zählt. Rechnen mit zeitnahen
Stiko-Empfehlung», schrieb Kalayci bei Twitter. «Es macht kein Sinn,
boosterwillige Menschen zurückzuschicken, obwohl früheres Boostern
empfohlen.» Sie scheidet am Dienstag aus dem Amt, weil dann der neue
Senat seine Arbeit beginnt.

Ab wann gilt die Empfehlung? 

Laut Gesundheitsverwaltung sind Terminbuchungen per Internet und
Impfhotline (030 90282200) ab sofort möglich. Sowohl in den Berliner
Corona-Impfzentren Messe, Tegel und ICC als auch in den Impfstellen
des Landes wird der neue Mindestabstand von drei Monaten demnach ab
sofort umgesetzt. 

Was sagt die Ständige Impfkommission (Stiko)?

Die Stiko empfiehlt bisher für die Auffrischungsimpfung in der Regel
einen Abstand von sechs Monaten zur vorigen Dosis. Eine Verkürzung
auf fünf Monate kann laut Stiko «im Einzelfall oder wenn genügend
Kapazitäten vorhanden sind, erwogen werden». Kalayci geht jedoch
davon aus, dass auch die Impfkommission eine kürzere Frist empfehlen
wird. «Wir erwarten, dass die Stiko in Kürze entscheidet», sagte sie

dem «Tagesspiegel». Berlin hatte den Abstand für den Booster Mitte
November bereits auf fünf Monate verkürzt.

Was ist die Situation in den Arztpraxen?

Kalaycis Vorhaben sei nachvollziehbar, heißt es von der
Kassenärztlichen Vereinigung Berlin. Viele Praxen würden aber
voraussichtlich auf eine Empfehlung der Stiko warten. Bereits jetzt
sei die Anzahl an Impfungen in den Praxen durch fehlende
Impfstoffdosen limitiert. Diese Situation werde durch eine Verkürzung
des Booster-Impfabstandes weiter verschärft. Aufgrund des knappen
Impfstoffes sei davon auszugehen, dass die Impfkapazitäten in den
Praxen bis Weihnachten auch ohne die neue Regelung des Berliner
Senats voll ausgeschöpft seien.

Wie viele Menschen sind bisher in Berlin zum dritten Mal geimpft?

1,17 Millionen Menschen haben in der Hauptstadt bereits eine dritte
Impfung erhalten. Das sind nach Daten des Robert Koch-Instituts (RKI)
32 Prozent der Einwohner. Besonders relevant: Bei den Menschen ab 60
Jahren, die ein höheres Corona-Risiko haben als Jüngere, sind es fast
62 Prozent. Das ist deutlich mehr als im Bundesschnitt. Insgesamt
sind 70,7 Prozent mindestens zwei Mal geimpft (knapp 2,6 Millionen
Einwohner). Damit liegt die Hauptstadt im vorderen Bereich aller
Bundesländer.

Was sagen andere Experten zum Boostern?

Biontech-Gründer Ugur Sahin hatte sich angesichts der Ausbreitung der
Omikron-Variante für eine frühere dritte Impfung ausgesprochen. «Mit

Blick auf Omikron sind zwei Dosen noch keine abgeschlossene Impfung
mit ausreichendem Schutz. Wenn sich Omikron, wie es aussieht, weiter
ausbreitet, wäre es wissenschaftlich sinnvoll, bereits nach drei
Monaten einen Booster anzubieten», sagte er kürzlich dem «Spiegel».


Auch nach Einschätzung der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA von
vor rund anderthalb Wochen können Booster-Impfungen schon nach drei
Monaten erfolgen. Ungeachtet der Empfehlungen, die Auffrischung nach
sechs Monaten zu verabreichen, «sprechen die derzeit verfügbaren
Daten für eine sichere und wirksame Auffrischungsdosis bereits drei
Monate nach Abschluss der Grundimmunisierung», hatte der EMA-Direktor
für Impfstrategie, Marco Cavaleri, am 9. Dezember gesagt.

Warum soll es jetzt so schnell gehen?

Die Omikron-Variante des Coronavirus hat sich durch Mutationen stark
verändert im Vergleich zu früheren Mutanten. Sie gilt als sogenannte
Immunflucht-Variante. Antikörper von Geimpften und Genesenen sprechen
darauf schlechter an. Anders gesagt: Die erste Abwehrlinie des
menschlichen Immunsystems kann nach bisherigen Erkenntnissen leichter
von Omikron überwunden werden. Eine Booster-Impfung erhöht den
Antikörperspiegel wieder. Experten nehmen an, dass der Schutz
Geimpfter vor schwerer Erkrankung auch bei Omikron erhalten bleiben
dürfte. Es gilt unter Fachleuten als unwahrscheinlich, dass Omikron
per se mildere Krankheitsverläufe verursacht.

Wie gut ist der Schutz der Auffrischung gegen Omikron?

Besser als nach zwei Impfungen, aber keineswegs perfekt. Die
Frankfurter Virologin Sandra Ciesek etwa warnte vorige Woche vor
überhöhten Erwartungen an die Auffrischungsimpfung und vor
Nachlässigkeit bei Verhaltensregeln. «Im Moment habe ich das Gefühl,

dass vermittelt wird: Lassen Sie sich boostern und die Welt ist
wieder gut. Das ist nicht so.» Sie verwies auf Fälle von bereits
geboosterten Menschen, die sich selbst infiziert und auch andere
Personen angesteckt hätten. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD)
twitterte am Sonntag, der wahrscheinlichste Wert seien 70 bis 80
Prozent Schutz vor einer Infektion mit Symptomen. Ohne Booster sei
der Schutz zu schwach. Auch die Zeit, die seit dem Booster vergangen
ist, spielt laut Ciesek eine Rolle: Nach einigen Monaten falle der
Schutz vor Infektion erneut ab.

Bekommt man schnell einen Termin für die dritte Impfung?

Laut Senat ist genügend Impfstoff vorhanden - sowohl für Erwachsene
als auch für Kinder. In mehreren Impfzentren ließen sich am Montag
kurzfristige Termine für über 30-Jährige für die Auffrischungsimpfu
ng
buchen. In der Messe Berlin gab es Termine mit dem Moderna-Impfstoff
ab Dienstagnachmittag (21. Dezember). Auch an den folgenden Tagen
wurden viele Zeiträume angeboten. Das gleiche galt für den früheren
Flughafen Tegel und das ICC (beide Moderna). Jüngere Menschen unter
30 Jahren müssen etwas mehr Geduld haben, für sie gab es in manchen
Impfzentren erst Termine ganz kurz vor oder nach Weihnachten.

Allerdings bieten viele weitere Impfstationen in Einkaufszentren und
anderen Einrichtungen die Spritze ohne Terminvereinbarung an. Ob es
lange Wartezeiten gibt, wird über ein Ampelsystem angezeigt. Hier
standen am Montag die meisten Ampeln für die nächsten Tage auf Grün.


Welche Impfreaktionen drohen beim Booster und könnte die
Weihnachtsfeier dadurch beeinflusst werden?

Direkte Nachwirkungen der ersten Impfungen waren bei vielen Menschen
sehr unterschiedlich. Manche spürten nichts, andere lagen einen oder
zwei Tage im Bett. Über die dritte Impfung schreibt das RKI mit Blick
auf die Zulassungsstudien der mRNA-Impfstoffe: «Die Häufigkeit und
die Art möglicher Impfreaktionen und Nebenwirkungen nach
Auffrischungsimpfung sind vergleichbar mit denen nach der 2.
Impfstoffdosis.» Schwere unerwünschte impfstoffbezogene Ereignisse
seien nicht aufgetreten, auch keine Fälle von Herzmuskel- und
Herzbeutelentzündung. Auf Alkohol soll man allerdings kurz nach der
Impfung generell verzichten.

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