Betrug mit Corona-Tests - Vorschlag für anderes Bezahlungsmodell

Nur kurz in der Corona-Pandemie waren die sogenannten Bürgertests
nicht mehr ganz so wichtig. Mit Eintrittsregeln wie 3G und 2G-plus
für Geschäfte und Restaurants etwa sind sie wieder gefragt. Doch
manche Anbieter treiben Schindluder damit. Ließe sich das vermeiden?

Pforzheim (dpa/lsw) - Um Betrug mit Corona-Tests zu verhindern und
die Qualität solcher Tests zu erhöhen, empfehlen Forscher ein anderes
Finanzierungsmodell für die Schnelltests. Statt jeden durchgeführten
Test zu bezahlen, sollte es nur für positive und mit PCR-Test
bestätigte Tests Geld geben - dann aber deutlich mehr, schlagen
Wirtschaftsprofessor Hanno Beck von der Hochschule Pforzheim und
Kollegen vor. «Diese Finanzierung führt dazu, dass es einen starken
Anreiz dafür gibt, Schnelltest mit qualifiziertem Personal sorgfältig
durchzuführen, weil das Ziel nun darin besteht, Infizierte zu
identifizieren - und genau darum geht es ja bei der Testpflicht.»

Die Zahl der Verfahren im Zusammenhang mit Verdacht auf
Abrechnungsbetrug bei Testzentren in Baden-Württemberg liegt nach
Angaben des Landeskriminalamts aktuell im oberen zweistelligen
Bereich. Der bislang bekanntgewordene Gesamtschaden bewege sich im
oberen einstelligen Millionenbereich. Umfassend könne er allerdings
erst nach Abschluss der Ermittlungen beziffert werden.

Nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung werden acht Euro
je Abstrich gezahlt und 3,50 Euro je Testkit. Seit Juli wurden
deutschlandweit rund 100 Millionen sogenannte Bürgertests
abgerechnet. In Baden-Württemberg waren es in etwa 13 Millionen.

Der Bund kommt laut Gesundheitsministerium für die Kosten etwa in
Testzentren und Apotheken auf. Die Länder müssen ihre Einrichtungen
wie Kitas und Schulen versorgen. Zudem sind Arbeitgeber verpflichtet,
Mitarbeitenden mindestens zwei Tests wöchentlich anzubieten.

«Leider bietet das gegenwärtige Finanzierungsmodell Anreize, billiges
Personal einzusetzen und die Zahl der Tests zu maximieren, wenn nicht
sogar nur vorzutäuschen», schreiben die Wissenschaftler Beck, Aloys
Prinz und Elmar Wolfstetter in ihrem Vorschlag. «Wenn jeder Test
bezahlt wird, ergibt sich daraus der Anreiz, statt auf Qualität auf
Quantität zu setzen und die Einnahmen zu maximieren.»

Für eine Beispielrechnung gehen die Wissenschaftler von monatlich 20
Millionen Tests und einem Budget von 460 Millionen Euro aus. Bei
einer Positivrate der PCR-Tests von 20 Prozent könnte man pro positiv
bestätigten Schnelltest 115 Euro zahlen. Eine Alternative wäre - 3,50
Euro je Test für das Material zu zahlen. Für die positiven,
verifizierten Tests blieben dann jeweils 97,50 Euro.

Das Bundesgesundheitsministerium äußerte sich auf Anfrage nicht dazu,
ob es mal Überlegungen gab, das Finanzierungsmodell zu ändern. Auf
der Internetseite der Behörde heißt es, die Kassenärztlichen
Vereinigungen prüften die Abrechnungen der Tests auf Plausibilität
sowie stichprobenartig und anlassbezogen die ordnungsgemäßen
Durchführung und Abrechnung der Testungen - sofern notwendig vor Ort.
Zu Unrecht gezahlte Gelder würden zurückgefordert. Bei Verdacht auf
strafbare Handlungen werde die Staatsanwaltschaft informiert.

Diese hat alleine in Freiburg inzwischen eine zweistellige Zahl an
Ermittlungsverfahren wegen des Tatvorwurfs des Abrechnungsbetruges
bei Corona-Testzentren laufen. Vereinzelt seien Verfahren mangels
hinreichenden Tatverdachts eingestellt worden, teilte eine Sprecherin
mit. Vor Gericht wurde bisher noch kein Fall zu Anklage gebracht.

Anders sieht es etwa im nordrhein-westfälischen Bochum aus, wo seit
Anfang des Monats Betreibern von mehr als 70 Teststellen in ganz
Deutschland der Prozess gemacht wird. Sie sollen den Staat um rund 25
Millionen Euro betrogen haben, indem sie rund eine Million
Bürgertests abgerechnet hätten, die nie durchgeführt worden seien.

Die Forscher haben sich auch Gedanken dazu gemacht, welche Nachteile
ihr Modell haben könnte. Die Zahl der Teststellen würde sinken,
schreiben sie - vor allem jener, die nur wenige Tests durchführen.
«Die Schnelltest-Trittbrettfahrer würden verschwinden»,
schlussfolgern sie. «Damit würden auch automatisch die Betrügereien
mit Scheintests zurückgehen, da es sich für die Erstattung von 3,50
Euro Sachkosten nicht lohnt, eine Teststelle zu betreiben.»

Folge könnte auch ein Rückgang der Zahl der Schnelltests sein. Das
sehen die Autoren aber nicht als großes Problem an, weil sie nicht
davon ausgehen, dass sich ausgerechnet diejenigen nicht mehr testen
ließen, die ein höheres Infektionsrisiko haben. «Und eine hohe Zahl
von Tests hilft bei der Pandemie-Bekämpfung nicht, wenn diese Tests
schlampig durchgeführt oder nur vorgetäuscht werden.»

Zudem müsste die Bezahlung der positiven Tests dem Vorschlag zufolge
bei konstantem Budget angepasst werden, wenn sich die Inzidenz
ändert: «Bei einer geringeren Zahl von positiven Tests muss man pro
Positiv-Ergebnis entsprechend mehr zahlen und umgekehrt.»

Online-Wechsel: In drei Minuten in die TK

Online wechseln: Sie möchten auf dem schnellsten Weg und in einem Schritt der Techniker Krankenkasse beitreten? Dann nutzen Sie den Online-Beitrittsantrag der TK. Arbeitnehmer, Studenten und Selbstständige, erhalten direkt online eine vorläufige Versicherungsbescheinigung. Die TK kündigt Ihre alte Krankenkasse.

Jetzt der TK beitreten





Zur Startseite