Kliniken warnen vor nicht dagewesener Notlage zu Weihnachten

50 Covid-Patienten sollen wegen Überlastung der bayerischen
Intensivstationen in andere Bundesländer verlegt werden. Doch das
wird die Krise nach Einschätzung der Kliniken nicht lösen.

München (dpa/lby) - Angesichts der schnell steigenden Zahl von
Corona-Patienten fürchten Bayerns Kliniken zum Jahresende eine
bislang nicht dagewesene Notlage in der Versorgung. Die Verlegung von
Patienten in andere Bundesländer im Rahmen des sogenannten
Kleeblatt-Mechanismus werde nur kurzfristig Abhilfe schaffen, warnt
Roland Engehausen, der Geschäftsführer der Bayerischen
Krankenhausgesellschaft.

«Alle Prognosen gehen in die Richtung, dass die Zahl der Patienten
weiter steigen wird und wir in Bayern keine ausreichenden
Intensivkapazitäten haben», sagte Engehausen der Deutschen
Presse-Agentur. «Die momentan noch vorhandenen Intensivkapazitäten im
Norden werden uns nur einige Wochen helfen können, weil auch dort die
Belegung steigt.»

Derzeit ist wegen Überlastung der bayerischen Kliniken die Verlegung
von etwa 50 Covid-Intensivpatienten in andere Bundesländer in
Vorbereitung. Doch wird derzeit jeden Tag eine zweistellige Zahl von
zusätzlichen Intensivpatienten in den Kliniken aufgenommen, allein am
Mittwoch waren es über 40. «Wir müssen in Bayern mit den Zahlen der
Neuinfizierten runter», sagte Engehausen. «Sonst geraten wir zwischen
Weihnachten und Neujahr in ein Drama hinein, das es so noch nicht
gegeben hat.»

Schon jetzt gibt es nach Engehausens Worten wachsende Schwierigkeiten
bei der Aufnahme und Versorgung von Notfallpatienten. «Wenn man heute
einen schweren Unfall zum Beispiel in Südostbayern hat, wird immer
öfter die Flugrettungskapazität für längere Entfernungsstrecken
nötig, die dafür aber nicht ausreicht», sagte der BKG-
Geschäftsführer. «Der Weg in ein aufnahmefähiges Krankenhaus wird
derzeit leider immer länger.»

Die Sieben-Tage-Inzidenz in Bayern ist zwar den zweiten Tag infolge
leicht zurückgegangen, laut RKI-Dashboard von 644,3 auf 641,1 am
Donnerstagmorgen. Doch die absolute Zahl der Neuinfektionen steigt
weiter. Die bayerischen Gesundheitsämter meldeten dem RKI innerhalb
eines Tages 17 871 Neuinfektion und 88 Corona-Tote.

«Die vierte Infektionswelle der Corona-Pandemie stellt die
Krankenhäuser in Bayern vor bislang nicht gekannte
Herausforderungen», hieß es auch im Gesundheitsministerium. Die
durchschnittliche Gesamtauslastung der Intensivkapazitäten in Bayern
betrage rund 90 Prozent. «Damit stehen durchschnittlich gerade einmal
noch 1,5 freie Intensivbetten pro Standort zur Verfügung», erklärte
ein Sprecher.

In einzelnen Regionen Bayerns, insbesondere in Oberbayern,
Niederbayern und Schwaben, ist laut Ministerium eine «flächendeckende
Überlastung» eingetreten, auch in den übrigen Regierungsbezirken
seien die Kapazitäten am Limit.

In etlichen Kommunen in Bayern wird das öffentliche Leben
heruntergefahren, weil die Sieben-Tage-Inzidenz über der 1000er Marke
liegt: Restaurants, Hotels, Sport- und Kulturstätten müssen
schließen. Am Donnerstag traf das für elf Städte und Landkreise zu.
Die höchsten Zahlen meldete der Landkreis Freyung-Grafenau mit einer
Sieben-Tage-Inzidenz von 1486,8. Die Landkreise Unterallgäu,
Deggendorf und Altötting lagen nur noch knapp darunter.

«Wir sind froh über die Kleeblattregelung, aber das bedeutet keine
Entspannung», sagte Engehausen zu dem bundesweit koordinierten
Verfahren. «Die Covid-Patientenzahlen steigen weiter.» Am Mittwoch
waren in Bayern 1013 Covid-Intensivpatienten in Behandlung. Zum
Vergleich: Mitte August waren es unter 50, Mitte Oktober noch unter
300. Mittlerweile liegen in mehr als einem Drittel der knapp 3000
Intensivbetten Corona-Patienten.

Die normale Belegung einer Intensivstation liege bei etwa 80 Prozent,
sagte Engehausen. «Über neunzig Prozent Auslastung sind dauerhaft
nicht zu bewältigen, auch weil das Personal überlastet ist.»

Krankenhäuser und Mediziner machen inzwischen keinen Hehl mehr aus
ihrem Ärger über die Politik. Engehausen kritisierte die künftige
Ampel-Koalition: «Ich bin nach wie vor fassungslos, dass die
pandemische Lage politisch im Bundestag beendet wurde.» Neue
bürokratische Auflagen bedeuten nach Engehausens Worten ebenfalls
eine Zusatzbelastung für die Kliniken.

«Aus meiner Sicht ein echter Skandal ist, dass den Krankenhäusern mit
dem neuen Infektionsschutzgesetz plötzlich neue 2G plus Testregeln
für das geimpfte Personal mit hohen Dokumentations- und
Kontrollpflichten auferlegt wurden, die praktisch nicht umsetzbar
sind», sagte der BKG-Geschäftsführer. «Das gilt seit Mittwoch. Die

Krankenhäuser müssen in einer Struktur, die wir noch nicht kennen,
alle zwei Wochen die Impfung ihrer Beschäftigten an eine Stelle
melden, die wir auch noch nicht kennen.»

Nach Einschätzung der Krankenhausgesellschaft ist die Vorschrift
sinnlos: «Wer hat etwas davon, wenn man weiß, wie oft geimpfte
Beschäftigte getestet werden?», fragte Engehausen. «Wir verplempern
Zeit mit Bürokratie, statt unsere Arbeit zu machen.»

Online-Wechsel: In drei Minuten in die TK

Online wechseln: Sie möchten auf dem schnellsten Weg und in einem Schritt der Techniker Krankenkasse beitreten? Dann nutzen Sie den Online-Beitrittsantrag der TK. Arbeitnehmer, Studenten und Selbstständige, erhalten direkt online eine vorläufige Versicherungsbescheinigung. Die TK kündigt Ihre alte Krankenkasse.

Jetzt der TK beitreten





Zur Startseite