Europas Corona-«Oase»: Spanien und Portugal halten Virus in Schach Von Emilio Rappold, dpa

In Europa schießen die Corona-Zahlen fast überall in die Höhe. Aber
es gibt eine Halbinsel der Glückseligen: Trotz voller Bars,
Restaurants und Einkaufsstraßen ist die Corona-Lage in Spanien und
Portugal relativ entspannt. Was macht man dort besser?

Madrid (dpa) - Während die Pandemie in Deutschland und den meisten
anderen europäischen Ländern wieder für Alarmstimmung sorgt, gibt das

Coronavirus der Minderheitsregierung in Spanien Auftrieb. Die
Oppositionspolitiker, die «früher so geschrien haben, schweigen
jetzt», rief Ministerpräsident Pedro Sánchez dieser Tage in der
Touristenhochburg Benidorm. Der «bevorstehende Triumph» gegen die
Pandemie sei «ein Erfolg der Regierung und der gesamten spanischen
Gesellschaft», sagte der Sozialist vor jubelnden Anhängern «mit
geschwellter Brust», wie Medien feststellten. Er versprach,
«vielleicht im Frühling» werde das Virus endgültig besiegt sein».


In der Tat: Sowohl Spanien als auch das westliche Nachbarland
Portugal sind derzeit, wie die spanische Zeitung «El Periódico»
schrieb, eine Corona-«Oase» in Europa. Zwar klettert die
7-Tage-Inzidenz seit etwa einem Monat auch in beiden Ländern wieder.
In Spanien zum Beispiel vom 2021er-Tiefstwert von ca. 18 Mitte
Oktober auf zuletzt 55. In Portugal lag die Zahl bei etwa 100. Doch
diese Werte sind im Vergleich zu denen anderer Länder immer noch sehr
niedrig. Deutschland verzeichnete am Donnerstag einen Höchststand von
knapp 337. In den Niederlanden sind es deutlich über 700, und in
Österreich nähert sich die Inzidenz gar der 1000er-Marke.

Für mehr Entspannung als die relativ niedrigen Infektionszahlen
sorgen auf der iberischen Halbinsel derweil vor allem die wenigen
schweren Fälle. Die Zahl der Covid-Intensivpatienten ging in Portugal
etwa von Dienstag zum Mittwoch um fünf auf 75 zurück. «Die Lage in
den Krankenhäusern ist überall sehr entspannt», schrieb die
renommierte Zeitung «Público» unter Berufung auf eigene Reporter. Und

auch in Spanien sind nur 3,6 Prozent aller Krankenhaus- und rund 13
Prozent aller Intensivbetten mit Covid-Patienten belegt. 2G oder
Impfpflicht stehen bei den Iberern daher gar nicht zur Debatte.

Kaum jemand glaubt, dass es Zufall ist, dass die verhältnismäßig
entspannte Lage in Ländern registriert wird, deren Impfquoten mit 87
(Portugal) sowie knapp 80 Prozent (Spanien) mit die höchsten in
Europa und auch weltweit sind. Impfgegner sind unterdessen in Madrid
und Barcelona, in Lissabon und Porto kaum zu hören. «El Mundo» weiß
,
warum das so ist: «Die Spanier haben großes Vertrauen in die
Wissenschaft und einen ausgeprägten Sinn für Disziplin», kommentierte

das Blatt an diesem Dienstag.

In Portugal ist es ähnlich. «Wenn ich im Fernsehen die Kundgebungen
der Verschwörungstheoretiker in Deutschland, England und anderen
Ländern sehe, bin ich sehr stolz auf meine Landsleute», sagte Wirtin
Fernanda der Deutschen Presse-Agentur dpa in Lissabon.

Doch nicht nur hohe Impfquoten tragen in Spanien und Portugal zum
Erfolg bei. Obwohl es in beiden Ländern zurzeit nur wenige
Corona-Beschränkungen gibt und Sánchez tönt, bleiben die Bürger
zumeist vorsichtig. Ja, sie genießen in den überfüllten Restaurants
und Bars das Leben in vollen Zügen, tragen auf der Straße aber immer
noch fast immer Maske. Und schon bei geringen Anstiegen der Zahlen
warnen die Medien und reagieren die Behörden. Die Regionen Valencia
und Baskenland wollen für das Nachtleben den Covid-Pass einführen,
den in Spanien bisher nur die Balearen mit Mallorca sowie Galicien
anwenden. Die Polizei in Madrid schlägt für den erwarteten
Weihnachtsrun auf die Läden die Wiedereinführung der Maskenpflicht im
Freien für Einkaufsmeilen wie die Gran Via vor. Und in Portugal kommt
die Regierung am Freitag zur Evaluierung der Lage zusammen.

Stolz wie Wirtin Fernando, und vor allem glücklich, ist in Portugal
auch die Staatssekretärin für Tourismus, Rita Marques, die diese
Woche in Deutschland für ihr Land warb. Bei Treffen mit
Airline-Vertretern und Reiseveranstaltern betonte sie immer wieder,
Portugal habe «die höchste Impfquote der Welt». «Wir wissen, dass d
ie
Deutschen sichere Urlaubsziele bevorzugen, und Portugal hat nicht nur
98 Prozent aller Impfberechtigten vollständig geimpft, sondern als
erstes Urlaubsziel das Sicherheitssiegel Clean and Safe eingeführt,
mit dem 22 000 Unternehmen im ganzen Land ausgezeichnet sind», sagte
sie in einem bilanzierenden Gespräch mit dpa.

In Benidorm im Osten Spaniens, wo Sánchez sich vor wenigen Tagen im
Erfolg sonnte, genießen dieser Tage viele Deutsche und vor allem
viele, sehr viele Briten die Corona-Entspannung und die Temperaturen
von zum Teil noch immer über 20 Grad. «Man sieht hier vor allem viele
Engländer, große Gruppen älterer und auch jüngerer Männer», erz
ählt
die Hamburgerin Sabina. In den meisten Bars seien alle Tische auch
tagsüber voll.

Fernanda und wohl alle Wirte in Spanien und Portugal reiben sich die
Hände. Die Erholung des Tourismussektors ist, wie Rita Marques
betonte, «in vollem Gange». Doch nicht alle freuen sich über die
Besucher aus den europäischen Corona-Hochburgen. Der portugiesische
Starkarikaturist Luis Afonso ließ seine Figur «Bartoon», die die
letzte Seite von «Público» seit 28 Jahren ziert, am Mittwoch die
Werbetour von Staatssekretärin Marques ironisch kommentieren. «Sind
die Deutschen nicht diejenigen, die haufenweise Infektionen haben?»

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