Die USA zwischen Hoffen und Bangen: Ende der Delta-Welle in Sicht? Von Julia Naue, dpa

Ist das Schlimmste vorbei? Die Corona-Zahlen in den USA sinken. Doch
viele blicken mit Sorge auf den Herbst. Im Süden des Landes zeigte
die Delta-Variante im Sommer, was sie anrichten kann. Doch andere
Regionen haben im Vergleich zu den Südstaaten einen klaren Vorteil.

Washington (dpa) - Am Ende hilft doch nur Beten. Das zumindest meint
eine Taxifahrerin im US-Bundesstaat Mississippi, wenn sie an Corona
denkt. Klar, es sei schon sinnvoll, sich an die Regeln zu halten.
Aber sie gehe trotzdem auf Nummer sicher, sagt sie und lacht
herzlich. Als die Delta-Variante die USA im Sommer mit voller Härte
erwischte, waren gerade die südlichen Staaten des Landes wie
Mississippi heftig getroffen. Nun gehen die Corona-Fallzahlen zurück,
besonders auch im Süden. Doch viele fürchten, dass es im Herbst
andere Regionen des Landes hart treffen könnte. Denn weiterhin sind
mehr als 70 Millionen Menschen im Land, die für eine Impfung infrage
kommen, nicht geimpft.

Die USA waren optimistisch in den Sommer gestartet - eine Zeit lang
mussten Geimpfte etwa im Supermarkt gar keine Maske mehr tragen. In
der Hauptstadt Washington setzten trotzdem weiter viele auf die Maske
- in anderen Teilen des Landes nicht unbedingt. Im Juni, bevor sich
die Delta-Variante durchgesetzt hatte, lag die Zahl der täglichen
Neuinfektionen zeitweise bei nur rund 10 000 pro Tag. Doch die
Euphorie war schnell vorbei. Diese Zahl kletterte bald auf weit mehr
als 100 000. Heute liegt sie bei 95 000 - Tendenz sinkend. Doch
Fachleute sind sich sicher: Solange beim Impfen keine deutlichen
Fortschritte gemacht werden, ist die Lage weiter ernst.

Bislang sind in den USA 53,4 Prozent der rund 330 Millionen Menschen
vollständig geimpft. US-Präsident Joe Biden hatte zuletzt auf eine
weitgehende Impfpflicht für Arbeitnehmer gesetzt. Doch die Zahl
scheint nur im Schneckentempo zu steigen. Gerade im Süden sperren
sich viele gegen die Impfung. «Ich denke, dass die Amerikaner im
Allgemeinen, aber vielleicht die Menschen in Mississippi noch ein
bisschen mehr, sich nicht gerne sagen lassen, was sie tun sollen»,
sagt LouAnn Woodward. Sie ist Leiterin der Universitätsklinik in
Jackson, der Hauptstadt von Mississippi. Vollständig geimpft ist in
dem Bundesstaat nicht einmal die Hälfte der Bevölkerung. Der Staat
zählt zu den Schlusslichtern beim Impfen.

Woodward hat schlimme Wochen hinter sich. Zeitweise mussten in der
Klinik in Jackson zwei Feldkrankenhäuser für Covid-Patienten
aufgebaut werden, weil die Kapazitäten einfach nicht mehr reichten.
«Ich bin fast jeden Tag zu beiden Krankenhäusern gegangen und habe
nach dem Rechten gesehen», erzählt sie sichtlich erschüttert. Sie
hätte sich vorher niemals vorstellen können, Menschen in Zelten zu
versorgen. «Klar, das waren jetzt nicht so Zelte wie beim Camping.»
Aber trotzdem: Das alles habe sich ein bisschen wie von der Realität
losgelöst angefühlt. Die Erfahrungen der letzten Monate hätten auch
das Klinikpersonal traumatisiert. Und zu einem gewissen Grad habe es
auch eine Wut gegeben - auf jene, die sich nicht haben impfen lassen.

Experten gehen davon aus, dass der Süden das Schlimmste überstanden
haben könnte. Einen Anstieg der Infektionszahlen gebe es nun im
Mittleren Westen und im Nordwesten der USA, sagte Scott Gottlieb, der
ehemalige Leiter der Arzneibehörde FDA, dem Sender CNN. Diese
Regionen seien nicht immun gegen eine eigene Delta-Welle, auch den
Nordosten könnte es treffen. Besonders, weil dort nun auch langsam
das Wetter schlechter werde, Menschen sich wieder eher drinnen
aufhielten und die Schule gestartet sei. Doch Gottlieb hat auch gute
Nachrichten: Er geht davon aus, dass um Thanksgiving herum, also um
den US-Feiertag Ende November, die Delta-Welle vorbei sein könnte.

Aber wird es andere Regionen der USA vorher so heftig wie den Süden
treffen? «Es liegt in unserer Macht und in unserem Einflussbereich,
dies zu verhindern», sagte der Immunologe Anthony Fauci, der zu den
Beratern von US-Präsident Joe Biden zählt. Die besten Möglichkeiten
seien Impfen und Masken tragen. An der Westküste und in den
nördlichen Staaten der US-Ostküste ist die Impfquote jedenfalls
deutlich höher als im Süden.

In Staaten wie Mississippi gibt man sich unterdessen vorsichtig
optimistisch. Die Taxifahrerin in Jackson hat sich am Ende dann doch
nicht ausschließlich auf Gott verlassen. Sie ist gut durch die
Pandemie gekommen - aber ohne Maske ins Taxi einsteigen? Das würden
einige versuchen, erzählt sie. Aber nicht mit ihr.

Online-Wechsel: In drei Minuten in die TK

Online wechseln: Sie möchten auf dem schnellsten Weg und in einem Schritt der Techniker Krankenkasse beitreten? Dann nutzen Sie den Online-Beitrittsantrag der TK. Arbeitnehmer, Studenten und Selbstständige, erhalten direkt online eine vorläufige Versicherungsbescheinigung. Die TK kündigt Ihre alte Krankenkasse.

Jetzt der TK beitreten





Zur Startseite