Blutspende-Einschränkungen für homosexuelle Männer gelockert

Die geltenden Blutspenderegeln wurden lange kritisiert. Homo- und
bisexuelle Männer würden damit diskriminiert, so der Vorwurf von
Verbänden und Politikern. Nun gibt es neue Regeln. Die Kritik bleibt.

Berlin (dpa) - Für homo- und bisexuelle Männer gelten bei der
Blutspende ab jetzt weniger starke Einschränkungen. Die
Bundesärztekammer veröffentlichte am Freitag eine entsprechend
reformierte Blutspenderichtlinie. Darin wurden mehrere lange
kritisierte Formulierungen abgeändert. Die Reform stieß dennoch auf
Kritik, unter anderem bei der Deutschen Aidshilfe, die auch weiterhin
eine Diskriminierung von schwulen und bisexuellen Männern sieht.

Konkret geht es um die sogenannte «Richtlinie zur Gewinnung von Blut
und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten». Darin
sind die Regeln festgelegt, unter welchen Bedingungen welche
Personengruppen Blut spenden dürfen. Für die Richtlinie sind die
Bundesärztekammer und das Paul-Ehrlich-Institut verantwortlich. Sie
wurde nach langen Diskussionen überarbeitet.

Neben neuen Formulierungen wird darin nun auch die Frist zur
Zulassung einer Blutspende bei sogenanntem sexuellen Risikoverhalten
von zwölf Monaten auf vier Monate verkürzt. Dabei geht es um die
Zeit, die nach einem solchen Verhalten verstreichen muss, bevor eine
Blutspende möglich ist. Eine Zulassung nach vier Monaten führe nicht
zu einer Erhöhung des Risikos für die Empfängerinnen und Empfänger

von Blut und Blutprodukten, hieß es von der Bundesärztekammer.

In der bisherigen Richtlinie war vorgeschrieben, dass «Personen»,
deren «Sexualverhalten ein gegenüber der Allgemeinbevölkerung
deutlich erhöhtes Übertragungsrisiko» für Infektionskrankheiten wie

HIV berge, für zwölf Monate «von der Spende zurückzustellen sind
».
Genannt wurden in dem Zusammenhang explizit «heterosexuelle
Personen» mit häufig wechselnden Partnern, Prostituierte,
«transsexuelle Personen mit sexuellem Risikoverhalten» und generell
auch «Männer, die Sexualverkehr mit Männern haben (MSM)».

Das hatte etwa die FDP als diskriminierend kritisiert. Damit werde
Personengruppen als Ganzes «ein unreflektiertes und risikoreiches
Sexualverhalten unterstellt». Entscheidend für ein Infektionsrisiko
sei nicht die sexuelle oder geschlechtliche Identität eines Menschen,
sondern das tatsächliche Risikoverhalten.

Die Blutspende-Sperre gilt nun laut der reformierten Richtlinie für
vier Monate unter anderem bei «Sexualverkehr zwischen Frau und Mann
mit häufig wechselnden Partnern/Partnerinnen», «Sexualverkehr
zwischen Männern (MSM) mit einem neuen Sexualpartner oder mehr als
einem Sexualpartner» und «Sexualverkehr einer Transperson mit häufig

wechselnden Partnern/Partnerinnen».

Björn Beck vom Vorstand der Deutschen Aidshilfe begrüßte zwar, «das
s
statt Gruppenzugehörigkeiten in Zukunft reale HIV-Risiken eine
größere Rolle spielen sollen». Das Problem der Diskriminierung von
schwulen und bisexuellen Männern werde aber nicht gelöst. Für sie
werde Monogamie zur Bedingung für eine Blutspende gemacht. Außerdem
sei die gesonderte Nennung von Transpersonen «schlicht
stigmatisierend».

Der FDP-Politiker Jens Brandenburg nannte die Lockerung des
Blutspendeverbots Augenwischerei. «Die Diskriminierung bleibt. Auch
der geschützte Sex zwischen Single-Männern wird unsinnigerweise
pauschal zum Risiko erklärt. Blut ist nicht schwul oder hetero.»