Laschet: Rennen ums Kanzleramt offen - Union «in einer Aufholjagd»

Knapp eine Woche vor der Bundestagswahl liegen CDU/CSU nach wie vor
klar hinter der SPD. CDU-Chef Armin Laschet trommelt weiter gegen
Rot-Rot-Grün. Und er setzt auf die Unentschiedenen.

Berlin (dpa) - Unionskanzlerkandidat Armin Laschet gibt sich zum
Start in die entscheidende Woche vor der Bundestagswahl angesichts
leicht verbesserter Umfragewerte siegesgewiss. «Ich bin der festen
Überzeugung, dass die Union diese Bundestagswahl gewinnen wird. Wir
befinden uns in einer Aufholjagd, und das Rennen ist offen wie nie
zuvor», sagte der CDU-Vorsitzende am Montag nach Beratungen des
engsten Führungszirkels seiner Partei in Berlin. Fast jeder Vierte
wisse noch nicht endgültig, welche Partei er wählen werde.

Es gebe viele historische Beispiele, bei denen Umfragen und
Wahlergebnisse auseinander gelegen hätten, machte Laschet deutlich.
«Deshalb kämpfen wir darum, stärkste politische Kraft zu werden.»


Auch CSU-Chef Markus Söder betonte nach einer Vorstandssitzung seiner
Partei in München, die Wahl sei noch nicht gelaufen - es werde ein
Wimpernschlagfinale. Seit dem CSU-Parteitag vor einer Woche gebe es
einen spürbaren Stimmungswechsel, «die Talfahrt der letzten Wochen
ist gestoppt». Die CSU werde nun bis zur Wahl um jede Stimme kämpfen.
SPD und Grünen warf er zu viel Siegesgewissheit vor: «Das ist wie im
Fußball: Wer in der 80. Minute glaubt, er hat schon gewonnen, der
erlebt manchmal sein schwarzes Wunder am Schluss.»

In den Umfragen der vergangenen sieben Tage kommt die SPD auf
durchgängig auf 25 oder 26 Prozent, CDU/CSU liegen bei 20 bis 23, die
Grünen bei 15 bis 17 Prozent. Die FDP erreicht 10 bis 13 Prozent, die
Linken kommen auf 6 bis 8 und die AfD auf 11 oder 12 Prozent. In
einer neuen Insa-Umfrage im Auftrag der «Bild»-Zeitung legten CDU/CSU
um 1,5 Punkte auf 22 Prozent zu, die SPD verliert einen Punkt und
kommt auf 25 Prozent. Grüne (15 Prozent) und Linke (6,5 Prozent)
bleiben gleich. AfD (11 Prozent) und FDP (12 Prozent) verlieren im
Vergleich zur Vorwoche jeweils einen halben Punkt.

Laschet sagte zum dritten und letzten großen TV-Schlagabtausch mit
den Kanzlerkandidaten von SPD und Grünen vom Sonntagabend: «Wir hab
en
erlebt, dass Rot und Grün zusammenstehen und ähnliche Vorstellungen
zur Wirtschafts- und Finanzpolitik und zur inneren Sicherheit haben.»
Wenn auch noch die Linke dabei gewesen wäre, dann wäre die
Frontenstellung bei der Wahl klar gewesen. «Insofern bin ich dankbar
für den gestrigen Tag, weil er genau die Richtungsentscheidung, um
die es jetzt geht, deutlich gemacht hat.» Rot-Rot-Grün «würde
Deutschland in eine schwere wirtschaftliche Krise führen», wenn sie
ihre Ziele umsetzen würden, warnte Laschet.

In einer nach der Sendung veröffentlichten Umfrage unter Zuschauern
stimmten auf die Frage, wer alles in allem das Triell bei ProSieben,
Sat.1 und Kabeleins gewonnen habe, 42 Prozent für den SPD-Kandidaten
und Bundesfinanzminister Olaf Scholz. Auf Platz zwei landete Laschet
mit 27 Prozent. Annalena Baerbock von den Grünen kam auf 25 Prozent.

Mit Blick auf den an diesem Dienstag geplanten gemeinsamen Auftritt
mit Kanzlerin Angela Merkel in deren bisherigem Wahlkreis Stralsund
sagte Laschet, Merkel habe bei mehreren Auftritten sehr deutlich
gemacht, «dass der Versuch von Olaf Scholz, ein wenig Angela Merkel
zu spielen, kläglich gescheitert ist. Er hat sie vier Jahre lang
bekämpft und an der Durchsetzung von Positionen gehindert.»

Erneut forderte Laschet Scholz auf, klar zu machen, dass er sich
nicht von der Linkspartei ins Amt bringen lassen werde - «sei es
geduldet, sei es mit Minderheitsregierung oder sei es sogar im
allerschlimmsten Fall mit einer Koalition». Selbst wenn die SPD auf
Platz zwei liegen sollte, werde sie je nach Wahlergebnis in der Lage
sein, ein rot-rot-grünes Bündnis zu bilden. «Wir tun alles, auf Platz

eins zu liegen und so stark zu sein, dass ein solches Bündnis nicht
zustande kommt», sagte Laschet.

In einem von Laschet gemeinsam mit den Ministerpräsidenten von
Sachsen und Sachsen-Anhalt, Michael Kretschmer und Reiner Haseloff,
sowie der sächsischen Staatsministerin für Kultur und Tourismus,
Barbara Klepsch präsentierten 15-Punkte-Programm für gleichwertige
Lebensverhältnisse in Stadt und Land sowie in Ost und West, kündigt
die CDU unter anderem an, ehrenamtlich tätigen Menschen kostenlose
Fahrten in Bussen und Bahnen ermöglichen zu wollen.

In dem Papier, das weitgehend im gemeinsamen Wahlprogramm von CDU und
CSU enthaltene Punkte präzisiert, werden auch Maßnahmen gegen
drohenden Ärztemangel genannt. «Für gleichwertige Lebensverhältniss
e
braucht es eine passgenaue medizinische Versorgung im ländlichen
Raum», sagte CDU-Vize und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn der
Deutschen Presse-Agentur. «Deshalb sollte es Aufgabe der nächsten
Bundesregierung sein, zusammen mit den Ländern 5000 zusätzliche
Studienplätze für Humanmedizin zu schaffen und das mit einer höheren

Landarztquote bei der Studienplatzvergabe zu verbinden.»

Der in Laschets Team für Wirtschaft und Finanzen zuständige Friedrich
Merz sagte der dpa, besonders entscheidend für langfristig
gleichwertige Lebensverhältnisse in der Stadt und auf dem Land sei
neben Glasfaser und dem schnellen Mobilfunkstandard 5G die Mobilität:
«Wir brauchen mehr Investitionen in den Nahverkehr sowie in Schiene
und Straße.» Unionsfraktionsvize Andreas Jung, ebenfalls Mitglied im
«Zukunftsteam» Laschets, betonte, Waldumbau und Wiederaufforstung
seien eine gesellschaftliche Aufgabe. «Denn der Wald ist auch ein
starker Klimaschützer - er bindet große Mengen CO2. Diese
Ökosystemleistung muss finanziell honoriert werden.»