Gewalt in der Klinik - Prozess um versuchten Mord an Pflegerin

Ein Krankenhaus soll ein Ort der Gesundheit und der Heilung sein. Für
einige Pflegekräfte aber wird er zum Gegenteil: Sie erleben Gewalt am
Arbeitsplatz - von verbalen Entgleisungen bis hin zum Mordversuch.

München (dpa) - Viele Pflegekräfte erleben laut Studien Gewalt im
Krankenhaus. Ein besonders schwerer Fall wird an diesem Montag (9.30
Uhr) am Landgericht München II verhandelt. Dort steht ein psychisch
kranker Mann vor Gericht, weil er im Schwesternzimmer einer Klinik im
oberbayerischen Peiting versucht haben soll, eine Pflegerin zu
ermorden. Laut Staatsanwaltschaft soll er mit einer Nagelschere auf
die Frau eingestochen haben.

In einer 2018 veröffentlichten Studie des Universitätsklinikums
Hamburg-Eppendorf (UKE) im Auftrag der Berufsgenossenschaft für
Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) gaben 70 Prozent der
2000 befragten Pflegekräfte an, in den vergangenen zwölf Monaten im
Beruf körperliche Gewalt erfahren zu haben. Bei verbaler Gewalt waren
es sogar 94 Prozent.

Die höchsten Werte zeigten sich nach Angaben einer BGW-Sprecherin im
Bereich Krankenhaus: Dort nannten 97 Prozent der Befragungsteilnehmer
verbale und 76 Prozent körperliche Gewalterlebnisse.

Das Deutsche Krankenhausinstitut (DKI) listete für das Jahr 2018 im
Durchschnitt 5,7 Unfallmeldungen je Krankenhaus auf, die auf
körperliche Übergriffe zurückzuführen waren. Die Zahl der Übergri
ffe
ohne Unfallfolgen war deutlich höher. Ein Sprecher der Deutschen
Krankenhausgesellschaft (DKG) weist aber darauf hin, dass
möglicherweise eine hohe Dunkelziffer bestehe. «Ein Grund dafür kann

sein, dass Beschäftigte etwa verbale Übergriffe nicht als Gewalt
registrieren oder kleinere körperliche Übergriffe nicht melden.»

Dass Kliniken darum inzwischen Sicherheitsdienste einsetzen, sei kein
Einzelfall. Zahlen dazu, in wie vielen Krankenhäusern in Deutschland
das bisher der Fall ist, hat die DKG zwar nicht. «In vielen Kliniken
werden sie aber vor allem in den Notaufnahmen eingesetzt», sagte der
Sprecher.

Nach Angaben von Kathrin Weidenfelder, Gewerkschaftssekretärin bei
Verdi Bayern für den Fachbereich Gesundheit, soziale Dienste,
Wohlfahrt und Kirchen, hat die Corona-Pandemie die Situation sogar
noch einmal verstärkt - beispielsweise weil uneinsichtige Angehörige
handgreiflich wurden, wenn sie nicht ins Krankenhaus gelassen wurden.