Gegenwind für Vorschlag zu «Freedom Day»: «Noch zu leichtsinnig»

Berlin/Osnabrück (dpa/lni) - Ein «Freedom Day» nach britischem
Vorbild mit dem Ende aller wesentlichen Corona-Beschränkungen stößt
im Nordwesten auf Ablehnung in den Landesregierungen und bei Ärzten.
Bremens Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) sagte der
«Neuen Osnabrücker Zeitung» (NOZ/Sonntag/online) zum Vorschlag von
Bundes-Kassenärzte-Chef Andreas Gassen, einen solchen Schritt für den
30. Oktober anzupeilen: «Wir müssen die Impfbereitschaft weiter
erhöhen. Daran müssen wir arbeiten, nicht an einem «Freedom Day».
»

Ähnlich äußerte sich die niedersächsische Gesundheitsministerin
Daniela Behrens (SPD): «Wir müssen leider davon ausgehen, dass die
Infektionszahlen in der kalten Jahreszeit wieder deutlich ansteigen.»
Ein Ende der Corona-Maßnahmen halte sie «noch für zu leichtsinnig».


Zuvor hatte sich Gassen in einem Interview der Zeitung für ein
Auslaufen der Corona-Einschränkungen Ende Oktober ausgesprochen.
«Nach den Erfahrungen aus Großbritannien sollten wir auch den Mut
haben zu machen, was auf der Insel geklappt hat», meinte er. «Also
braucht es jetzt eine klare Ansage der Politik: In sechs Wochen ist
auch bei uns «Freedom Day»!» Bis dahin hätten Impfwillige auch noch

genügend Zeit, um sich immunisieren zu lassen.

Gassens Kollegin bei der regionalen Ärztekammer in Niedersachsen,
Martina Wenker, findet die Forderung zum aktuellen Zeitpunkt ebenso
riskant wie Behrens und Bernhard. Sie kritisierte Gassen scharf: «Es
widerspricht der ärztlichen Sorgfaltspflicht, quasi Wetten auf
zukünftige Krankheitsverläufe abzuschließen», sagte Wenker der «N
OZ».
«Wir sollten nun den in Deutschland eingeschlagenen Weg konsequent
fortsetzen.» Zunächst müsse es darum gehen, mehr Menschen zu impfen.


Auch der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen
Brysch, hatte vor allzu schnellen Lockerungen bei den Vorsichtsregeln
gewarnt. «Der «Freedom Day» ist eine tolle Sache. Doch beim Blick in

die Arztpraxen, Krankenhäuser und Pflegeheime scheinen solche flotten
Sprüche nicht anzukommen», sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
Hier seien die Einschränkungen für Patienten, Pflegebedürftige und
Angehörige derzeit noch allgegenwärtig. «Die Kassenärztlichen
Vereinigungen müssen sich zunächst dafür einsetzen, dass ihre
Vorschläge im medizinisch-pflegerischen Bereich ankommen.»