Gesundheitsgremium zurückhaltend bei Nutzen von Corona-Medikament

Berlin (dpa) - Der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Kliniken
und Krankenkassen hat sich zurückhaltend zum Nutzen des Medikaments
Remdesivir bei der Behandlung von Covid-19-Erkrankungen geäußert.
Erwachsene Patienten mit noch nicht sehr schwerer Lungenentzündung
könnten davon profitieren, teilte das oberste Entscheidungsgremium
des deutschen Gesundheitswesens am Donnerstag mit. Das Ausmaß des
Zusatznutzens werde aber nur als gering eingestuft. Für schwerer
erkrankte Erwachsene und Jugendliche von 12 bis 18 Jahren habe in
einer eigenen Bewertung kein Zusatznutzen festgestellt werden können.

Remdesivir war vom US-Pharmakonzern Gilead ursprünglich für die
Bekämpfung des Ebola-Virus entwickelt worden. Nach Ausbruch der
Corona-Pandemie galt es eine Zeit lang als Hoffnungsträger. Es
erhielt im Juli 2020 als erstes Mittel in der EU eine Zulassung unter
Auflagen zur spezifischen Behandlung bestimmter Patienten.

Der Gemeinsame Bundesausschuss verwies mit Blick auf seine Bewertung
auch auf Unsicherheiten bei angewendeten Therapie-Alternativen und
einer «teils heterogenen Studienlage». Der Vorsitzende Josef Hecken
erläuterte: «Bei einer Patientengruppe - Erwachsene, deren durch
Coronaviren ausgelöste Lungenentzündung noch nicht sehr schwer ist -
erholten sich bis zum Studienende unter Remdesivir mehr Patientinnen
und Patienten von der Krankheit als unter den Vergleichstherapien.»

Ob Remdesivir auch Einfluss auf das Überleben der Patienten hat, habe
wegen sehr unterschiedlicher Ergebnisse in den eingeschlossenen
Studien nicht bewertet werden können. Studien vom Beginn der Pandemie
seien nur eingeschränkt auf die heutige Versorgungslage übertragbar.
Denn wegen gewachsener Therapieerfahrungen könnten Patienten generell
anders und besser behandelt werden - besonders auch mit Einsatz des
Mittels Dexamethason.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hatte sich bereits im November
2020 reserviert geäußert. Ein Expertengremium kam zu dem Schluss,
dass das Mittel «keinen bedeutenden Einfluss auf die Sterblichkeit»
habe. Das gelte auch für andere wichtige Faktoren wie den Bedarf an
künstlicher Beatmung oder die Zeit bis zu einer Besserung. Es sei
zudem noch nicht ausgeschlossen, dass das Medikament auch Schaden
anrichten könnte. Dazu kämen die Kosten.