Mehrere Länder schärfen Corona-Regeln für den Herbst nach

Zum Corona-Schutz soll in vielen Innenräumen die 3G-Regel gelten:
Herein können nur Geimpfte, Genesene oder Getestete. Zusehends werden
nun Möglichkeiten eröffnet, dass daraus vor Ort auch 2G werden kann.

Berlin (dpa) - Für den weiteren Kampf gegen die Pandemie im Herbst
und Winter schärfen immer mehr Bundesländer Corona-Vorgaben nach -
teils mit möglichen strengeren Zugangsregeln für Ungeimpfte. Die von
Bundestag und Bundesrat beschlossene neue Messlatte zur Lagebewertung
vor allem anhand der Klinikpatienten tritt an diesem Mittwoch in
Kraft. Möglich wird zugleich, dass Kitas, Schulen und Pflegeheime
Beschäftigte nach dem Impfstatus fragen. Die Gesundheitsminister von
Bund und Ländern wollen in der kommenden Woche über eine einheitliche
Linie beim Ausgleich von Verdienstausfällen wegen Quarantäne beraten.

Bei den Impfungen sind nun zwei Drittel (66,6 Prozent) aller Menschen
in Deutschland mindestens einmal geimpft. Vollständig mit der meist
nötigen zweiten Spritze geimpft sind laut Robert Koch-Institut (RKI)
inzwischen 51,8 Millionen Menschen oder 62,3 Prozent aller Einwohner.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) rief auch mit Blick auf
eine noch bis Sonntag laufende bundesweite Aktionswoche dazu auf,
Impfgelegenheiten anzunehmen. «Jede Impfung mehr macht einen
Unterschied für Herbst und Winter.» Im Rahmen der Aktionswoche gibt
es laut Bundesregierung nunmehr 1100 Aktionen in allen Bundesländern.

Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) sagte bei RTL/ntv: «Man muss sich
jetzt impfen lassen, um im Herbst und Winter mit beiden Impfungen
eine vollausgeprägte Immunität zu haben.» Es sei «zu spät im
November, wenn wir möglicherweise noch mal mehr Infektionsgeschehen
haben.» Zu möglichen Extra-Anreizen für Impfungen sage er auch als
Mediziner: «Irgendwelche größeren Belohnungen dafür, dass sich jema
nd
impfen lässt, das fände ich aus ethischer Sicht falsch. Das Impfen an
sich ist ja schon der Vorteil.» CSU-Landesgruppenchef Alexander
Dobrindt lehnte eine Impfpflicht erneut ab. «Wir werben weiter für
das Impfen», sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Kürzlich beschlossene Corona-Neuregelungen wurden am Dienstag im
Bundesgesetzblatt verkündet und treten an diesem Mittwoch in Kraft.
Wesentliche Messlatte zur Lage-Einschätzung soll demnach die Zahl der
Corona-Patienten in den Kliniken sein. Diese soll die Orientierung an
den Infektionszahlen ablösen, die angesichts der Impfungen nicht mehr
als so aussagekräftig gelten. Berücksichtigt werden sollen aber nach
wie vor auch weitere Indikatoren. Die Länder sollen festlegen können,
wo kritische Schwellen liegen, ab denen strengere Auflagen greifen.

Neue Corona-Regeln zeichnen sich vor allem beim Zugang zu Innenräumen
ab. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) kündigte am
Dienstag an, dass die «2G-Regel» in mehr Bereichen angewendet werden
könne - etwa in Gastronomie, Kultur, Veranstaltungen oder Sport. Dies
bedeutet Zugang nur für Geimpfte und Genesene, aber nicht für negativ
Getestete. Möglich ist es etwa schon in Diskotheken. Auch Sachsen
will 2G als Optionsmodell einführen. Dies soll für Restaurants,
Einrichtungen oder Events von bis zu 5000 Menschen möglich sein, wenn
der Veranstalter es so entscheidet, wie die Staatskanzlei mitteilte.

In Sachsen-Anhalt sollte ab Dienstag ein «2G-Optionsmodell» gelten,
wie die Landesregierung mitteilte. Veranstalter können damit selbst
entscheiden, ob sie nur Geimpfte und Genesene einlassen oder ob sie
weiterhin das 3G-Modell (geimpft, genesen, getestet) nutzen wollen -
also auch aktuelle negative Tests akzeptieren. Brandenburg plant
ebenfalls die Einführung der «2G-Regel». Veranstalter und Betreiber
können demnach nur Geimpften, Genesenen und Kindern bis 12 Jahren
Zutritt gewähren, einzelne Corona-Auflagen sollen entfallen.

In Baden-Württemberg sollen voraussichtlich an diesem Donnerstag
strengere Corona-Regeln in Kraft treten, wie Gesundheitsminister
Manne Lucha (Grüne) sagte. Damit bekommt das Land ein mehrstufiges
Warnsystem, dass sich nach der Intensivbetten-Belegung richtet. In
einer ersten Stufe hätten etwa Ungeimpfte nur noch mit einem
negativen PCR-Test Zugang zu bestimmten öffentlichen Bereichen. In
einem zweiten Schritt hätten Ungeimpfte unter anderem keinen Zutritt
mehr zu Restaurants, Kultur- und Sportveranstaltungen.

In Thüringen prüft das Gesundheitsministerium die Einführung einer
2G-Regelung für bestimmte Bereiche. In Schleswig-Holstein will die
Regierung am Mittwoch eine neue Verordnung beschließen, wonach ab
20. September Vorgaben zu Abstand und Masken für Geimpfte, Genesene
und negativ Getestete entfallen. Im Fall einer Verschärfung der
Corona-Lage ist generell «ein Übergang zu einer 2G-Regelung mit
3G-Option vorgesehen» - und bei 3G würden verstärkte Auflagen gelten.


Rheinland-Pfalz hat bereits Änderungen umgesetzt und drei Warnstufen
eingeführt. Für Geimpfte und Genesene sind unbegrenzte Zusammenkünfte

möglich. Dazu kann eine bestimmte Zahl Getesteter kommen. Auch in
Bayern sind neue Regeln in Kraft, die auch eine «Krankenhaus-Ampel»
als Indikator umfassen. 2G sei «theoretisch möglich und nicht
verboten, aber nicht vom Staat vorgeschlagen», hatte
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gesagt. In Nordrhein-Westfalen
soll die 3G-Regel bis auf weiteres unverändert bestehen bleiben.

In ersten Bundesländern sollen Nicht-Geimpfte bald keinen Anspruch
auf Entschädigung bei Verdienstausfällen wegen angeordneter
Quarantäne mehr haben. Über einen bundesweit einheitlichen Umgang
damit wollen die Gesundheitsminister von Bund und Ländern am Mittwoch
kommender Woche beraten. Dies sieht das Bundesinfektionsschutzgesetz
bereits vor, wenn eine Absonderung hätte vermieden werden können,
indem man eine empfohlene Schutzimpfung in Anspruch nimmt.