Corona-Impfung im Supermarkt oder Zoo - Impfaktionswoche hat begonnen

Noch immer sind viele Menschen in Deutschland nicht gegen Corona
geimpft. Eine Aktionswoche soll jetzt Abhilfe schaffen - und die
Impfquote vor dem mit Sorgen erwarteten Herbst in die Höhe treiben.

Berlin (dpa) - Im Rahmen einer Impfaktionswoche können sich
Bürgerinnen und Bürger seit Montag an alltäglich besuchten Orten
gegen das Coronavirus impfen lassen. So soll das zuletzt stockende
Impftempo gesteigert werden. Mit Hunderten Impf-Aktionen gehen Bund,
Länder und Kommunen gezielt auf ungeimpfte Menschen zu - ein
Impftermin wird meist nicht gebraucht. Konkret umfasse die Liste der
Woche bereits etwa 700 Aktionen, sagte Regierungssprecher Steffen
Seibert am Montag in Berlin. «Die Zahl wächst ständig weiter.»

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte zum Start der
Aktionswoche auf WDR 5, mehr Menschen zu überzeugen sei nötig, um
sicherer durch Herbst und Winter zu kommen. Es gelte, sich auf eine
weiter steigende Corona-Welle mit der Deltavariante vorzubereiten.
Die Woche hat das Motto #HierWirdGeimpft. Im Internet aufgeführte
Aktionen reichen von Impfen ohne Termin am alten Flughafen Schönefeld
in Berlin bis zur Impfung beim Heimspiel des Eishockeyclubs Kölner
Haie. Die Impfung ist kostenlos.

Spahn sagte: «Es gibt immer noch diejenigen, die eigentlich gar
nichts gegen das Impfen haben, die vielleicht sogar schon mal einen
Termin hatten, den haben sie verpasst und sie haben sich einfach
keinen neuen gemacht.» Im Supermarkt, auf dem Baumarkt, im Zoo oder
auch auf dem Herbstfest des Heimatvereins nähmen die Menschen dann
die Möglichkeit wahr.

In Deutschland liegt die Impfquote weit hinter der Marge, die zur
Verhinderung einer großen vierten Welle als nötig erachtet wird.
Stand Montag sind 62,2 Prozent der Gesamtbevölkerung voll geimpft.
Mindestens eine Impfdosis haben 66,5 Prozent.

Die Regierung strebt bei den Über-60-Jährigen eine Quote von über 90

Prozent an, bei den 12- bis 59-Jährigen von 75 Prozent, wie Spahn
vergangene Woche gesagt hatte. Nötig seien dafür noch rund fünf
Millionen Impfungen. Seibert stellte klar, dass es keine Zielzahl für
diese Woche gebe. «Aber wir wissen: Jede weitere Impfung zählt.»

Experten betonten unterdessen die Notwendigkeit, noch Ungeimpfte mit
niedrigschwelligen Informationsangeboten zu erreichen. «Wir wollen
die Menschen aufsuchen. Das ist sicherlich eine gute Idee, aber sie
muss kombiniert werden mit guter Aufklärung, mit aktiver Aufklärung»,

sagte Cornelia Betsch, Expertin für Gesundheitskommunikation an der
Universität Erfurt, am Montag bei einem Presse-Briefing.
Informationen, die bei Zögernden und Unentschlossenen Vertrauen für
eine Impfung schaffen könnten, müssten auch für Menschen, deren erste

Sprache nicht deutsch sei, gut verständlich sein.

Wichtig sei es auch, die Impfdebatte «raus aus dieser politischen
Arena wieder mehr zu einem Gesundheitskontext» zu bekommen, so die
Expertin. Als Absender von Informationen müssten Ärzte und
Wissenschaftler, nicht Politiker im Fokus stehen. «Impfen ist eine
wichtige Gesundheitsentscheidung, keine politische Entscheidung oder
politisches Statement», betonte Betsch.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte am Montag beim Besuch
einer Impfaktion an einer Berliner Schule: «Die Jugendlichen haben
mir gesagt, dass zu viele Informationen über die traditionellen
Medien gelaufen sind und zu widersprüchliche über die sozialen
Medien.» Besonders in den sozialen Medien sei viel Propaganda von
Impfunwilligen und Verschwörungstheoretikern betrieben worden. «Das
hat ganz offensichtlich Wirkung hinterlassen bei den Jugendlichen,
die sich vorrangig aus den sozialen Medien informieren.»

Mit Blick auf die Impfung Minderjähriger seien Informationsangebote
entscheidend, die sowohl die Kinder und Jugendlichen als auch ihre
Eltern adressierten, sagte Betsch. Mit der Stiko-Impfempfehlung für
Schwangere, Frauen mit Kinderwunsch und Stillende ergebe sich
außerdem die Chance, diese wichtige Gruppe der noch ungeimpften
Frauen verstärkt anzusprechen.

Spahn wies derweil zurück, dass es zuviel Druck auf Ungeimpfte gebe.
Es sei die eigene Entscheidung, ob man sich impfen lasse. Doch man
müsse auch die Konsequenzen aus der Entscheidung tragen. Wenn etwa
ein Ungeimpfter nach einer Reise in ein Risikogebiet in Quarantäne
müsse, so Spahn - warum sollten dann alle anderen dafür zahlen? Spahn
bezeichnete es als wichtig, dass aus Spannungen zwischen Geimpften
und Nicht-Geimpften keine gesellschaftliche Spaltung werde.