Kaugummi-Bakterien und Bärte gegen Schläge: Ig-Nobelpreise verliehen Von Christina Horsten, dpa

Kuriose Forschung und viel Klamauk: Die schrillen Ig-Nobelpreise sind
Kult. Wegen der Corona-Pandemie konnte die Gala zwar auch dieses Jahr
nur online stattfinden. Doch viel Skurriles gab es trotzdem - und
unter den Preisträgern auch deutsche Wissenschaftler.

Cambridge (dpa) - Bakterien in weggeschmissenen Kaugummis und Bärte
zum Schutz vor Faustschlägen ins Gesicht: Zehn wissenschaftliche
Studien, die «erst zum Lachen und dann zum Denken anregen» sollen,
sind in den USA mit «Ig-Nobelpreisen» ausgezeichnet worden
(gesprochen «ignoble», was übersetzt etwa unehrenhaft heißt).

Wegen der Corona-Pandemie wurde die traditionell schrille Gala in der
Nacht zum Freitag bereits zum zweiten Mal in Folge ausschließlich
übers Internet veranstaltet. «Ihr könnt dabei jede verdammte Sache
machen, die ihr wollt», sagte die Zoologin Sabine Begall von der
Universität Duisburg-Essen in einer kurzen Eröffnungsrede. «Schreit
euer Handy an oder esst etwas.» Die zum 31. Mal verliehenen
undotierten Auszeichnungen sollen nach Angaben der Veranstalter «das
Ungewöhnliche feiern und das Fantasievolle ehren».

Zwei Ig-Nobelpreise gingen - zumindest teilweise - nach Deutschland:
So bekamen Wissenschaftler aus Deutschland, Großbritannien,
Neuseeland, Griechenland, Zypern und Österreich die Ehrung in der
Kategorie Chemie für die chemische Analyse der Luft in Kinos um zu
testen, ob die von Zuschauern produzierten Gerüche zuverlässig den
Grad von Gewalt, Sex, antisozialem Verhalten, Drogengebrauch und
Fluchen in dem Film auf der Leinwand widerspiegeln. Die Gewinner
Jonathan Williams, Christof Stönner, Jörg Wicker, Nicolas Krauter,
Bettina Derstroff, Efstratios Bourtsoukidis, Thomas Klüpfel und
Stefan Kramer arbeiten am Max-Planck-Institut für Chemie sowie an der
Johannes Gutenberg-Universität in Mainz.

Forscher aus Deutschland, Großbritannien und der Türkei bekamen den
Preis in der Kategorie Medizin für den Beweis, dass Orgasmen beim Sex
genauso effektiv wie abschwellende Medikamente dabei helfen, die
Nasenatmung zu verbessern. Zu den Gewinnern gehören Olcay Cem Bulut
und Burkard Lippert, die in Heidelberg und Heilbronn arbeiten.

Außerdem bekamen unter anderen Wissenschaftler aus Spanien und dem
Iran einen Preis in der Kategorie Ökologie für die Nutzung
genetischer Analysen. Mit deren Hilfe wurden verschiedene Arten von
Bakterien identifiziert, die sich in weggeschmissenen Kaugummis
finden, die auf Bürgersteigen in unterschiedlichen Ländern kleben.
Kaugummi kauend bedankten sich die Preisträger für die Ehrung.

Forscher aus den USA bekamen die Auszeichnung in der Kategorie
Frieden für das Testen der Hypothese, dass Bärte in der Entwicklung
des Menschen entstanden, um sich vor Faustschlägen ins Gesicht zu
schützen - und bedankten sich mit umgehängten langen Bärten. Für di
e
Forschung seien Modelle benutzt worden, sagte einer der
Wissenschaftler. «Wir haben uns nach einiger Überlegung dagegen
entschieden, uns gegenseitig mit der Faust ins Gesicht zu schlagen -
ob mit oder ohne Bart.»

Susanne Schötz, eine Forscherin aus Schweden, die den Preis in der
Kategorie Biologie für ihre Erforschung der Kommunikation zwischen
Katzen und Menschen bekam, nahm die Ehrung mit einem Haarreif samt
Katzenohren darauf an. «Was für eine Ehre, ich bin sprachlos», sagte

Schötz - und ahmte dann zahlreiche verschiedene Katzenlaute nach.

Wissenschaftler aus Frankreich, der Schweiz, Australien, Österreich,
Tschechien und Großbritannien bekamen den Preis in der Kategorie
Wirtschaft für die Entdeckung, dass das Übergewicht der Politiker
eines Landes ein guter Indikator für die Korruption in diesem Land
sein könnte. Forscher aus Namibia, Südafrika, Tansania, Simbabwe,
Brasilien, Großbritannien und den USA wurden geehrt für den
experimentellem Versuch, ob es sicherer ist, Nashörner in der Luft
falsch herum zu transportieren.

Normalerweise verfolgen mehr als 1000 Zuschauer die Gala live vor Ort
in einem Theater der Elite-Universität Harvard. Aber auch bei der
rund anderthalbstündigen Online-Preisverleihung, die diesmal unter
dem Oberthema «Maschinenbau» stand, flogen Papierflieger, gab es
Sketche, bizarre Kurz-Opern und noch viel mehr skurrilen Klamauk.

«Wir hoffen, dass die Pandemie bis nächstes Jahr gezähmt ist und wir

unsere 32. Verleihung wieder in unserem traditionellen Zuhause machen
können», sagte Moderator Marc Abrahams, Herausgeber einer
wissenschaftlichen Zeitschrift zu kurioser Forschung - bevor er die
Gala wie immer mit seinen traditionellen Abschlussworten beendete:
«Wenn Sie dieses Jahr keinen Ig-Nobelpreis gewonnen haben, und
besonders dann, wenn Sie einen gewonnen haben: mehr Glück im nächsten
Jahr!»