Ruf nach Ende der Gratis-Corona-Tests Von Christian Andresen, dpa

Sollen Schnelltests künftig etwas kosten? Manche versprechen sich
davon Druck auf all jene, die sich einer Impfung verweigern, doch
andere warnen. Am Dienstag beraten Bund und Länder darüber - und über

die gesamte Strategie für den Herbst.

Berlin (dpa) - Vor der Ministerpräsidentenkonferenz mit Kanzlerin
Angela Merkel an diesem Dienstag gibt es starke Stimmen für eine Ende
des Gratisangebots an Corona-Schnelltests. Die Ministerpräsidenten
von Niedersachsen und Baden-Württemberg, Stephan Weil (SPD) und
Winfried Kretschmann (Grüne), sprachen sich beide dafür aus. Auch
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz plädierte in der «Süddeutschen
Zeitung» (Montag) erneut dafür.

Ein Vorschlag des Bundesgesundheitsministeriums sieht dafür Mitte
Oktober als Termin vor. Dabei geht es nur um jene Menschen, für die
es eine Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission gibt - also nach
derzeitigem Stand keine Kinder - und bei denen keine medizinischen
Gründe dagegen sprechen.

«Ich halte es ausdrücklich für richtig, dass Ungeimpfte ab dem Herbst

ihre Tests selbst bezahlen müssen. Bis dahin hatte jeder die
Möglichkeit, sich kostenfrei impfen zu lassen», sagte Weil dem
Berliner «Tagesspiegel» (Montag). Kretschmann sagte der «Stuttgarter

Zeitung/Stuttgarter Nachrichten» (Montag): «Auf Dauer wird die
öffentliche Hand die Tests nicht finanzieren können. Das ist auch
eine Frage von fairer Lastenverteilung, denn es gibt ja ein
kostenfreies Impfangebot für alle.»

Dagegen riet FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae: «Die Kostenlosigkeit
der Tests möglichst lange, auch bis in das Jahr 2022 hinein aufrecht
zu erhalten, ist gut angelegtes Geld.» Das gelte auch für Genesene
und Geimpfte, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Denn sie seien
zwar weitgehend vor Erkrankung geschützt, könnten aber das Virus
weitertragen.

Angesichts wieder steigender Infektionszahlen wollen die
Landesregierungschefs und Merkel am Dienstag beraten, wie sich die
anrollende vierte Welle flach halten lässt. «Deutschland darf nicht
wehrlos und schutzlos in den Herbst gehen», sagte CSU-Generalsekretär
Markus Blume im «Bild»-Internetformat «Die richtigen Fragen». Die
Frage der Testkosten ist aber nur einer der Punkte, mit denen sich
Merkel und die Ministerpräsidenten befassen dürften. Weitere Fragen
sind:

WIE LÄSST SICH DIE IMPFKAMPAGNE ANKURBELN?

Bisher haben rund 55 Prozent der Bevölkerung die für den vollen
Schutz nötigen Impfungen erhalten - zu wenig, um eine neue große
Welle zu verhindern. Doch das Impftempo hat stark nachgelassen.
Zuletzt wurden innerhalb einer Woche nur rund eine halbe Million
Menschen erstgeimpft - in der Spitze waren es im Mai mehr als eine
Million an einem Tag.

FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae forderte, mit einer «unaufgeregten
Aufklärungskampagne» Ängste zu zerstreuen. Dies wäre besser als mit

«Drohungen eines unmittelbaren oder mittelbaren Impfzwangs Vorbehalte
zu verstärken», sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

FÜR WEN SOLL ES BESCHRÄNKUNGEN GEBEN, FALLS WIEDER NÖTIG?

Weil sagte, trotz lahmenden Impftempos seien viele Menschen
mittlerweile geimpft. «Vor diesem Hintergrund sind massive
Einschränkungen, wie wir sie beispielsweise noch im Frühjahr hatten,
nicht mehr angemessen.» Für Kretschmann gilt dabei grundsätzlich:
Einschränkungen bei Geimpften und Genesenen werden wir zu großen
Teilen aufheben.» Für Nichtgeimpfte werde man wegen des höheren
Ansteckungsrisikos den Zugang zu Veranstaltungen oder Einrichtungen
«weiter an Bedingungen knüpfen». Maßnahmen wie die Maskenpflicht in

Bussen und Bahnen werde man aber «sicher erst mal beibehalten».

Scholz wies aber Überlegungen des Gesundheitsressorts von Minister
Jens Spahn (CDU) zurück, im Notfall Ungeimpfte generell nicht mehr zu
Veranstaltungen zuzulassen - auch nicht mit negativem Schnelltest.
«Wichtig ist mir, dass diejenigen, die sich nicht impfen lassen
wollen, auch weiterhin über Tests die Möglichkeit haben, am
öffentlichen Leben teilzunehmen», sagte er der «Süddeutschen Zeitun

(Montag).

Die Frage ist: Mit welcher Art von Tests? Hamburgs Bürgermeister
Peter Tschentscher (SPD) plädierte dafür, Ungeimpfte nur mit
negativem PCR-Test Geimpften und Genesenen gleichzustellen.
«Antigen-Schnelltests sind nicht zuverlässig genug», sagte der
frühere Mediziner der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Montag).

SOLL ES ÜBERHAUPT NOCH BESCHRÄNKUNGEN GEBEN?

Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses des Bundestags, Erwin
Rüddel (CDU), stellt das infrage. «Es muss die Botschaft kommen, dass
es keine automatischen Lockdowns mehr geben wird - auch keine nur für
Ungeimpfte», sagte er der «Bild»-Zeitung mit Blick auf die
Bund/Länder-Beratung. «Es stellt sich die Frage, ob es unsere
Gesellschaft nicht auch aushalten kann, diejenigen, die sich bewusst
nicht impfen lassen und dann schwer erkranken, entsprechend zu
versorgen, statt das gesamte Land und die Wirtschaft mit dem
Damoklesschwert des Lockdowns zu ängstigen und zu schädigen.»

UND WENN DOCH, WAS SOLL DAS KRITERIUM SEIN?

Daüber scheint in der Politik weitgehend Einigkeit zu bestehen: Die
Sieben-Tage-Inzidenz - also die Neuinfektionen je 100 000 Einwohner
und Woche - soll es allein nicht mehr sein. Hinzu kommen sollen
Parameter wie die Impfquote und die Auslastung der Krankenhäuser.

Derzeit erscheint die Lage auf den ersten Blick noch entspannt: Die
Inzidenz liegt bei gut 21. Allerdings steigt sie seit rund einem
Monat wieder kontinuierlich. Und das früher und schneller als im
vergangenen Sommer um dieselbe Zeit, als die dritte Welle folgte.
Damals gab es zwar noch keine Impfungen - aber auch noch keine
Delta-Variante, die sich anders als frühere Varianten nicht erst bei
längerem Kontakt verbreitet, sondern schon bei Begegnungen «im
Vorbeigehen», wie die Vizeverbandspräsidentin der Ärzte des
Gesundheitsdienstes, Elke Bruns-Philipps, vor kurzem gesagt hatte.

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