Psychologen beobachten erhebliche Corona-Folgen bei Kindern

Die vergangenen eineinhalb Jahre Corona-Pandemie haben die Psyche
junger Menschen stark belastet. Manche finden nicht mehr in den
Alltag. Experten rechnen mit lang anhaltenden Problemen, wie ein
Ortstrermin im Vogtlandkreis zeigt.

Rodewisch (dpa/sn) - Homeschooling, fehlende Sozialkontakte, kaum
eine Alltagsstruktur - Kinder und Jugendliche könnten durch die
Folgen der Corona-Pandemie psychiatrische Kliniken künftig stärker
beanspruchen. Erste Untersuchungen zeigten bundesweit einen erhöhten
Bedarf an psychiatrischen und psychologischen Beratungen, sagte
Wolfgang Liskowsky vom Sächsischen Krankenhaus in Rodewisch
(Vogtlandkreis) bei einem Besuch von Gesundheitsministerin Petra
Köpping (SPD) am Freitag.

Die Einrichtung und niedergelassene Kollegen verzeichneten eine
Zunahme junger Patienten, die sich mit akuten psychischen Krisen
vorstellen - insbesondere seit Oktober 2020 und auch aktuell in
Zusammenhang mit den Schulöffnungen. «Die Situation hier in der
Klinik hängt sehr davon ab, wie gut die Versorgung draußen im
ambulanten Bereich funktioniert», erklärte Liskowsky. Konkrete Zahlen
lägen aber noch nicht vor.

«Das System arbeitet am Limit, Überstunden sind die Regel», sagte Ken

Schönfelder, Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut aus Auerbach im
Vogtland. In der ambulanten Behandlung seien die Anfragen bundesweit
um rund 40 Prozent gestiegen. Statt sonst einem Erstgespräch mit
einem neuen Patienten pro Woche übernehme er im Moment drei.
«Trotzdem bin ich über Monate ausgebucht. Wir gehen davon aus, dass
die psychischen Belastungen lange anhalten werden und der erhöhte
Bedarf vorerst Dauerzustand sein wird.»

Die Angst vor Ansteckung, fehlende Orientierung, ökonomische Sorgen
der Eltern oder auch Einsamkeit sind einige der Probleme, die jungen
Menschen laut Schönfelder zu schaffen machen. Angststörungen und
Depressionen nähmen aktuell vor allem bei Mädchen zu, ADHS als eine
Aufmerksamkeitsdefizitstörung und ein gestörtes Sozialverhalten bei
den Jungen. Vorbelastete Kinder aus schwierigen Familienverhältnissen
oder mit bereits psychischen Auffälligkeiten seien besonders
gefährdet. Schönfelder forderte weniger Bürokratie und dadurch einen

unkomplizierteren Zugang zu Hilfsangeboten ohne lange Wartezeiten für
die jungen Menschen.

«Wir wissen, dass Kinder und Jugendliche aufgrund der
Corona-Situation besonderen Belastungssituationen ausgesetzt waren
und sind», sagte Ministerin Köpping. Sachsen habe versucht,
Schulschließungen im letzten Lockdown zu vermeiden. Besonders der
Vogtlandkreis sei lange wegen hoher Fallzahlen belastet gewesen.
«Deshalb sollten die Impfangebote wahrgenommen werden - auch um den
Kindern im Herbst wieder ähnliche Probleme zu ersparen.»

«Auch wenn die Schulen wieder öffnen - wir können nicht erwarten,
dass sich bei den Kindern sofort ein Schalter umlegt und alles wieder
in Ordnung ist», sagte Cornelia Metge, sächsische Vorsitzende der
Ostdeutschen Psychotherapeutenkammer aus Zschopau. Das vergangene
Jahr habe jungen Menschen viel abverlangt. Sie empfahl schnelle und
unkompliziert erreichbare Beratungsangebote sowie eine Zusammenarbeit
von Psychotherapeuten und Sozialarbeitern.

Reicht eine ambulante Therapie bei psychischen Problemen nicht aus,
wird meistens ein stationärer Aufenthalt angestrebt. In Sachsen
stemmen neun Krankenhäuser die psychiatrische Versorgung von Kindern
und Jugendlichen. Und die sei dort nach wie vor sichergestellt,
betonte Liskowsky, der als Chefarzt in der Kinder- und
Jugendpsychiatrie im Sächsischen Krankenhaus Rodewisch arbeitet.
«Bisher konnten wir alle versorgen, mussten noch niemanden abweisen.»
Das Krankenhaus in Trägerschaft des Landes hat 50 stationäre sowie
20 tagesklinische Plätze.

Online-Wechsel: In drei Minuten in die TK

Online wechseln: Sie möchten auf dem schnellsten Weg und in einem Schritt der Techniker Krankenkasse beitreten? Dann nutzen Sie den Online-Beitrittsantrag der TK. Arbeitnehmer, Studenten und Selbstständige, erhalten direkt online eine vorläufige Versicherungsbescheinigung. Die TK kündigt Ihre alte Krankenkasse.

Jetzt der TK beitreten





Zur Startseite